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Der Eid der Heilerin

Der Eid der Heilerin

Titel: Der Eid der Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Posie Graeme-evans
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Leibzofe eurer Herrin, Lady Margaret. Wir haben beschlossen, dass die zwei den Bund der Ehe eingehen sollen, und Vater Bartolph wird gleich die für diesen Anlass entsprechenden Gebete sprechen und das Aufgebot verlesen. Die Hochzeit wird in Kürze stattfinden und die beiden als Mann und Weib vereinen. Wir bitten Gott um seinen Segen für diese Verbindung.«
    Ein Murmeln erhob sich unter den Versammelten, doch die strenge Miene Mathews brachte sie im Handumdrehen zum Verstummen. Dann gab er dem Pfarrer ein Zeichen. Hastig bedeutete Vater Bartolph Aveline und Piers niederzuknien und brabbelte mit zitternder Stimme unverständliche lateinische Worte.
    Im rückwärtigen Teil der Kapelle saß Anne und presste die Hände so fest zum Gebet zusammen, dass die Knöchel weiß hervortraten. Sie holte tief Luft. Dies war doch der Augenblick, der sie von ihrer Angst vor Piers befreien sollte, warum also empfand sie trotzdem so ein Entsetzen und wurde von so düsteren Gedanken geplagt? Sie senkte den Kopf, damit die anderen ihre Erregung nicht sehen konnten, und konzentrierte sich auf die Worte des Pfarrers.
    Alsbald waren die Gebete gesprochen, und die Gemeinde erhob sich. Das frisch verlobte Paar fasste sich an den Händen und verließ hinter Mathew und seiner Frau die Kapelle. Dann folgten nach ihrer Stellung die Angestellten und Dienstboten, die nichts zu sagen wagten, bis sie den privaten Trakt des Hauses hinter sich gelassen hatten.
    Avelines Finger waren kalt, Piers' Hand hingegen warm. Doch kaum hatten sie die Kapelle verlassen, ließ er ihre Hand los und warf ihr einen Blick zu, bei dem sich ihr Magen zusammenkrampfte. Er ging auf sein Zimmer und ließ sie allein in der großen Empfangshalle zurück, wo sie den gehässigen Blicken der vorbeieilenden Hausangestellten ausgesetzt war.
    Anne, die als Letzte aus der Kapelle kam, erkannte die Verzweiflung, die sich hinter Avelines stolzer Miene verbarg. Ihr starrer Gesichtsausdruck machte das volle Ausmaß ihrer Erniedrigung deutlich, die sie empfand, und doch lag eine einsame Größe in ihrer Weigerung, sich umzudrehen und sich den spöttischen Blicken der anderen zu entziehen. Stattdessen reckte sie ihr gerötetes Gesicht und erwiderte sie mit unbeugsamen Trotz.
    Anne eilte zu Aveline. Sie deutete einen kurzen, aber unmissverständlichen Knicks an, nahm vorsichtig den hinteren Saum ihres Kleides und hielt ihn wie ein Schleppe. Wohlwollend beobachtete Lady Margaret diese freundliche Geste.
    »Aveline, Master Mathew und ich bitten dich, uns ins Sonnenzimmer zu folgen. Wir haben viel zu bereden. Anne wird dir aufwarten.« Margarets Stimme war wie ein Tau, das einem Ertrinkenden zugeworfen wird. Trotzdem besaß Aveline genug Einfühlungsvermögen und Würde, sich anmutig vor ihrer zukünftigen Schwiegermutter zu verneigen. Dann führte ihre einstmalige Herrin sie die Treppe zum Sonnenzimmer hinauf, während Anne die »Schleppe« ihres Kleides hielt, als handelte es sich um ein Krönungsgewand. In der Ferne war ein dumpfes Grollen zu hören. Es würde eine kalte, stürmische Nacht geben.

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    Kapitel 10
    Ein Monat war vergangen. Wieder herrschte frühmorgendliche Geschäftigkeit in Blessing House. An diesem Tag sollte Hochzeit gefeiert werden. Nach der Trauung, die traditionell in der Kapelle vollzogen werden sollte, würde Vater Bartolph die Messe lesen, und anschließend würde es ein großes Fest für alle Hausbewohner und die geladenen Gäste geben.
    Nach der Verlobung war Anne und Aveline ein eigenes kleines Zimmer im Turm zugewiesen worden. Anne schlief nun auf einem Strohlager zu Füßen von Avelines neuer, hölzerner Bettstatt - und Aveline lag seit neunundzwanzig Tagen jede Nacht halb wachend, halb schlafend auf der ersten Federmatratze ihres Lebens unter einer edlen, mit Katzenfell gefütterten Wolldecke. Doch der ungewohnte Luxus hatte kaum Einfluss auf Avelines Träume. Oft wachte Anne davon auf, dass Aveline im Schlaf weinte. Doch diese weigerte sich strikt, ihr am nächsten Morgen von ihren Ängsten zu erzählen.
    Avelines Übelkeitsanfälle waren endlich abgeklungen, aber sie war so dünn geworden, dass ihre Hüftknochen, Knie und Ellbogen spitz hervortraten. Auf ihre Schwangerschaft deutete bestenfalls die kaum sichtbare Wölbung ihres Bauches hin. Unaufgefordert hatte Anne die wenigen Hauskleider, die Aveline besaß, weitergenäht, ebenso wie das vornehme, neue Kleid aus kupferbraunem Wolltuch, das Aveline nun täglich zur Messe anzog.
    Anne wusste

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