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Der Eid der Heilerin

Der Eid der Heilerin

Titel: Der Eid der Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Posie Graeme-evans
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und warf sie, kaum dass sie eingetreten war, hinter sich zu. Ihre Gedanken rasten, trotzdem war ihr klar, dass sie sich so schnell wie möglich wieder fassen musste. In der Küche herrschte Chaos. Die Knechte und Mägde räumten immer noch die Spuren des Festes weg. Viele waren betrunken, weil sie beim Aufräumen die Weinreste aus den Bechern auf nüchternen Magen geleert hatten. Fröhliche Rufe schallten ihr von da und dort entgegen, aber alle waren so beschäftigt, dass niemand ihre Verzweiflung bemerkte. Verstohlen zog sie das Oberteil ihres Kleides zurecht und stopfte ein Stück abgerissenen Stoff unter den Kragen.
    Maitre Gilles zählte die Muskatnüsse, als Anne ihn endlich fand. Er sah sofort, dass mit ihr etwas nicht stimmte, unterbrach sie aber nicht, als sie stammelnd um die Kohlen für das Sonnenzimmer bat.
    »Natürlich, Liebes. Aber jetzt setz dich erst einmal hin. Ich lasse sie dir bringen«, sagte er und drückte sie sanft auf eine Bank neben seinem Arbeitstisch. Bei seiner Berührung zuckte sie zusammen. »Corpus, zwei Eimer Kohlen für Lady Margaret. Ja, sofort!«, schrie er.
    Nachdenklich betrachtete Gilles Anne, die am ganzen Leib zitterte, obwohl sie direkt am Feuer saß. Er bemerkte auch, dass sie versuchte, das dünne Schultertuch in Ordnung zu bringen, das ein wenig schief aussah. Der Küchenmeister trat vor den schwarzen Eisentopf, der über dem Feuer hing, und schöpfte eine große Kelle brodelnder Flüssigkeit in einen Hornbecher. »Hier - Glühwein.«
    Anne lächelte Maitre Gilles dankbar an und legte die Hände um das warme Gefäß, sah aber gleich wieder zu Boden. Doch dem besorgten Koch war nicht entgangen, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten.
    »Willst du mir nicht sagen, was passiert ist?«
    Anne nahm einen Schluck von dem kochend heißen Gebräu und schüttelte den Kopf. »Vielleicht will Gott mich für meine Sünden strafen.« Sie sah so unglücklich aus, dass der Küchenmeister einen Moment lang verlegen wurde. Aber er konnte zwei und zwei zusammenzählen und sich ausrechnen, was geschehen sein musste - und wer dafür verantwortlich war. »Soll ich für dich mit Jassy sprechen?«
    »Nein! Oh, nein, bitte nicht. Es war bestimmt nur ... er wollte bestimmt nicht...«, stotterte sie.
    Der Koch spürte einen Anflug lüsternen Verlangens, den er jedoch augenblicklich unterdrückte. Er mochte Anne, konnte aber nicht verleugnen, dass ihre Jugend - und ihr Körper - ihm von Zeit zu Zeit wollüstige Gedanken bescherten. Schließlich siegte die Freundlichkeit über die Fleischeslust. Seufzend wandte er sich der vor ihm liegenden Aufgabe zu - er musste dem Mädchen helfen und die Dinge nicht noch schlimmer für sie machen.
    »Corpus! Du fauler Hund! Schaff die Kohlen hinauf. Aber sofort«, brüllte er.
    Der alte Mann stolperte mit zwei schweren Eiseneimern, die an einem Holzjoch über seinen Schultern hingen, durch die verborgene Tür und schimpfte leise vor sich. Maitre Gilles reichte Anne die Hand und half ihr auf die Füße. »Hör gut zu. Ich bin hier, und ich bin dein Freund. Solltest du deine Meinung ändern, werde ich für dich mit Mistress Jassy sprechen. Fürs Erste aber gebe ich dir den Rat, nicht mehr allein durchs Haus zu gehen.«
    Mit hoch erhobenem Kopf durchquerte Anne die Küche, schluckte ihre Tränen hinunter und folgte Corpus die Treppe zum Sonnenzimmer hinauf, ohne seinem ungebrochenen Strom von Schmähworten Beachtung zu schenken. Alles war anders geworden. Wieso waren Männer manchmal so verwirrend? Und wieso verhielten sie sich Frauen gegenüber so eigenartig?
    Piers und Aveline - und Piers und Anne: die Initialen waren dieselben, doch die Bedeutung eine ganz andere. Sie verstand nicht, warum Aveline sich mit Mathews Sohn einlassen wollte. Der Gedanke an Piers Hände auf ihrem Körper verursachte ihr eine körperliche Übelkeit - und trotzdem, wenn sie an den König dachte, verspürte sie eine geradezu Schwindel erregende Hitze ...
    Heute früh war sie noch unschuldig wie ein Kind aufgewacht, und nun, am Ende dieses Tages, war ihr, als würde sie von Wellen ihres eigenen aufgewühlten Blutes fortgespült werden. Wie war das möglich? Mit Deborahs Hilfe wollte sie heute Abend beten - zu den alten Göttern des Waldes und zur Mutter Jesu. Sie brauchte alle Hilfe, die sie ihr geben konnten.

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    Kapitel 6
    Anne eilte hinter Corpus ins Sonnenzimmer. Lady Margaret saß mit geschlossenen Augen am Feuer. Aveline drehte sich zu Anne um, die angesichts der

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