Der Eid der Heilerin
die Bewirtung dieses bunt gemischten Haufens aus Aristokraten und Magnaten durchaus geschäftsfördernd auswirken würde, hatte er genug von ihrer überheblichen Art - vor allem gegenüber seiner wunderschönen, kultivierten Frau, die, wie er sich mit einem Schnauben in Erinnerung rief, von edlerer Herkunft als die meisten von ihnen war. Bewundernd beobachtete er, wie sie Anne unauffällig signalisierte, dem König erneut einzuschenken. Offensichtlich wollte sie ihm so Gelegenheit geben, sich mit Anstand zu verabschieden.
»Darf ich Euer Majestät noch etwas Konfekt anbieten oder noch etwas vom Süßwein?« Anne hielt den Kopf demütig gesenkt, als sie Edward vom Zuckerwerk anbot.
»Nein, liebes Kind - ich habe mich am Tisch deines Herrn vorzüglich satt gegessen und getrunken.« Edward gab seinem Herold, der das ganze Fest über reglos hinter ihm gestanden hatte, ein Zeichen.
Der Herold, ein hübscher Knabe, in dessen rosigem Gesicht der erste Flaum spross, rief mit einer für sein Alter überraschend tiefen und klaren Stimme: »Bitte Ruhe. Ruhe für Seine Majestät.«
»Freunde, es ist Zeit für uns zu gehen und Master Mathew und Lady Margaret Cuttifer ihren Freudentag ohne diesen gierigen Schwärm von Heuschrecken beschließen zu lassen!« Die Damen lachten hinter vorgehaltener Hand über diese scherzhafte Ansprache ihres Königs - offenkundig wollte er, dass sie lachten, jedenfalls lächelte er selbst bei diesen Worten. »Für Euch, Sir, und für Euch, Lady, habe ich Geschenke mitgebracht, zum Namenstag und zur Feier der wundersamen Genesung von Lady Margaret.«
Bei diesen Worten trat William Hastings, Oberkammerherr und bester Freund des Königs, vor. Mit tiefen Verneigungen reichte er dem König einen Beutel aus blauem Samt, auf dem die Leoparden von Anjou eingestickt waren. Edward erhob sich und zog eine prächtige, schwere Goldkette aus dem Beutel. In ihre S-förmigen Glieder waren Karneole, Kristalle und kleine kunstvolle Emaille-Münzen eingearbeitet.
Behutsam legte er die Kette um Master Mathews Hals. Es war ein besonders schön gearbeitetes Stück und ein fürstliches Geschenk. Doch damit nicht genug. Ernst trat der König vor Lady Margaret, die neben ihrem Ehemann auf die Knie gesunken war, und legte ihr einen kleinen Gegenstand in die Hände, ein kostbares kleines Stundenbuch, reich illustriert in leuchtenden Farben und Blattgold, mit goldgeprägtem Ledereinband und ebenfalls mit Edelsteinen besetzt, nur dass es diesmal in Gold gefasste Granate und Topase waren.
Lady Rivers war nicht der einzige Höfling, der diese großzügige Geste des Königs gegenüber Master Mathew und seiner Frau mit großem Interesse beobachtete. Auch Earl Warwick war überrascht. Diese Geschenkzeremonie hatte in der Tat etwas Faszinierendes und konnte einen Richtungswechsel signalisieren. Vielleicht brauchte der König Geld; viel Geld - warum sonst sollte er plötzlich einen neureichen Kaufmann auf diese Weise auszeichnen, auch wenn dessen dritte Frau aus den besten Kreisen stammte?
Master Mathews Freude kannte keine Grenzen. Dieser deutliche Gunstbeweis des Königs und seine fürstlichen Geschenke brachten ihn beinahe aus der Fassung. Langsam erhob er sich - der König gewährte ihm eine weitere Ehre, indem er ihm die Hand reichte - und half seiner Frau beim Aufstehen. »Sire, niemals soll mir und den meinen dieser Tag in Vergessenheit geraten. Und seid für immer versichert, dass dieses Haus und alles, was mir gehört, zu Eurer Verfügung steht, solange noch Blut durch meine Adern fließt.«
Der König lachte belustigt. »Nun, Master Mathew, das ist ein bemerkenswertes und höchst großzügiges Angebot, dazu noch vor Zeugen! Aber ich werde nicht darauf bestehen, zumindest noch nicht. Doch ich warne Euch: Sollte die Königin mir jedes Jahr ein Kind schenken, was sie mir treulich versprochen hat, und die Kinder mir womöglich die Haare vom Kopf essen, muss ich mich vielleicht Eurer heutigen Worte erinnern.«
Es war ein Scherz, aber warum war Anne so enttäuscht, als Seine Majestät die neue Königin erwähnte? War es nicht ganz natürlich, dass sich ein verheirateter Mann eine Familie wünschte und seine ehelichen Rechte in Anspruch nehmen wollte? Aber warum hatte er sie dann so interessiert angesehen? Hatte sie sich seine freundlichen Blicke nur eingebildet? Sie wusste, dass es eine Todsünde war, fleischliche Gelüste für einen verheirateten Mann zu hegen. Wenn sie beichtete, würde Vater Bartolph ihr zu Recht eine
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