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Der Ehrengast

Der Ehrengast

Titel: Der Ehrengast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Gordimer
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OAU vorschreiben lassen muß, wie ich dieses Land zu führen habe, oder?« Er blickte auf einen Haufen rosafarbener Mousse herab und sagte zu seiner Frau: »Ich dachte, wir würden mittags etwas ganz Gewöhnliches essen – war das nicht für die Zukunft so vereinbart?«
    »Ja, ich weiß …«
    »Nichts Ausgefallenes. Bloß ein bißchen Obst.«
    »Ja, Mrs. Harrison behauptet, das ist Obst – aus Obst zubereitet.«
    Er zögerte und ließ den Löffel dann mit einem schmatzenden Geräusch darin versinken, um einen Placken auf seinen Teller zu laden. »Was bedeute ich Obote? Den Kalk für den Zement, für den er – sollte er gezwungen sein, ihn von woanders zu importieren – ein Drittel mehr auf den Tisch legen müßte. Was bedeutet mir Nyereres Gesundheit? Den niedrigen Zoll für unsere Waren aus Daressalam …«
    »Das wollte ich dich fragen, Adamson – wie sieht’s in der Kundi Bay aus?«
    »Da erkundigst du dich besser bei Mr. Small. Er war gerade zum Wasserski dort.« Mweta lächelte und lud den letzten Rest Pudding auf seinen Löffel.
    »Nun, ich bin nicht in der Lage, ein Expertenurteil über ihre Zukunft als Hafen abzugeben, aber ich habe schon zum Präsidenten gesagt, daß ihre Chancen als Seebad zweifellos groß sind. Die Strände sind schöner als die an der Küste von Mombasa, und zwar um vieles schöner. Man kann da wunderbar tauchen – es wäre bloß notwendig, Mr. Hilton dafür zu gewinnen, daß er eins seiner Hotels dort hinstellt.«
    »Es ist nur hundert Meilen bis zum Wildpark von Talawa-Teme, einer weiteren Touristenattraktion«, erläuterte Asoni an Bray gewandt. Er murmelte eine höfliche englische Antwort, die Beifall bekunden sollte; mit Olivia und den Kindern hatte er dort unten bei Kundi einmal kampiert, zu einer Zeit, da es nicht mehr als ein Fischerdorf gewesen war, obwohl es hieß, daß es zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts ein Sklavenhafen gewesen sei, und die Ruinen eines kleinen Forts noch immer dastanden. Unmittelbar vor der Unabhängigkeitsfeier war ein Team von italienischen Experten dort gewesen, um die Chancen für die Errichtung einer Hafenanlage zu prüfen, in der auch Tanker und Handelsschiffe abgefertigt werden konnten. »Wann soll der Bericht rauskommen?« Er sprach um den gestärkten Hemdsärmel eines Dieners herum.
    »Oh, wir sind ja erst dabei zu prüfen«, sagte Mweta und beendete mit einem Lächeln die Diskussion. Joy Mweta sagte gerade: »Ich möchte, daß Adamson dort unten ein kleines Haus bauen läßt. Die Kinder waren noch nie am Meer. Nur ein kleines, bescheidenes Häuschen, verstehst du?«
    »Das einzige Problem war, daß ich von den Tsetsefliegen buchstäblich aufgefressen wurde, mein Arm sah aus wie eine Wurst. Nein, es war nicht der Strand – es war die Straße, die Straße zum Wildpark.«
    »Aber damit werden wir bald aufgeräumt haben«, sagte Asoni, »sie werden ausgerottet werden. Hat man im Norden auch schon geschafft. Das Ministerium hat das im Griff. Heutzutage kann man alles. Wir leben im Zeitalter der Wissenschaft. Der Moskito ist verschwunden. Die Tsetsefliege wird verschwinden.«
    »Es wird das Paradies sein.« Mweta machte eine seiner berühmten Gesten, indem er mit einer Hand den Blick über den Tisch, den langen Raum bis hinaus ins Land auftat und lachte. Als sie sich von ihren Stühlen erhoben, drückte er einen Augenblick lang fest Brays Arm.
    Nach dem Kaffee im Salon nahm Mweta Bray in sein Arbeitszimmer mit. Unter formellen Entschuldigungen, aber gleichzeitig mit einem Ausdruck der Entschlossenheit, war die Harrison eingetreten, um mit Joy Mweta etwas zu besprechen, und Joy war ihr sofort entgegengeeilt – mit dem halb nervösen, halb stolzen Getue einer Lieblingsschülerin, die zur Rektorin gerufen wird. Als Mweta an Clive Small vorbeiging, sagte dieser: »Übrigens, Sir, wenn der Anruf durchkommt, werde ich mich um diese Leute aus Fort Howard kümmern.«
    »Und ist Wilfrid darüber informiert?« Er drehte sich um und wechselte mit Asoni ein paar Worte auf gala. »In Ordnung, aber falls der Bruder des Häuptlings darauf bestehen sollte, bitte …«
    »Machen Sie sich nur keine Sorgen. Ich werde ihn behandeln wie ein rohes Ei«, sagte Small und kniff seinen hübschen Mund zusammen. Er salutierte fröhlich vor Bray. »Hoffe sehr, Sie wiederzusehen, Sir.«
    Die Korridore des Hauses waren mit schwarzen und weißen Ziegeln ausgelegt worden, die vom Echo widerhallten. Zuerst hielt Mweta die Tür zur Toilette auf. Als Bray herauskam, wartete

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