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Der Ehrengast

Der Ehrengast

Titel: Der Ehrengast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Gordimer
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erwachenden Soldaten, die sie grob weiterdrängten. Er sah, wie die Frauen aus Gala mit schwingenden Hüften weitergingen, wie sie ihre
kangas
schwungvoll um ihre Hintern schlugen, ordinär lachten und den Soldaten Unflätigkeiten an den Kopf warfen, die diese nicht verstehen konnten. Vor dem
boma
unterhielt sich Aleke durch das Fenster eines Streifenwagens mit Selufu. Er gab Bray ein Zeichen, er solle sich dazugesellen; Selufu begrüßte ihn mit einem kollegialen Lächeln. »Alles in Ordnung. Sie und Malemba machen Ihre Sache hervorragend – ich hab gerade gesagt, ich muß diese Meute isoliert halten, aber wohin mit ihnen?« »Nye hat Anweisung erhalten, von wo er zu verschwinden hat«, sagte Aleke befriedigt. Und zu Selufu gewandt: »Sie hätten hören sollen, wie er Bray beschimpft hat – das ist ein Typ. Zu einem anderen Zeitpunkt hätte ich ihm eins auf die Nase gegeben.« »Oh, dem Colonel kann ein Mann wie der nichts anhaben.« –Wie jemand aus einer Gruppe von Gleichrangigen maßte es sich Selufu an, Bray gleichsam beifällig auf die Schulter zu klopfen.
    »Die Männer sind in der Vieh-Arena ohne Schutz vor der Sonne zusammengepfercht.«
    »Was soll denn nun dieser Unfug wieder – ich werde hinunterfahren und mich persönlich darum kümmern. Dieser Sergeant weiß nicht, was er tut. – Wie geht’s dem Bein? Keine Schmerzen, hm?« Und nach ein, zwei an Aleke gerichteten Worten fuhr er davon.
    Aleke hatte Rebecca ins
boma
mitgenommen, um irgendeine Art täglicher Routine aufrechtzuerhalten, aber das Haus wurde bewacht, und kaum jemand war zur Arbeit erschienen. Aleke selbst war ins Industrieviertel hinuntergerufen worden – es kam sporadisch zu Tätlichkeiten zwischen den Männern von der Fischgefrieranlage, der Ziegelei und Gruppen von Jungpionieren – er vermied es, sie beim Namen zu nennen, redete immer nur von den »Radaubrüdern«. Ein Feuer war ausgebrochen – »Aber es war bloß dieser alte Baum«, sagte er.
    »Der Sklavenbaum?«
    »Der, unter dem die Arbeitslosen immer gesessen haben – wissen Sie. Aber es war nicht so schlimm, das Feuer hat sich nicht ausgebreitet. Das Zeug ist innen noch immer feucht, obwohl die Blätter wie Papier abgebrannt sind.«
    »Bray hat diesen Baum gern – stimmt’s?« Rebecca lächelte ihn an.
    »Vielleicht ist er ein Symbol des Bösen – Zeit, daß er weg ist. Mir hat es einfach gefallen, die Leute dort unten sitzen und in aller Ruhe ihre Chips verzehren zu sehen.«
    Wieder im Haus, sagte er zu Aleke: »Hören Sie zu, aus dem Messegelände hat man ein Gefangenenlager gemacht. Wozu denn? Diese Männer sollten wieder zu sich nach Hause. Selufu hat aber etwa zwanzig verhaftet, und die restlichen behandelt er so, als befänden sie sich unter Arrest – sie
sind
unter Arrest.«
    »Er hat keine Polizeiwagen für den Transport dorthin übrig – er braucht alles, was er hat.«
    »Soll er die Schulbusse requirieren. Mein Gott, Sie haben das doch auch getan.«
    »Ja, aber das war eine Notsituation.«
    »Die ganze Sache ist eine Notsituation! Wir haben die Leute nicht eingesammelt, damit sie die Polizei dann verhaftet.«
    Rebecca und Hjalmar blickten nicht von ihren Tellern auf. Zwischen Bray und Aleke trat Schweigen ein.
    Aleke sagte: »Diese Geschichte, daß sie in die Stadt marschiert sind – das war nicht bloß so ein Einfall, den die in ihren Köpfen ausgeheckt haben. Shinzas Leute sind unter ihnen; Selufu versucht, mehr herauszufinden. Von denen, die er eingesperrt hat. Es heißt, daß es in den Bashi unmittelbar auf der anderen Seite der Grenze Lager gibt – Waffen, die im Busch versteckt sind. Leute haben behauptet, daß Somshetsis Gruppe hereingesickert ist.« Er hob die Schultern und ließ sie wieder fallen. »Ich weiß nicht. Wir haben selbst genug Schwierigkeiten.«
    Beim Kaffeetrinken zwang sich Bray dazu zu sagen: »Sie sollten sich besser vergewissern, daß Selufu Anweisungen gegeben hat, daß die Männer wieder zur Tribüne dürfen.« Die Streikenden hatten im Freien auf den Holzplanken der Sitze unter dem Dach der Haupttribüne geschlafen – vor den neuen »Maßnahmen«.
    »Ja, mach ich.«
    »Sampson fährt später rauf –«
    »Ja, ich tu’s schon, machen Sie sich nur keine Sorgen. Oh, hier ist eine Überraschung für Sie …« Aleke händigte ihm einen Stoß Briefe aus. Wegen des Streiks der Transportarbeiter in der Hauptstadt hatte es wieder einmal keine Post gegeben. »Jemand kam auf den klugen Gedanken, den Sack dem Burschen mitzugeben, der die

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