Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
gebrochener Stimme.
    Jules warf die Pillen ein und spülte sie mit einem Schluck Gin Tonic hinunter, den Fifi ihr gemixt hatte.
    »Wäre es sehr ungehobelt, darauf hinzuweisen, dass Pete noch vor einigen Stunden auf die Idee gekommen ist, Shoeless Dan als möglichen Verbündeten und sogar Besatzungsmitglied in Betracht zu ziehen?«, fragte Jules.
    Fifi schluchzte und schüttelte den Kopf.
    »Er war immer ein verdammter Softie, aber ich habe ihn geliebt.« Sie verzog das Gesicht und brach wimmernd in Tränen aus.
    »Es wäre undankbar und einer Dame, wie Sie es sind, unwürdig, Miss Julianne«, sagte Lee, dessen Gesicht wie eine aus uraltem Teakholz geschnitzte Maske wirkte.
    Draußen war die Dunkelheit hereingebrochen. Von der Energiewelle im Norden ging ein deutlich sichtbarer roter Glanz aus. Sie waren jetzt achtzig Seemeilen davon entfernt, aber sie war immer noch deutlich zu sehen. Die drei Überlebenden des Gefechts hatten gebadet, nachdem sie
die schlimmsten Spuren der Verwüstung und des Blutvergießens beseitigt hatten. Und da sie schon mal dabei waren, konnten sie auch gleich die Überreste der ursprünglichen Mannschaft der Jacht beseitigen, es war ein Aufwasch.
    Petes Leiche wurde in eine Decke gehüllt und in eine der großen Gefriertruhen gelegt. Er hatte Jules einmal gesagt, wenn es ihn eines Tages erwischen sollte, solle seine Asche über der Meeresbrandung an einem Surfstrand ausgestreut werden. Welcher Strand, war ihm egal gewesen. Maverick’s. Pipe. Margaret River. Sie waren alle gleich gut. Jedenfalls solange die Wellen hoch genug waren, wenn er seine letzte Reise antreten sollte.
    Sie saßen zusammen im oberen Salon, der weniger formell eingerichtet und dementsprechend gemütlicher war. Ein paar olivgrüne schmale Sofas, viel zu weich gepolstert und geradezu obszön bequem, standen an zwei Seiten einer riesigen, braun bezogenen Ottomane, einige weiße Sessel auf der anderen Seite, von wo aus man einen großartigen Blick durch die Fenster auf das Meer hatte. Jules hatte zwei Stunden lang gebadet, um den Gestank des Mannes loszuwerden, den sie getötet hatte. Am liebsten hätte sie gleichzeitig auch das irrationale Schuldgefühl weggespült, das sie erfasst hatte, weil sie noch am Leben war und Pete nicht. Jede Menge teure französische Parfüms hatten mitgeholfen, den Ekel zu bekämpfen, aber dennoch war ein Hauch davon geblieben. Sie wusste, dass sie Petes Tod lange Zeit nicht verwinden würde. Es war eigenartig, aber sie war viel mehr aus dem Gleichgewicht wegen seines Verlusts als wegen der irrsinnigen Energiewelle im Norden.
    Sie nippte an ihrem Drink, fühlte sich einsam und verlassen, wie sie da ausgestreckt auf dem Sofa lag, und vergrub sich noch mehr in ihren karierten Bademantel, den sie in einer Kabine gefunden hatte. »Wisst ihr was«,
seufzte sie. »Dan war immer schon ein Irrer, aber sogar er würde einen solchen Kampf nicht ohne guten Grund anfangen.«
    »Er hatte einen guten Grund«, entgegnete Fifi, die inzwischen wieder einigermaßen im Gleichgewicht war. »Jane Austen in voller Lautstärke. Das treibt mich auch in den Wahnsinn, wenn du dir solche Filme ansiehst, Julesy.«
    Jules lächelte traurig. Fifi war immer noch ungehalten, weil Julianne sie irgendwann mal zu »Sinn und Sinnlichkeit« ins Kino geschleppt hatte. Sie hatte gedacht, sie würden sich die Fortsetzung von »Dumm und Dümmer« ansehen.
    »So was kann mich auch wild machen«, murmelte Fifi. »Dieser dumme … dumme … Vollidiot …« Und wieder brach sie in Tränen aus.
    Jules trank ihr Glas aus und stand unsicher auf, um nach der Ginflasche zu suchen.
    »Es tut mir leid wegen Pete«, sagte sie. »Ich werde mich später auch in den Schlaf weinen, aber wir haben keine Zeit, uns in unserem Schmerz zu suhlen. Diese Energiewelle wird eine Menge Dreck aufrühren und jede Ordnung umkippen, und es wird ganz schnell passieren. Ich schätze, Dan war einfach nur der Erste. Er oder jemand, der ihn bezahlt hat. Solche Aktionen sind doch eine Nummer zu groß für solche Schmalspurbanditen.«
    »Shoeless Dan hat sich nie besonders hervorgetan«, sagte Mr. Lee und klappte den Erste-Hilfe-Kasten zu. »Das erste Mal hab ich von ihm gehört, als er gestohlenes Hundefutter an vietnamesische Kriminelle verkauft hat. Behauptete, es sei echter Hund in Dosen. Die Vietnamesen haben die Dosen an ihm festgebunden und ihn ins Wasser geworfen. Er hat’s nur überlebt, weil sie nicht gut im Knotenbinden waren.«
    »Nein«, sagte Jules,

Weitere Kostenlose Bücher