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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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anschließend nach Asien weiterzureisen. Da sie aber ziemlich großzügig mit ihrer Zeitplanung umging und nicht gerade zuverlässig war, hatte sie ihren Flug schon zweimal verpasst und musste umbuchen. Ritchie hatte den ganzen Tag ein schlechtes Gewissen gehabt, weil er sich angesichts des Endes der Welt vor allem Sorgen um seine Tochter gemacht hatte. Er hatte mit niemandem darüber gesprochen, schließlich ging es ja allen so, jeder hatte Verwandte auf dem Festland. Außerdem war er verpflichtet, sich zuallererst um
sein Land zu kümmern, nicht um seine persönlichen Belange. Aber nun fing er an zu zittern und merkte, wie ihm Tränen in die Augen schossen. Er musste die Luft anhalten, um nicht laut aufzuschluchzen.
    Verdammt, verfluchte er sich selbst, das ist wirklich nicht der richtige Zeitpunkt für einen Nervenzusammenbruch.
    »Alles in Ordnung, Sir?«
    Er tat so, als würde er interessiert aus dem Fenster schauen und die Plastikbarrikaden betrachten, die vor dem Regierungsgebäude aufgebaut worden waren. Was sollten diese Dinger denn bewirken? Sie würden die Energiewelle bestimmt nicht aufhalten, wenn sie sich in ihre Richtung bewegen würde, und die Bevölkerung war im Moment ja wohl mehr damit beschäftigt, die Supermärkte zu stürmen als die Stadtverwaltung.
    »Mir geht’s gut«, brummte er, als er seine Stimme wieder unter Kontrolle hatte. »Hab nur gerade eine Mail von meiner Frau bekommen. Unserer Tochter geht’s gut. Sie ist heute Morgen in Chicago abgeflogen, rechtzeitig, bevor die Sache passiert ist.«
    Ritchie war sich nicht sicher, ob er noch mehr dazu sagen sollte. Vielleicht würde es ihm wirklicher vorkommen, wenn er darüber sprach. Aber über solche persönlichen Dinge sprach er eigentlich nie mit jemandem außerhalb der Familie, schon gar nicht mit einem seiner Chauffeure.
    »Das sind gute Nachrichten, Sir«, sagte der junge Mann am Steuer, den Ritchie erst seit einer Dreiviertelstunde kannte. So wie er die Floskel von sich gegeben hatte, klang es erstaunlich aufrichtig. Ritchie fragte sich, woher der Junge wohl kam und ob er in den Staaten Familie gehabt hatte.
    »Danke, mein Junge«, sagte er, als sie am Rand eines überfüllten Parkplatzes anhielten. »Leider haben viele Leute nicht so viel Glück gehabt wie ich.«

    Auf dem Parkplatz herrschte reges Treiben. Frauen und Männer in teuer aussehenden Geschäftsanzügen und Kostümen rannten ohne erkennbaren Grund hin und her. Ritchie vermutete, dass der zivile Bereich der Regierung genauso schnell und vollständig wie das Militär in Alarmbereitschaft oder Notstand versetzt worden war. Bis jetzt war er nur mit dem militärischen Bereich befasst gewesen, aber das Büro des Gouverneurs hatte auf sein Kommen bestanden, und es gab keine Möglichkeit, sich dem zu verweigern. Abgesehen von Seattle, das sich ganz dicht am Ereignishorizont befand, und Alaska, das sehr dünn besiedelt und noch immer recht rückständig war, war Hawaii so gut wie alles, was von den Vereinigten Staaten von Amerika übrig geblieben war. Ritchie war sich ziemlich sicher, dass die Hawaii-Inseln über genügend Kräfte verfügten, um sich zu verteidigen, die Frage war eher, ob genügend Lebensmittel zur Verfügung standen, um die Menschen zu ernähren. Sein vordringlichstes Problem aber waren die 250 000 Männer und Frauen, die aus dem Nahen Osten zurückgeholt werden mussten. Irgendwelche Hungerunruhen hinter seinem Rücken konnte er da weiß Gott nicht gebrauchen.
    »Soll ich hier parken, Sir?«, fragte sein Fahrer. »Sie wollen doch bestimmt nicht da drin stecken bleiben.«
    »Stimmt«, sagte Ritchie. »Gut mitgedacht. Stellen Sie den Wagen hier hinten ab, holen Sie sich was zu essen und parken Sie dann im Regierungsbezirk, aber nicht hier. Das ist ja ein einziges Durcheinander. Ich hab Ihre Nummer. Ich rufe Sie an, wenn ich Sie brauche.«
    »Jawohl, Sir. Danke, Sir.«
    Ritchie stellte zufrieden fest, dass der junge Mann erst mal den Batteriestand seines Handys überprüfte, bevor er antwortete. Dass er jung war, musste ja nicht bedeuten, dass er nichts im Kopf hatte.
    »Entschuldigen Sie, Sailor, aber ich habe mir Ihren Namen vorhin nicht merken können.«

    »Horvath, Sir.«
    »Okay, gute Arbeit, Horvath. Machen Sie Pause. Ich schätze, es wird eine Weile dauern.«
     
    Schweiß- und Parfümgerüche hingen in der abgestandenen Luft. Der Kontrast zu seinem eigenen Büro konnte kaum größer sein. Ritchie betrat die Flure des Verwaltungsgebäudes und landete mitten

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