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Der Ehrengast

Der Ehrengast

Titel: Der Ehrengast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Gordimer
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behauptet, ihr Sekretär habe versucht, Sie zu erreichen. Sie möchten, daß Sie am Montag auf ein paar Drinks vorbeischauen. Wenn ich Sie wäre, würde ich hingehen, sonst erzählt sie noch jemandem in London, daß Sie den Schwarzen Honig ums Maul schmieren, während Sie sie nicht besuchen wollten.« Er lachte. »Nein, es ist wahr. Sie behauptet das meiner Mutter gegenüber immer von mir. Dabei weiß sie ganz genau, daß wir uns in London auch nie treffen würden.«
    Die Cloughs waren für die letzten ein oder zwei Wochen vor ihrer Abreise ins britische Konsulat übergesiedelt, ein großes, modernes Gebäude mit viel Glas und so angelegt, daß die schirmartigen Bäume – wie beim maßstabgetreuen Modell eines Architekten – zur Geltung kamen. Wegen des Personals, der Sekretäre und der Notwendigkeit, Lady Dorothys Hund von ihren Katzen fernzuhalten, waren der Konsul und seine Frau in irgendeinen der hinteren Räume verfrachtet worden. Als Bray ankam, war gerade irgendein Streit im Gange, und er sah, wie die Frau des Konsuls, mit der er nur kurz zusammengetroffen war, ihren Kopf tröstend über einen siamesischen Kater geneigt, treppauf entschwand. Überall standen Blumenarrangements, als wäre das Haus von einer Krankheit heimgesucht worden.
    »Nun gut, die Arbeit ist erledigt, man hat nur noch den Wunsch, die Zelte abzubrechen … Er ist ein brauchbarer Bursche, wenn man ihn nur in Ruhe arbeiten läßt; hat eine Menge gelernt, und unsereins hat getan, was man konnte … sofern er einen kühlen Kopf bewahrt, und dafür gibt’s keinerlei Garantien,nicht einmal bei ihm, hm. Nicht einmal bei ihm?« Ein betagter Diener kam mit einem Tablett herein, auf dem Gläser und Flaschen standen, und Clough unterbrach sich mit der freundlichen Nachsicht von jemandem, der dort, wo andere verzweifelt wären, aufmunterte: »Es wäre schrecklich nett, wenn wir ein paar Scheiben Zitrone kriegen könnten … Und Eis vielleichtauch? – Ja, immer und immer wieder habe ich zu Mweta gesagt – geh deinen eigenen Weg. Geh deinen eigenen Weg, und halt daran fest. Er weiß, was er will, und dabei ist er nicht die Spur starrhalsig – aber
Sie
wissen das sowieso. Vor einiger Zeit hab ich zu ihm gesagt – ganz unter uns, sagte ich, Sie würden einen Fehler machen, wenn Sie Brigadier Radcliffe gehen ließen. Da hat es natürlich ein großes Trara gegeben, aber er hat sich trotzdem geweigert, die Armee anzurühren. Oh, ich glaube sagen zu dürfen, daß wir seit damals recht gute Freunde sind.« Es war eine gespielte Untertreibung, die darauf hinauslief, daß er in seinem Umgang mit Schwarzen die gleiche Unbefangenheit habe, die er bei Bray voraussetzte. Er blickte behaglich in den Martinikrug und stellte ihn geduldig wieder zurück. Der betagte Diener, der jetzt das Eis und die Zitronen brachte, hatte in den Augenwinkeln die für die Bewohner des nördlichen Gala typischen Falten. »Das ist bestens. Tausend Dank.«
    Bray begrüßte den Diener in seiner Landessprache, mit jener Art Respekt, die man älteren Menschen gegenüber erweist, und der Mann legte das unpersönliche Dienerverhalten ab, als wäre es das Tablett in seinen Händen; er grinste herzlich, wobei auf der Innenseite seiner Lippe eine abnorme Pigmentbildung, die an die scheckige Zeichnung eines Dalmatinerhundes erinnerte, sichtbar wurde. Der Exgouverneur starrte unverwandt vor sich hin und lächelte. Der Diener war verwirrt und verneigte sich vor ihm, wie es die Stammessitte vor einem Ranghöheren verlangte, fand dann seine Fassung wieder und verließ mit weichen, trottenden, gleichgültigen Schritten den Raum.
    »Ich werde mir Dorothys Martini auch noch genehmigen, vielleicht bringt sie das zurück. Wenn man bloß einen fliegendenTeppich hätte … aber egal, wir haben jetzt jedenfalls drei Monate London vor uns und ein oder vielleicht zwei Wochen davon in Irland. Was haben Sie denn all die Jahre in Ihrem Elfenbeinturm in Wiltshire gemacht? Waren Sie nicht Golfspieler? Ich erinnere mich nicht mehr genau …«
    »Tennis … und danach haben wir die Mädels immer auf ein Bier ins alte Daressalam-Hotel mit dem deutschen Adler eingeladen?«
    Dorothy Clough kam herein, und Clough rief: »Paßt sie rein? Komm her und trink einen Schluck mit James …«
    »Mein guter James – es muß ja schon hundert Jahre …«
    »Wir haben eine Lattenkiste anfertigen lassen, damit wir Fritzi transportieren können, und jetzt hat sie ihn gerade probeweise hineingesetzt.«
    »Meine Nichte Vivien hat

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