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Der Ehrengast

Der Ehrengast

Titel: Der Ehrengast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Gordimer
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unter vier Augen.
    »Man hat mir gedroht.« Malemba wartete, bis seine Frau die zwei großen Tassen Milchtee abgestellt und sich aus dem kleinen Wohnzimmer wieder zurückgezogen hatte. Er sah peinlich berührt aus, so als hätte er eine ansteckende Krankheit zu beichten, die er sich unter kompromittierenden Umständen geholt hatte. »Man hat mir ausgerichtet, falls ich nicht die Kurse für die Ziegeleiarbeiter einstelle, dann werd ich ›eines Nachts nicht mehr nach Hause kommen‹.«
    »Wer?«
    »Ein Mann. Mkade – nennt sich
Commandant
, Jungpioniere. Die gleichen Leute, die vor der Gandhi-Halle eine Schlägerei vom Zaun gebrochen haben, als wir oben in der Hauptstadt waren.« – Er meinte, beim Kongreß.
    »Wir werden bei Commissioner Selufu Schutz anfordern. Wir gehen zusammen hin. Wir brauchen einen Zeugen dafür, daß er ihn Ihnen versprochen hat.«
    In den zu diesem Zeitpunkt für die Ziegeleiarbeiter abgehaltenen Kursen ging es um elementarste Grundkenntnisse. »Wer sollte gegen so was etwas haben?« wiederholte Malemba.
    »Vermutlich ist der Kurs schuld, den ich davor über Rechte der Arbeiter und die Gewerkschaften gehalten habe. Die möchten nicht, daß etwas in dieser Art noch einmal läuft.«
    Selufu, der Mann mit der gebogenen Ostküstennase und Augen, die in die Falten berufsmäßiger Entschiedenheit gelegt waren, hörte unbewegt zu. »Ich glaub nicht, daß Sie sich deshalb Sorgen zu machen brauchen, Mr. Malemba, ich würde den Unsinn einfach ignorieren …«
    »Diese Leute haben schon bewiesen, daß sie vor Gewaltakten nicht zurückschrecken, Commissioner – Sie wissen selbst, wie oft die Polizei eingreifen mußte, wenn sie ihre Hände im Spiel hatten«, hörte er sich kalt erwidern.
    »… Aber wenn es Sie nervös macht« – ein herablassendes, sehr schnelles Lächeln an Malembas Adresse – »dann werd ich dafür sorgen, daß an den nächsten Abenden jemand bei der Halle auf Posten ist. Freilich, die Emotionen gehen hoch in der Politik – imganzen Land gehen die Emotionen hoch, was? – und wenn Sie dann noch mit diesen Vorlesungen und Clubs anfangen und die Leute daraufhin – nun, dann ist es nur zu begreiflich, daß man Ärger kriegt, und dann sind wir – sind wir verpflichtet, Sie zu beschützen. Was können wir tun?« Er lachte mit entschlossener Liebenswürdigkeit, und als sie aufbrachen, bemerkte er: »Und Sie, Colonel? Was war Ihre Beschwerde?«
    »Das Erwachsenenbildungsprogramm leiten Malemba und ich gemeinsam, wie Sie wissen, Mr. Selufu. Mir bereitet all das Sorgen, wodurch es gefährdet werden könnte – und er.«
    »Also dann, ich bin froh, daß bei Ihnen alles in Ordnung ist. Keine Probleme bei Ihren Überlandtouren. Sie bekommen es wohl nie mit diesen Störenfrieden zu tun, was – das ist gut, das ist gut. Das freut mich.«
    Beim Dinner an diesem Abend brachte das Radio die Nachricht, daß Tola Tola, der Außenminister, als Anführer einer Verschwörung verhaftet worden sei, die den Sturz des Präsidenten zum Ziel gehabt habe. Mehrere »prominente Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens« sowie zwei Parlamentarier waren in sie verwickelt, und es waren zumindest noch fünf weitere Personen verhaftet worden. Ein weiterer Verschwörer, der bekannte Rundfunk- und Fernsehjournalist Mr. Erasmus Nomakile »Ras« Asahe, war offenbar in der Woche davor aus dem Land geflohen. Hjalmar Wentz hörte dem zu, benommen wie ein Gefangener, den man aus seiner Zelle heraufgeholt hat, um ihm sein Urteil zu verkünden. Rebecca starrte Bray an. Eine nervöse Erregung, die ihn zum Lachen reizte, überkam ihn. Tola Tola! Kalimo kam herein, um die Suppenteller abzutragen, und schnalzte mißbilligend mit der Zunge, weil sie noch nicht leer waren.
    Dann aßen sie alle. Bray läutete nach Kalimo. »Also, wir wissen gar nichts, Hjalmar, nichts wissen wir.«
    »Tola Tola«, sagte Hjalmar und räusperte sich. »Hat er was mit Edward Shinza zu tun?«
    »Ganz offensichtlich nicht! Das muß der Versuch eines Coups des rechten Flügels gewesen sein.«
    »In meinen Augen war Asahe immer so ein eitler Bursche«, sagte Hjalmar. Aber das war sein einziger Kommentar zur politischen Sensation. Emmanuelle war fort; öffentliche Enthüllungen fügten dem weder etwas hinzu, noch zogen sie davon etwas ab. Rebecca machte ein schüchternes Angebot: »Wenigstens haben sie Sie nicht hineingezogen.« Und Bray fügte dem hinzu: »Nein, das ist gut – sieht so aus, als würde es keine Schwierigkeiten geben«, womit er sagen

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