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Der Einsatz

Der Einsatz

Titel: Der Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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Maschhad, die womöglich irgendwann einmal über sein Netzwerk gelaufen waren. Doch auch da fand er nichts.
    «Was sagten Sie noch, was diese Einrichtung in Maschhad genau tut?»
    «Ich habe noch gar nichts darüber gesagt», antwortete Harry. «Aber ich vermute, dass sie parallel zu Tohid arbeitet. Mit anderen Worten: Sie befasst sich mit den Grundlagen der Waffenproduktion. Sie arbeitet an einem Zündmechanismus, vermutlich an einer Neutronenquelle. An der zeitlichen Steuerung des Zünders, an der Verkleinerung der Kernladungszahl.Vielleicht werden dort auch materialwissenschaftliche Forschungen betrieben. Aber das Entscheidende ist die Neutronenquelle.»
    «Nun, dann schauen wir doch dort einmal nach.» Atwan öffnete ein weiteres Dokument auf seinem US B-Stick , das nach verkauften Produkten sortiert war. Er öffnete die Unterkategorie «Instrumente zum Testen von Neutronenquellen». Tohid war eindeutig unter den Kunden. Das Labor hatte über die Jahre hinweg etliche Lieferungen über die verschiedensten Umschlagstellen erhalten. Doch von einer Firma namens Ardabil oder einem anderen Kundenkontakt in Maschhad fehlte jede Spur.
    «Ach herrje», sagte Atwan, «die scheinen uns tatsächlich durch die Lappen gegangen zu sein. Es ist mir schleierhaft, wie jemand eine derartige Ausrüstung dorthin verkauft haben soll, ohne dass ich etwas davon mitbekommen hätte. Das verstört mich mehr, als ich Ihnen sagen kann.»
    «Unfälle passieren nun mal», warf Adrian ein. «Davor sind nicht einmal Sie gefeit.»
    Atwan würdigte den gutgelaunten Briten, der immer noch etwas erhitzt und ausgelassen von seinen nachmittäglichen Unternehmungen wirkte, keines Blickes. Er schien Adrians sexuelle Eskapaden förmlich zu riechen, und das verursachte ihm sichtliches Unbehagen. Atwan war eigen in dieser Hinsicht: Er bediente sich ohne Skrupel jeder Form von Ausschweifung, um dadurch an ein Ziel zu gelangen, war jedoch selbst das genaue Gegenteil eines ausschweifenden Menschen. Darauf beruhte seine Macht: Er benutzte andere, ohne sich selbst benutzen zu lassen.
    «Vielleicht könnten Sie uns etwas zu trinken besorgen,Adrian. Einen Tee. Oder auch einen Whisky, wenn Ihnen das lieber ist. Ich für meinen Teil hätte gern Tee. Und etwas Süßes dazu. Wie steht es mit Ihnen, Mr.   Fellows?»
    Harry erklärte, er hätte auch gern einen Tee und etwas Süßes. Adrian spürte durchaus, dass man ihn abkanzelte, ließ sich dadurch aber nicht weiter stören. Er hatte im Laufe der Jahre an die Millionen Pfund Trinkgelder von seinem Herrn und Meister kassiert. Da tat er eben, was der ihm sagte.
     
    «Das ist doch, als wäre unser schlimmster Albtraum wahr geworden», sagte Harry zu Atwan, als sie allein waren. «Da mischen wir den einen Teil des Hauses nach Kräften auf, so sehr, dass die Bewohner schon anfangen, Verdacht zu schöpfen. Und dabei gibt es schon die ganze Zeit ein paar verborgene Zimmer, von denen wir gar nichts wussten, wo aber ein komplettes Zweitprogramm auf Eis liegt. Wenn das ungute Gefühl mit Schiene A zu groß wird, wechseln sie einfach zu Schiene B über. Und wir sind am Arsch, wenn ich das mal so salopp formulieren darf.»
    «Genau das ist das Problem, mein lieber Mr.   Fellows. Da haben Sie völlig recht. Aber es gibt eine Lösung. Es fehlt uns schließlich nicht an den geeigneten Mitteln. Zumindest mir fehlt es nicht daran. Die Frage ist nur: Wie wollen wir sie einsetzen?»
    Harry rieb sich die Stirn, als könnte er so eine Idee erzeugen. Welche Mittel musste er jetzt einsetzen? Wie schnell musste er seinen nächsten Zug spielen? Wie konnte Atwans Netzwerk kurzfristig dazu beitragen, dass sich die einzelnen Teile dieses Puzzles auch richtig zusammenfügten? Der Libanese,dessen Anwesenheit ihm noch wenige Minuten zuvor als notwendiges Übel erschienen war, war plötzlich zu seinem wichtigsten Berater und Verbündeten geworden.
    «Kann ich Ihnen ein paar Fragen stellen, Kamal? Ich darf Sie doch Kamal nennen, oder? Ich verspreche auch hoch und heilig, dass ich Ihnen nicht die Butter vom Brot nehmen oder mir eines Ihrer Models zu Weihnachten bestellen werde.»
    «Aber selbstverständlich, mein Lieber. So leid es mir auch tut, dass Sie keine Geschenke von mir annehmen wollen, aber ich kann das durchaus verstehen.»
    «Zunächst einmal frage ich mich, wie schnell Sie sich in die Versorgungskette für Maschhad einklinken könnten, um bei denen Ihren Krimskrams an den Mann zu bringen und die Ausrüstung dort genauso unzuverlässig

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