Der Ehrengast
keineKurse – keiner da, der Unterricht halten würde, und keiner, der derzeit hinkäme.«
»Das ist schon richtig. Aber – Colonel – sie wollen, daß Sie Ihre Sachen wegbringen. Das Zeug aus der Schreinerei und so weiter … sie sagen, wenn wer auf die Idee kommen sollte, reinzugehen und es kaputtzuschlagen …«
»Sie wollen uns raushaben?«
»Colonel …«
»Ach, regen Sie sich doch nicht auf, Joosab; ich überleg ja bloß.«
»Unsere Gemeinde hat der Partei regelmäßig Spenden überwiesen, Colonel, und dann, wo Sie doch mit dem Präsidenten so gut befreundet sind, da haben wir uns gedacht, daß wir uns keine Sorgen zu machen brauchen. Aber diese Leute jetzt – wer sind die denn eigentlich, sie hören auf keinen …«
»Ich seh bloß noch nicht, wie Malemba und ich das alles mit nur zwei Paar Händen hinkriegen sollen, jetzt gleich, hm?«
Joosab hielt seine eigenen Hände in die Höhe und pflichtete ihm bedrückt bei.
»Können Sie ein paar junge Männer auftreiben, die uns dabei helfen könnten? Freunde von Ihren Söhnen? – Ach, lassen wir das lieber, besser, Sie halten sich da heraus. Ich werd schon irgendwen auftreiben.«
Eine der namenlosen Frauen des Haushaltes tauchte mit geisterhafter Scheu auf und stellte das Tablett mit dem Tee so vorsichtig ab, daß nicht einmal ein Teelöffel klapperte. »Ach, trinken Sie doch eine Tasse, Colonel, schauen Sie, da steht er«, sagte Joosab, so als wäre der Tee von selbst erschienen. »Das ist eine furchtbare Zeit für Präsident Mweta, furchtbar, furchtbar. Was denken Sie, Colonel, sind es die Kommunisten?«
Bray, Malemba, Malembas älterer Sohn, Hjalmar, Mahlope, Nongwaye Tlume und Rebecca schleppten noch am selben Nachmittag das Inventar des Erwachsenenbildungszentrums aus der Gandhi-Halle. Sie hatten einen Jeep des Landwirtschaftsministeriums und einen Gemüselaster, den Joosab von einem derindischen Geschäftsleute hatte borgen können. Das Material wurde im Anbau von Brays Garage und im Pavillon des Hauses der Tlumes, den Rebecca und ihre Kinder mit Beschlag belegt hatten, und sogar im
boma
untergebracht.
Mitten in der Nacht läutete das Telefon. Joosabs Stimme klang mit einem Mal schwach und schrill, so als würde er noch im Reden davongetragen. »Colonel, halten Sie sie auf, halten Sie sie auf, Sie müssen sie aufhalten. Sie wissen, der Präsident …« »Joosab, um Himmels willen, was ist mit Ihnen passiert?« »Sie brennen die Halle nieder – Sie müssen kommen und es verhindern …«
Er ließ den Hörer in die Gabel fallen und stand, wie aus dem Schlaf in Seekrankheit gerissen, an die Wand des Wohnzimmers gelehnt da. Er strich sich mit der Hand matt über die Brust – Shinzas Geste. Der Sirenengesang eines Moskitos ortete ihn mit unfehlbarer Sicherheit und zog seine surrenden Kreise um diesen Anfall von Schwindel. Er rief Aleke an. Als er das Haus in einem Paar Hosen verließ, die er über seinen Pyjama gestreift hatte, wurde er von einem der Männer Major Fieldings aufgehalten, die sich mit roten Armschleifen und Sportflinten herausgeputzt hatten. »Um Gottes willen, streiten wir nicht – es brennt.«
Aleke und er sahen die Feuersglut schon aus weiter Ferne und spürten es – eine ungeheure Hitze, die ihnen wie aus der offenen Türe eines Hochofens entgegenschlug. Die Jungpioniere, die das Gebäude geplündert und in Brand gesteckt hatten, waren schon wieder weg, und die Feuerwehrpumpe stand da, deren Schläuche nur insofern taugten, als sie das Gelände rund um das Haus feucht hielten und damit ein weiteres Umsichgreifen der Flammen verhinderten – inmitten der Wasserschleier und Rauchschwaden ragten die Halle und die an sie angebaute Schule auf, bereits in jenem Stadium, in dem ein Gebäude seine Umrisse nur noch in Flammen, nicht mehr durch Materie hält; im nächsten Augenblick schon würde es in sich zusammenstürzen. Joosab und ein paar andere Männer standen da und trugen überihren Nachtgewändern trotz der Hitze der Nacht und des Feuers Mäntel. Der Geruch der Feuchtigkeit und des Brandes war übelkeiterregend; ihre schwarzen Augen gingen von Tränen der Wut über. Sie schienen unfähig, etwas zu sagen. Sie starrten Bray an. Das Gebäude mußte schon rettungslos in Flammen gestanden haben und die Feuerwehrleute mußten schon dagewesen sein, als Joosab telefoniert hatte. Unter den völlig durchtränkten und verbrannten Dingen, die man gerettet hatte, entdeckte Bray eine Kiste mit der fein säuberlichen, in weißer Farbe
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