Der Ehrengast
Kontakt mit der Masse einfacher Leute während der Parteikundgebung getröstet. »Sie lieben ihn, verstehst du, sie lieben ihn.« Ein Ausdruck von Ungeduld lief über Margots Gesicht; wie ein unfreiwilliges, nervöses Zucken kehrte er in diesen Tagen jedesmal wieder, wenn Hjalmar den Mund aufmachte. Bayley sagte, Chekwe, sein Justizminister, und andere säßen Mweta im Nacken. Zum einen wollten sie Tola Tola aus dem Außenministerium heraushaben. »Naja, ich weiß, Mweta war von Anfang an nicht besonders glücklich über ihn – erinnern Sie sich an diese Anfrage im Parlament, bei der es um sein ›Globetrotter-Leben‹ ging« – Bray lächelte – »aber in Wahrheit hat er es ganz gut gemacht, würd ich meinen – was sagen Sie?«
»Ja – aber genau die Leute, die ihm vorgeworfen haben, er verbringe zuviel Zeit in Flugzeugen – das sind diejenigen, die mit ihm jetzt – für Chekwes Geschmack – zu freundlich umgehen. Chekwe behauptet, er hat Kontakte zur Gruppe um Shinza.«
Hjalmar verwies die Gesellschaft auf Bray. »Ist da was dran?«
»Wir haben uns im Laufe dieser Woche davon überzeugen können, woraus Shinzas Unterstützung besteht.«
Roly Dando winkte mit seiner Pfeife. »Aus Bray zum Beispiel.«
Neil sagte: »Wirkt er auf Sie beeindruckend? – Wenn ich lese, was er sagt, dann denke ich mir, was für ein kluger Bursche, hat meistens recht. Aber wenn er mit mir direkt redet – ich meine, wenn er leibhaftig vor mir steht und ich ihm zuhör-, dann sträubt sich etwas in mir. Ich mag diesen Typ nicht.«
Viviens Körper hatte das unförmige Aussehen einer Frau, die gerade die Geburt eines Kindes hinter sich hat. In dem Kranz aus ungepflegtem Haar, das steif, wie herausgemeißelt um ihren Kopf lag, wirkte sie wie eine grünspanüberzogene Blondine – ihr schönes Gesicht behielt seine ewigen Qualitäten, auch in dem verschleißenden Lärm der Kinder und des oberflächlichen Geredes. »Er ist ein sehr attraktiver Mann. Es wundert mich, daß sich ihn keine von uns zum Liebhaber genommen hat.«
»Du bist ihm ja nie begegnet. Schulmädchenromantik.«
Ihr Mann ließ die Bemerkung nicht durchgehen.
»Bin ich doch. Im ersten Jahr, als wir da waren, bin ich ihm bei einem Empfang begegnet.«
»Wenn ihre Leidenschaft einmal geweckt ist, dann vergißt mein Elefantenweibchen das nie mehr.«
»Und vor drei Tagen hab ich mit ihm gesprochen. Wir haben uns in der Reparaturwerkstatt von Haffajee getroffen.« Alles lachte, aber sie verzog keine Miene.
»Ein entzückendes Rendezvous …«
»Wir haben getankt. Er hat sich sofort wieder an mich erinnert.«
»Konstruktive Neutralität ist eine sehr gute Idee und so weiter, aber wir müssen auch ein wenig praktisch denken, mmh?« sagte Hjalmar. »Wo immer man es damit versucht, kommen die Russen oder Chinesen oder Kubaner ins Land, und wieder steckt man mitten im Kalten Krieg; es ist wie beim Autofahren, mmh – wenn man auf Leerlauf schaltet, kommt man nicht von der Stelle … Er wäre um kein Jota unparteiischer als Mweta. Und da der Westen vor Vorstellungen wie den seinen Angst hat, würden sich ihn die aus dem Osten holen. Man sitzt zwischen zwei Gruppen von Geiern.«
»Nun ja, das ist aber die Kunst dabei. Daß man das Fleisch an seinen Knochen behält. Das ist es, was unsere sonnigen schwarzen Jungens schaffen müssen.«
Bray sagte zu Dando: »Glaubst du, daß sich Mweta darum bemüht?«
Mit bis zum Kiefer herunter abgenutzten Zähnen kaute Dando auf seiner Pfeife herum. »Darüber haben wir schon hundertmal geredet. Du weißt sehr gut, was ich glaube; du möchtest bloß eine Bestätigung für das, was du glaubst. Weil du endlich aus deinem gottverdammten Tagtraum aufgewacht bist … Ich weiß nicht, was das bewirkt hat … und jetzt gefällt dir nicht, was du siehst. Ich bin in der besseren Position, weil ich nie erwartet habe, daß mir das, was ich sehe, gefallen würde« – es gab Gelächter; selbstMargot lächelte – »Mweta ist nicht der Mann, der große Risiken eingeht, nicht in der kleinsten Faser seines Körpers ist er ein Radikaler. Und um hier große Veränderungen herbeizuführen, muß man schon ganz enorme Risiken eingehen; er hat es vorgezogen, auf Nummer Sicher zu gehen, und zwar aus dem einfachen Grund,
weil er zu nichts anderem fähig ist
, und soviel Verstand hat er in den Knochen, daß er das erkennt. Er hat sich für seine Geier-Gruppe entschieden, weil er glaubt, daß er aus Erfahrung die Länge ihrer Schnäbel abschätzen kann; gut
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