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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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konnte.

    Er blieb in der Hocke und wechselte das Magazin aus, das Jules benutzt hatte. Die Sonne war jetzt fast hinter dem Horizont verschwunden, und das brachte ihm einen Vorteil, als das Schnellboot aus dem langen Schatten der Jacht raste. Die Hälfte der Crew in Dans Boot hob die Hände, um die Augen vor den grellen Sonnenstrahlen abzuschirmen. Das war genau der richtige Moment. Langsam und mit einer Ruhe, die ihn selbst überraschte, stand Pete Holder auf und hielt mit leicht gebeugten Knien das Gleichgewicht. Dann zielte er sorgfältig und schoss viermal, wobei er zwischen jedem Schuss erneut ansetzte, um genau zu zielen.
    »Entschuldige, Dan«, murmelte er vor sich hin. »Aber so frechen Scheißern, wie du einer bist, muss man eben manchmal den Arsch versohlen.«
    Das Resultat des genauen Zielens war grandios. Die erste Kugel traf Shoeless Dans fetten Bauch und bewirkte, dass er zurückgeschleudert wurde und über den Rand des Boots ins Wasser fiel. Das Letzte, was Pete von ihm sah, waren seine schmutzigen, geschwollenen Füße, die durch die Luft sausten, als er mit dem Kopf zuerst über die Reling ging. Seine nächsten beiden Schüsse erledigten zwei der übrig gebliebenen drei Männer. Der letzte duckte sich geistesgegenwärtig hinter die Bootswand. Die Jacht stieg mit einer Welle in die Höhe. Pete gelang es dennoch, das Visier seines Gewehrs die ganze Zeit auf das Cockpit des Schnellboots zu richten. Sein Magen krampfte sich zusammen, und sein Anus zuckte vor Angst, aber er blieb stehen, obwohl mehrere Kugeln von der Auseinandersetzung am Achterschiff um ihn herumflogen.
    »Komm schon«, flüsterte er. »Zeig dich, damit ich dich …«
    Er schoss, bevor er überhaupt darüber nachgedacht hatte. Der letzte überlebende Mexikaner auf dem Boot von Shoeless Dan sprang ganz plötzlich auf und versuchte einige Schüsse abzugeben, während er nach dem Steuer
fasste und Gas geben wollte. Es war ein hoffnungsloser, verzweifelter Versuch, und er scheiterte erbärmlich. Pete schoss ein halbes Dutzend Kugeln auf ihn ab, von denen drei ihr Ziel im Hinterkopf trafen und Fleisch und Knochen verspritzten. Sein Körper wurde hochgehoben und zur Seite geschleudert, während der Kopf ganz einfach nur herunterzufallen schien.
    Ekel und Abscheu durchzuckten ihn, aber er atmete tief durch und unterdrückte den Brechreiz. Überall stank es nach Rauch und Pulver, was auch nicht gerade half, aber da musste er nun durch, ihm blieb nichts anderes übrig. Er drehte sich um und rannte zum Heck, wo er eine weiße schlangenartige Rauchsäule bemerkte, die vom Deck über ihm nach oben stieg.
    »Fresst den Wurm, ihr Schweine!«
    Das war Fifi, die irgendwo dort oben auf dem Pool-Deck herumbrüllte.
    Instinktiv folgte sein Blick dem Weg, den die Rakete durch die Luft zurücklegte. Sie bohrte sich in die Seite des zweiten Bootes, das durch die Wucht des Aufpralls dicht über der Wasserlinie, genau hinter der Kabine, auseinanderbrach. Pete duckte sich. Trümmerteile und Splitter wurden mit einer Wucht durch die Luft geschleudert, die jeden getötet hätte, der zufällig im Weg stand. Leider traf das in diesem Moment auf ihn zu. Vielleicht war er zu alt geworden, jedenfalls schaffte er es nicht, sich rechtzeitig zu ducken, und ein faustgroßes Stück glühend heißen Stahls trennte das obere Drittel seines Schädels sauber ab.
    Er taumelte einige Schritte nach hinten, bevor seine Knie nachgaben und er zusammenbrach, wobei er sich im letzten Augenblick seines Lebens nur noch sehr schwach bewusst war, dass er wirklich verdammtes Pech gehabt hatte.
    »Scheißkerl …«, stöhnte er, und dann war es aus.

    Das Desinfektionsmittel brannte, aber es war nur ein Schmerz unter Tausenden, die Jules überwältigt hatten. Sie schien in einem Tornado des Schmerzes zu stecken, stumpfe, stechende und bohrende Schmerzen, die von ihren verletzten Muskeln und zerborstenen Knochen ausgingen. Alle außer Lee, der gerade den tiefen Schnitt an ihrer Wange abtupfte, waren während des Gefechts mit Shoeless Dan verletzt worden. Fifi hatte einen Arm in der Schlinge und humpelte wegen einer Fleischwunde an ihrem Oberschenkel. Lee beendete seine Arbeit, indem er ein dickes Stück Verband an ihrer Wange befestigte und ihr ein paar blaue Kapseln in die Hand drückte. In der Schiffsapotheke hatten sie einige sehr nützliche Mittel zur Betäubung und Schmerzlinderung gefunden.
    »Das ist für die Schmerzen, Miss Julianne.«
    »Danke«, antwortete sie mit trockener,

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