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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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wahrscheinlich?«, fragte Lingle. »Das wäre doch Selbstmord für sie.«
    »Ja«, sagte Ritchie. »Aber Sie werden sicherlich bemerkt haben, dass alle Vernunft mit dem heutigen Tag den Bach runtergegangen ist.«
    Alle schwiegen und schienen sich in ihren eigenen Gedanken zu verlieren.
    »Nun gut«, sagte Lingle schließlich. »Wie ich schon sagte, gehe ich davon aus, dass Ihre Befehlsstrukturen intakt geblieben sind. Dann nutzen Sie sie. Im Moment haben wir hier unsere eigenen Probleme. Die Inseln können sich nicht selbst ernähren. Es werden keine Nahrungsmittel mehr vom Festland kommen. Die Menschen hier werden verhungern, wenn es uns nicht gelingt, irgend - wo etwas aufzutreiben, und zwar schnell.«

14

Dritte Infanteriedivision, Bereitstellungsraum Kuwait
    Die nächtliche Wüstenlandschaft unterhalb des Hubschraubers wirkte wie ein verknittertes bläulich weißes Seidentuch, innen roch es nach heißem Metall, Motoröl und dem Schweiß der Soldaten. Sie nahmen Kurs auf den Bereitstellungsraum der in Kuwait stationierten Division. In der Dunkelheit umfingen ihn Ausdünstungen wie Erinnerungen an unangenehme Begebenheiten in der Vergangenheit. Bret Melton war schon mit vielen Helikoptern geflogen, zum Beispiel während eines anderen Krieges, der vor nicht allzu langer Zeit nicht weit von hier stattgefunden hatte. Und manchmal, wenn er zur Frontlinie geflogen war, hatte er sich gefragt, ob er das Gleiche wohl in zehn Jahren immer noch tun würde. Und dann wieder in zehn Jahren und wieder bis in alle Ewigkeit, Amen. Aber jetzt wusste er, dass es bestimmt nicht so kommen würde.
    Das Dröhnen des Motors und der Rotorblätter machte eine normale Unterhaltung unmöglich, aber die vier Soldaten, die mit ihm in der Kabine saßen, mussten unbedingt reden, um herauszufinden, was in der wirklichen Welt vor sich ging. Im blassen Glanz, der vom Cockpit nach hinten drang, wirkten ihre Gesichter eingefallen und bedrückt. Sie kannten ihn alle oder hatten schon von ihm gehört. Als früherer Ranger war Melton ein gern gesehener Berichterstatter. Er hielt sich bei der Arbeit strikt an die Regeln, und man konnte ihm trauen. Er gehörte so
sehr dazu, wie es jemandem von außen überhaupt möglich war. Die Fragen begannen, als sie merkten, dass er mit ihnen zurück zur Dritten Infanteriedivision fliegen wollte.
    »Was, zum Teufel, ist denn passiert, Mann?«
    »Was ist mit unseren Familien?«
    »Ist das ein Angriff oder was?«
    Er hatte versucht, ihnen zu erklären, was er wusste, aber was wusste er schon. Während er über das ohrenbetäubende Dröhnen hinweg versuchte, ihnen die Situation zu beschreiben, war es ihm vorgekommen, als würden sie ihn wie einen vollkommenen Irren ansehen. Sie glotzten ihn ungläubig und angewidert an, als er ihnen schilderte, was er gesehen und gehört hatte. Wer konnte es ihnen verübeln? Er wollte ja selbst nicht glauben, was er da sagte. Es klang, als hätte er den Verstand verloren. Nach zwanzig Minuten brach das große Schweigen aus, und den Rest des Fluges blieben alle verstört und halb erstarrt sitzen. Melton war klar, dass diese Jungs die Informationen an ihre Kameraden weitergeben würden, und dann würde einiges durcheinandergeraten. Aber er sah nicht ein, warum er ihnen diese Tatsachen vorenthalten sollte. Alles, wofür sie kämpfen sollten, war verschwunden. Ihre Heimat und ihre Lieben. Wirklich alles. Sie hatten ein Recht darauf, es zu erfahren. Tatsächlich war dies der einzige Grund, warum er noch hier war. Er hatte Tickets für einen Flug nach Paris und konnte jederzeit von hier verschwinden. Andererseits wollte er genauso wenig nach Paris abhauen wie nach New York. Seit er aus der Army ausgeschieden war, nach dem Einsatz in Somalia, hatte er sich einer einzigen Sache verschrieben, einer Beschäftigung, die er liebte und von der er nicht lassen konnte: das Erzählen von Geschichten über das Leben der Soldaten.
    Die Stimme des Piloten erklärte in monotonem Singsang, dass sie fünf Minuten Verspätung hätten. Melton
reckte sich und streckte den Kopf vorsichtig hinaus in den Propellerwirbel. Das Wüstenlager der Ersten Kampfbrigade lag nicht vollständig im Dunkeln, aber es war weniger beleuchtet als vor drei Tagen, als er das letzte Mal hier gewesen war. Trotzdem wirkte es im Licht des Mondes wie eine Ansammlung von Perlen inmitten des endlosen Schattens der nächtlichen Wüste, der sich unter ihnen erstreckte. Auf einem Satellitenbild würde die Zeltstadt mit ihren riesigen Mengen

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