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Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Titel: Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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scherzen, dass man aus all den Splittern, die bislang mit dem Zertifikat der Heiligkeit ins Abendland gewandert waren, mindestens dreißig Kreuze hätte zusammensetzen können.
    Ubaldina schüttelte den Kopf, lächelte aber ebenfalls. »Ein Stück vom Holz des Tisches, an dem der Herr das letzte Abendmahl zelebrierte. Das ist zumindest etwas Neues. Und wir wollen uns darüber nicht lustig machen. Alles, was die Menschen im Glauben stärkt, ist von Gott gesegnet!«
    Die Nonne bekreuzigte sich. Armand tat es ihr nach.
    »Ich bringe also den Tisch nach Köln«, meinte er. »Ich hoffe, er ist nicht sperrig!«
    Ubaldina lachte. »Der Händler ist nicht dumm«, bemerkte sie dann, »und sicher willens, möglichst vielen Gemeinden einen Anteil an der heiligen Tafel zukommen zu lassen.« Sie ahmte einen Holzhacker nach.
    Armand war jedoch zu sehr mit seiner Aufgabe beschäftigt, um die Ironie zu erfassen. »Aber was mache ich dann? Bleibe ich da? Wo gehe ich hin? Warum überhaupt ich? Gäbe es nicht erfahrene Brüder, die dieser … Erkundung … eher gewachsen wären?«
    Die Nonne schüttelte den Kopf. »Wir haben darüber nachgedacht. Aber unsere Wahl ist ganz bewusst auf dich gefallen. Du bist jung. Du bist von Adel. Von dir erwartet man nichts Bestimmtes. Wenn du die Reliquie abgeliefert hast, kannst du machen, was du willst, ohne Verdacht zu erregen. Hör dich um in den deutschen Landen – oder reite weiter nach Frankreich. Lausch den Predigern auf den Straßen – oder besuch ein paar Burgen, obwohl wir nicht glauben, dass der Adel irgendetwas mit der Sache zu tun hat. Du sprichst fließend deutsch und französisch, auch das ist ein Grund, dich zu entsenden. In Italien solltest du dich ebenfalls verständigen können. Lass dich einfach treiben, Armand. Wir wollen nicht, dass du etwas tust. Im Alleingang kannst du sowieso nichtsaufhalten. Du sollst nur … beobachten. Wir würden einfach gern wissen, was auf uns zukommt.«
    Armand nahm einen weiteren Schluck Wein und wand sich unbehaglich auf seinem Stuhl.
    »Das klingt eher wie ein Abenteuer als wie ein Auftrag, Mutter. Es sollte mich beinahe reizen. Wenn Ihr nur … verzeiht, Mutter, aber Ihr redet, als erwartet Ihr das Auftauchen eines apokalyptischen Monstrums.«
    Ubaldina lachte nicht, sondern leerte ihr Glas in einem Zug.
    »Es wäre nicht das erste Mal, Kind, dass die Kirche ein Ungeheuer entfesselt, das sie dann nicht zu bändigen weiß.«

Kapitel 4

    »Und? Was tut sich in der Heiligen Stadt?«, scherzte der Sultan und trat auf den großzügig gestalteten Balkon seiner Empfangsräume im Palast von Alexandria. Er bot einen atemberaubenden Ausblick auf die Stadt im Sonnenlicht, die goldenen Kuppeln der Moscheen, den Leuchtturm und das Meer. »Sammelt man nach wie vor Splitter vom Kreuz des Messias?«
    Muhammed al-Yafa folgte seinem Herrn und nahm sich eine Dattel von einem Tablett mit kleinen Leckereien, die bereitstanden, um den Sultan und seinen Gast zu erfrischen.
    »Soweit ich weiß, verteilen sie jetzt das Mobiliar der Herberge, in dem Jesus das letzte Abendmahl hielt«, schmunzelte er. »Auch ich konnte einige meiner Reisekosten wieder hereinbringen, als ich kürzlich als fränkischer Händler Venedig besuchte. Die Sitzbank, die Jesus in jener Nacht mit seinem Lieblingsjünger Johannes teilte …«
    Der Sultan lachte schallend. Er war ein kleiner, agiler Mann in den Fünfzigern, in dessen tiefschwarzes Haar und Bart sich schon Silberfäden woben. Aber seine kohlschwarzen Augen wirkten noch jung, und sein Mienenspiel war äußerst lebhaft.
    »Allerdings …«, sprach al-Yafa weiter und wurde dabei ernst, »… hofft ihr Papst, seine Reliquien demnächst wieder kostenlos mitnehmen zu können. Er will einen neuen Kreuzzug.«
    Abu-Bakr Malik al-Adil, der Herrscher über Ägypten, merkte auf, wirkte aber nur mäßig beunruhigt. »Hast du das Gefühl, er könnte da ein nennenswertes Heer ausheben?«, erkundigte er sich.
    Muhammed al-Yafa, sein Spion in den Städten des Abendlandes, zuckte die Schultern. »Wohl kaum, Herr. Aber wir sollten das trotzdem ernst nehmen. Die Franken sind nach wie vor eine Bedrohung. Man weiß nie, was ihnen einfällt.«
    Al-Yafa strich über seinen rotblonden Bart. Er war gläubiger Muslim und dem Sultan treu ergeben, aber er trug die Zeichen seiner Abstammung nur zu deutlich im Gesicht. Al-Yafa war hellhäutig, und seine scharfen Augen leuchteten stahlblau. All das deutete darauf hin, dass auch er beinahe zu den verhassten Franken

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