Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin
höchst unwahrscheinlich, dass Malik al-Kamil seine Studien vernachlässigt hatte, nur weil sein Lehrer ein paar Monate im Ausland weilte. Muhammed al-Yafa unterrichtete den jungen Ritter in den Sprachen der Franken, vor allem dem schweren, in deutschen Landen gesprochenen Idiom, im Französischen und Italienischen. Das Englische war dem jungen Mann von jeher geläufig: Er hatte einige Jahre am Hofe des Richard Löwenherz verbracht und war von ihm zum Ritter geschlagen worden.
Al-Adil vertrat die Ansicht, man müsse seine Feinde studieren, um sie effektiver bekämpfen zu können. Die Almohaden in Al Andalus nahmen das seiner Ansicht nach nicht ernst genug und würden dafür zweifellos die Quittung bekommen, wenn sich das spanische Heer jetzt sammelte. Sein Sohn Malik konnte beides: verhandeln und kämpfen. Er bestand in den Turnieren der Franken, aber er beherrschte auchdie oft effektivere Kampftechnik seines eigenen Volkes. Al-Adil war guten Mutes, wenn er daran dachte, die Verantwortung für sein Land in absehbarer Zeit an den Jüngling weitergeben zu können.
Auch Muhammed al-Yafa lächelte beim Gedanken an seinen Schüler. »Dein Sohn und Erbe macht dir weiterhin Ehre!«, sagte er mit einer leichten Verbeugung. »Und die Aussicht auf die Reise nach Sizilien beflügelt ihn. Er hat das Italienische mit Eifer studiert. Du wirst ihn doch trotzdem hinüberschicken, oder? Trotz … meiner Ahnungen?«
Der Prinz plante den Besuch des Hofes zu Sizilien, aber auch den einiger Stadtrepubliken wie Genua, zu denen Ägypten gute Beziehungen unterhielt. Es würde die Dogen und Magistrate ehren, ein Mitglied des ägyptischen Königshauses willkommen zu heißen. Ressentiments gegen Andersgläubige hatten sie nicht. Venedig, Genua und anderen Hafenstädten ging es allein um den durch Fernhandel zu erzielenden Profit. Sie hofften auf bessere Handelsbedingungen, wenn sie den Prinzen hofierten. Und dem künftigen Herrscher selbst ermöglichte die Reise Einblicke in andersartige Lebensweisen. Stadtstaaten und Republiken waren den Sarazenen fremd.
Der Sultan nickte. »Gerade wegen deiner Ahnungen! Ich denke, es ist gut, wenn sich auch Malik ein Bild von dem macht, was sich dort möglicherweise zusammenbraut. Den Staufer Friedrich wird er in Sizilien noch treffen, so schnell geht der nicht nach Deutschland. Und er mag gesprächig sein. Vielleicht weiß er ja was über die Pläne des Papstes, seines Paten. Überhaupt wird sich Malik in Kreisen bewegen, zu denen ein Händler keinen Zugang hat – er kann uns aus anderer Perspektive berichten.«
»Ein weiser Entschluss, Herr!«, lobte al-Yafa. »Bitte erlaube mir, deinen Sohn von dieser Erweiterung seines Aufgabenbereiches in Kenntnis zu setzen. Es wird seinen Eifer weiter schüren.«
Der Sultan lächelte. »Du darfst gern erste Andeutungen machen«, gewährte er seinem Freund. »Aber ich denke, letztlich enthülle ich es ihm selbst. Er wird entzückt sein, in den Kreis meiner Ratgeber aufzusteigen. Und du weißt, wie sehr er dich bewundert! Zweifellos wird er alles tun, um dich als Spion des Sultanats zu übertreffen!«
Kapitel 5
Armand de Landes bestieg gleich in Akkon eine Galeere der Templer. Die Fleur de Temple segelte über Messina nach Genua und gehörte, wie die gesamte Flotte des Kriegerordens, zu den besten Schiffen ihrer Zeit. Der Kapitän, ein vierschrötiger alter Haudegen, bei dessen Anblick man niemals an einen Mönch gedacht hätte, zeigte seinem Passagier stolz die neueste Errungenschaft zur Hilfe bei der Navigation – einen Magnetkompass aus China.
»Man findet sein Ziel damit selbst bei Nebel und in schwerem Sturm«, erklärte er stolz. »Zudem ist es auch bei verhangenem Himmel möglich, bei Nacht zu segeln. Nicht schlecht, wenn man kostbare Ladung befördert.«
Armand fragte nicht, was die Fleur de Temple über ein paar Seidenballen und Kisten mit orientalischen Gewürzen hinaus an Bord hatte. Allerdings dachte er sich sein Teil, als neben der aus gemeinen Matrosen bestehenden Mannschaft zehn gut gerüstete Tempelritter an Bord gingen. Große, schweigsame Männer, denen zweifellos die Bewachung der Ladung oblag. Eigentlich war das Schiff damit bereit abzusegeln, aber dann erging die Weisung, auf einen weiteren Passagier zu warten. Prinz Malik al-Kamil aus Alexandria hatte eine Passage gebucht, und selbstverständlich war es den Templern eine Ehre, den hochgeborenen Sarazenen mit nach Sizilien zu nehmen.
Von jeher bemühten sich die Kriegermönche um gute
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