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Der Eid der Heilerin

Der Eid der Heilerin

Titel: Der Eid der Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Posie Graeme-evans
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und Piers nicht zum Besten standen, aber das war zu viel: Er hatte absichtlich das Leben seines Kindes, ebenso wie das seiner Frau, aufs Spiel gesetzt. Das würde sie ihm nie verzeihen. Wenn das Kind erst einmal geboren war, würde sie Piers zur Rechenschaft ziehen - und Mathew zwingen, dasselbe zu tun -, bevor er weiteren Schaden anrichten konnte.
    Aveline, die inzwischen starke Wehen hatte, war sich der Wirkung nicht bewusst, die ihr geschundener Körper auf die anderen Frauen hatte. Alles, was sie wollte, wofür sie betete, war ein Ende dieser unendlichen Qualen. Die Geburt war die gerechte Strafe für ihr Ränkespiel. Satan strafte sie, sie konnte ihn riechen, das ganze Zimmer roch nach Schwefel.
    Bestimmt kam er, um sie zu holen. Sie und ihr Kind! Wieder schrie sie, noch lauter diesmal, schrie um ihre verlorene, ertrinkende Seele.
    Margaret war ratlos, ebenso die Haushälterin. Natürlich waren Schmerzen bei einer Geburt etwas vollkommen Normales, doch Avelines Schreie hatten etwas Wahnsinniges an sich. Sie biss sich so heftig auf die Lippen, dass Blut über ihr Kinn rann, und verdrehte die Augen. Margaret zwängte ihr einen Stab aus Ebenholz zwischen die Zähne. Wenn die Presswehen anfingen, würde alles noch schwieriger werden.
    Anne konnte es kaum mit ansehen. Auch sie war wie betäubt von der Grausamkeit, von der Avelines Körper zeugte. Trotzdem nahm sie allen Mut zusammen und flüsterte Margaret zu: »Ich kenne ein Mittel, das ihr helfen könnte. Bitte lasst es mich versuchen, Mistress.« Margaret musterte Anne einen Augenblick fragend, und als sie den eindringlichen Blick des Mädchens sah, nickte sie. Mehr war nicht nötig. Ein letzter Blick auf Aveline, und sie war fort. Anne lief in die große Küche hinunter, als wäre ihr der Satan persönlich auf den Fersen. Was sie jetzt brauchte, waren ein Stößel, ein Mörser, heißes Wasser und etwas Honig.
    Die geräumige Küche war menschenleer. Maitre Gilles war, wie alle anderen Knechte und Mägde aus der Küche, nach der Messe gegangen. Die großen Herdstellen waren ausnahmsweise einmal schwarz und leer. Es gab nicht einmal einen Topf mit Knochen, die ausgekocht wurden. In fieberhafter Eile machte sich Anne daran, ein Feuer zu entfachen. Aus dem ordentlich neben den Feuerschächten gestapelten Brennholz riss sie Zweige und Strohhalme heraus, schichtete sie, so sorgfaltig es ging, aufeinander und versuchte dann, nachdem sie einen Feuerstein gefunden hatte, Funken zu schlagen. Nach mehreren Versuchen fing das Stroh schließlich Feuer. Vorsichtig blasend nährte sie die kleine Flamme, ehe ihr unvermittelt der Luftsog des höhlenartigen Kaminschachts zur Hilfe kam. Plötzlich loderten die dürren Zweige auf, so dass sie nur noch Holz nachlegen und Wasser in den großen, schwarz angelaufenen Kessel gießen musste, der auf seinem Dreifuß über dem Feuer stand.
    Als das Feuer tüchtig brannte, eilte Anne zu einer der mit Schiefer bedeckten Bänke, die an den Wänden zwischen den Herdstellen standen, wo sich ein Eichenfass mit einem Zapfhahn befand. Es musste entweder Wasser oder Dünnbier enthalten. Gott meinte es gut mit ihr, denn als sie den Hahn öffnete, sprudelte frisches Wasser in die Tonschale, die sie darunter hielt.
    Anne ermahnte sich, dass Avelines Ü berleben von jeder Sekunde abhing. Mehrere Male rannte sie zwischen der Bank mit dem Fass und dem Feuer hin und her, schüttete Wasser in den Kessel und brachte es zum Kochen. Nun brauchte sie noch einen Stößel und einen Mörser.
    Maitre Gilles' Küche war übersichtlich eingerichtet. Die Küchengeräte standen wohl geordnet auf groben, praktischen Regalbrettern, die mit Keilen aus Ulmenholz an der Mauer befestigt waren. In Lichtschein des großen, steinernen Deckenleuchters entdeckte Anne mehrere Mörser aus Stein in allen Größen - kleine für Gewürze, aber auch ganz große zum Zerkleinern großer Fleischmengen oder von Mandeln zur Herstellung von Marzipan. Die Regale waren so hoch angebracht, dass Anne sie ohne Hilfe nicht erreichen konnte.
    Also zog sie einen Stuhl heran und reckte sich gerade nach einem der kleineren Mörser, als etwas Kaltes unter ihre Röcke und an ihren Beinen hinauffuhr. Entsetzt drehte sie sich um, wobei sie beinahe das Gefäß fallen ließ, das sie in der Hand hielt. Eine teuflische Fratze grinste zu ihr empor - ein lüsterner, halb offener Mund, schwarze Zahnstümpfe, fauliger Atem. Und die kalten Hände gingen weiter auf Erkundung. Corpus.
    Empört packte Anne den

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