Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin
den Gruß ganz selbstverständlich erwiderte.
»Aleikum Salaam.« Das Mädchen neigte dabei den Kopf wie eine züchtige, sarazenische Tochter, die ihr stolzer Vater bei einem Geschäftstreffen vorstellt. Natürlich hätte sie dazu jünger sein müssen. Eine Sayyida ihres Alters zeigte sich nicht mehr in der Öffentlichkeit, sondern lebte zurückgezogen im Harem ihres Vaters oder schon ihres Gatten.
Konstanze zog sich sofort zurück, als sie Armands prüfenden Blick bemerkte, und er beschloss, die Beobachtung als Zufall abzutun. Auch Gisela versuchte die Worte jetzt nachzusprechen, sie verhaspelte sich dabei allerdings. Sicher hatte Konstanze nur zufällig die richtige Form der Entgegnung getroffen. Es war unmöglich, dass sie arabisch sprach!
»Und nun reist Ihr also mit uns zurück in Eure Heimat«, sagte Konstanze schließlich, als ob sie das Thema wechseln wollte, »… wo das Wetter zweifellos besser ist als hier.«
Das Gewitter war vorbei, aber inzwischen regnete es draußen wie aus Kannen.
Armand stimmte zu. »Ich brauchte ohnehin eine Reisegesellschaft, der ich mich anschließen konnte. Und eine angenehmere als die Eure könnte ich mir kaum denken.«
Er verneigte sich erneut in die Runde, was vor allem Gisela und Magdalena schmeichelte. Natürlich hatte er nichts von seinem seltsamen Auftrag erzählt, sondern die Zuhörerin dem Glauben gelassen, er sei nur um der Reliquie willen nach Köln gereist.
»Und mit uns braucht Ihr ja auch kein Schiff!«, sagte Magdalena eifrig. »Ihr könnt geradewegs in Eure Heimat reiten, wenn das Wasser sich teilt!«
Armand warf einen kurzen Blick in die Runde – Dimma hatte inzwischen trotz der Brandgefahr eine Öllampe entzündet und bewachte sie sorgsam. Er registrierte ein nachsichtiges Lächeln auf dem Gesicht Konstanzes. Gisela schaute eher drein, als hielte sie Magdalena für ein bisschen schwachsinnig, und Dimma zeigte keinerlei Regung. Nur Ruperts Gesicht spiegelte die Begeisterung des jüngeren Mädchens wider. Er hegte offensichtlich keine Zweifel an Nikolaus’ Berufung.
»Das wäre zweifellos preiswerter, mein Fräulein«, beschied Armand Magdalena freundlich. »Aber es ginge nicht unbedingt schneller. Schon mit dem Schiff dauert die Reise Wochen, zu Pferd und zu Fuß wären wir noch länger unterwegs. Und es stellt sich auch die Frage nach dem Proviant. Hat irgendjemand mal daran gedacht, was ein paar Tausend Kinder essen sollen, während sie über den Meeresgrund ziehen?«
Konstanze lächelte jetzt offen.
Aber Rupert wurde ärgerlich. »Fisch natürlich!«, erklärte er. »Bestimmt bleiben ein paar Tümpel über, in die sich die Meerestiere flüchten, und so können wir angeln und die Fische braten.«
»Wir können sie mit den Händen greifen!«, fügte Magdalena fröhlich hinzu. »Fische und Krebse und Muscheln. Das soll alles so gut schmecken! Meine … meine Mutter erzählte einmal, sie habe schon Flusskrebse gegessen!«
Magdalena schien das Wasser im Munde zusammenzulaufen, und Armand verzichtete darauf, die Frage nach dem Feuerholz zu stellen. Gisela beendete die Schwärmerei dann jedoch viel nachhaltiger.
»Ich hasse Fisch«, sagte sie kurz, bevor sie sich nun endgültig in ihre Decke wickelte und einschlief.
Armand sah, dass sich Dimma sorglich zwischen dem kleinen Edelfräulein und Rupert ausstreckte – und unauffällig ein Auge darauf hielt, dass sich auch Armand weit weg von ihrem Schützling niederließ.
Kapitel 4
Mit dem Rest des Kinderheeres meinte das Schicksal es nicht so gut wie mit Giselas und Konstanzes kleiner Schar. Tatsächlich gab es am Morgen nach dem Gewitter wieder Tote zu beklagen. Ein paar Jungen hatten am Waldrand unter einer Tanne gelagert und waren vom Blitz getroffen worden. Die verbrannten Körper boten einen schrecklichen Anblick. Die drei Mädchen, die sie fanden, rannten schreiend davon und ließen sich selbst von Nikolaus’ sanften, tröstenden Worten nicht davon überzeugen, weiter mit dem Heer zu ziehen.
»Sie sind direkt in die Hölle gefahren!«, rief eines entsetzt und bekreuzigte sich immer wieder.
Aber auch viele der anderen Kinder, vor allem die kleineren, waren weinerlich, die älteren schlecht gelaunt, nass und durchfroren. Alle hätten dringend etwas Warmes zu essen oder wenigstens zu trinken gebraucht, aber nur Dimma konnte ihre Schar mit heißer Milch versorgen – mit etwas trockenem Heu aus dem Schober hatte Rupert ein Feuer auf dem Feld entzünden können.
Nikolaus trieb das Heer gleich
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