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Der Ehrengast

Der Ehrengast

Titel: Der Ehrengast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Gordimer
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einen Schreiner gefunden. Das Mädel kennt die ausgefallensten Leute. Das ist äußerst nützlich.«
    William Clough nahm ein paar kleine, nippende Schlucke von seinem Martini. Galant und gutgelaunt sagte er: »Stellenwechsel waren ein Kinderspiel im Vergleich damit. Wir mußten erst lernen, unter freiem Himmel zu kampieren … Das ist ganz bestimmt schrecklich gesund – hält das Hirn auf Trab.«
    »Denis glaubt, diese Schwenklampe sei im Regierungsgebäude geblieben, hat er dir das nicht gesagt?« Dorothy saß vorgebeugt in ihrem Stuhl, so als hätte sie sich bloß für einen Augenblick wie ein Vogel darauf niedergelassen.
    »Um Himmels willen, laß sie ihnen doch. Jetzt ist jemand anderer dran, das Petroleum bis Mitternacht brennen zu lassen – was meinen Sie, James …«
    Roly Dando zeigte ein zähneknirschendes Interesse an dem Besuch bei Clough. »Er ist noch kein einziges Mal irgendwohin geschickt worden, wo es noch etwas zu tun gegeben hätte«, sagte er. »Clough geht immer erst im letzten Jahr hin, wenn die Selbstverwaltung schon garantiert und der Zeitpunkt der Unabhängigkeit festgesetzt ist, und zwar für die nahe Zukunft.«
    Bray, der sich von Tratsch peinlich berührt fühlte, wenn erganz nüchtern war, sagte mit einem zögernden Lächeln: »Ich hatte den Eindruck, er und seine Frau ziehen still und leise hinter der Front her.«
    »Seit er vor anderthalb Jahren hergekommen ist, hat er verdammt nochmal nichts Besseres zu tun gehabt, als nach Rinsala zu fahren, um fischen zu gehen.«
    Am gleichen Abend, im Hause der Pettigrews, erscholl Dandos Stimme aus einer Gruppe von Leuten, die im Kreis um jemanden herumstanden, der über dem häuslichen Grill ein Schaf mit Bratensaft übergoß: »… verdammt nochmal nichts Besseres zu tun gehabt, als mit seiner Sekretärin fischen zu gehen …« Rebecca Edwards hatte Neil Bayley gerade erklärt, Felix Pasilis, der griechische Freund der Pettigrews, sei wütend auf sie, weil sie irgendein Gewürz, das er für sein Schaf unbedingt brauchte, vergessen hatte … »Wenn ich Felix wäre, würde ich Sie noch einmal nach Hause schicken, meine Beste«, sagte Neil, und der Ausdruck unaufmerksamer Müdigkeit auf ihrem ein wenig schweren Gesicht weckte in Bray ein kameradschaftliches Mitgefühl, und er versuchte, die Aufmerksamkeit von ihr abzulenken: »Mein Gott«, sagte er, »ich fürchte, ich hab mich bei den Cloughs wie ein kleines Kind aufgeführt! Ich hab mich wie ein Angeber mit dem Diener in Gala unterhalten.« Neil und Rebecca Edwards lachten. »Armer Onkel Willie.« »In Daressalam war er ein ganz netter Junge. Er hat gewissenhaft Suahelistunden genommen und konnte es fraglos besser als ich.« Wieder lachten sie über ihn.
    Alles versammelte sich jetzt um das gegrillte Schaf, um sich einen Happen zu holen, und zur Begrüßung winkte ihm der blonde, untersetzte Mann vom Flughafen – zwischen den Fingern ein Stück Fleisch – zu. »Wentz, Hjalmar Wentz, wir sind uns im Flugzeug begegnet.«
    »Wie geht es Ihnen? Roland Dando meinte, wir würden Sie wohl im Rhino mal treffen.« Sie wanderten mit vollen Tellern weiter, und Wentz sagte zu seiner Frau, die sich in einem der Leinenstühle niedergelassen hatte: »Margot, das hier ist Colonel Bray.«
    »Aber nein, ich bitte Sie, bleiben Sie doch sitzen.«
    Bei dem Versuch, eine Sitzgelegenheit zu finden, sah er den Schein des Feuers, das unter dem Bratspieß brannte, über die glänzenden Flächen des Gesichts der Frau laufen, über die Gläser und die sich hebenden und senkenden Messer und Gabeln. Schimmerndes Haar war aus einer hohen runden Stirn und hinter den Ohren auf eine Art und Weise zurückgebürstet, die er mit vielbeschäftigten, tüchtigen Frauen assoziierte.
    »Nimm dir doch was, Margot, schmeckt einfach herrlich …«
    »Bin ich denn nicht schon fett genug …« Aber dann nahm sie doch ein Stück knusprigen Fleisches von der Gabel ihres Mannes.
    »Um die Wahrheit zu sagen, das ist das erste Mal seit einer Woche, daß wir die Zeit haben, uns zum Essen hinzusetzen. Ehrlich. Margot mußte persönlich ab sechs Uhr früh in der Küche stehen, und manchmal hat es bis zehn Uhr nachts gedauert. Sie hat sich buchstäblich nicht zum Essen hingesetzt …«
    »Oh, das stimmt nicht ganz … Ich muß hunderte Tassen Kaffee getrunken haben …«
    »Ja, mit der einen Hand, während du mit der anderen in einem Topf herumgerührt hast. Der Koch ist zu den Unabhängigkeitsfeiern gegangen, und seit damals haben wir ihn nicht

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