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Der Einsatz

Der Einsatz

Titel: Der Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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Iran heil hierher zurückzubringen?»
    Harry schwieg.
    «Glauben Sie das, Harry? Falls ja, sollten Sie mir jetzt einen Tritt in meinen süßen kleinen Hintern geben und mich vor die Tür setzen. Und andernfalls lassen Sie mich einfach weiter meine Arbeit tun.»
    Harry musterte Jackie. Sie kauerte neben ihm wie eine Raubkatze, die ihn jeden Moment anspringen konnte. Ihre Wangen waren vor Empörung und Entschlossenheit gerötet, jeder Muskel ihres Körpers zum Zerreißen gespannt. Er konnte sich tatsächlich niemanden vorstellen, der besser geeignet gewesen wäre, in die Gefahrenzone vorzudringen und unversehrt wieder herauszukommen.
    Er stand auf. Eigentlich hätte er sie gern umarmt, doch er widerstand der Versuchung und gab ihr nur die Hand.
    «Ich vertraue Ihnen», sagte er. «Tun Sie Ihre Arbeit. Bringen Sie alle heil zurück nach Hause. Sie müssen es schaffen.»

31   Aschgabat/Turkmenistan
    Am nächsten Morgen ging die Sonne hell über dem Kopet-Dag-Gebirge auf, und ihre Strahlen funkelten in den wenigen verbliebenen Rinnsalen auf den kahlen Gipfeln. Adrian Winkler war bereits vor Morgengrauen auf den Beinen, um den Einsatzplan noch einmal durchzugehen. Er saß vor dem Computer, studierte Landkarten sowie über Nacht eingetroffene Nachrichtenund hatte sich allem Anschein nach wieder völlig von seinem Ausflug ins Körperlich-Profane erholt. Er widmete sich voll und ganz seiner Aufgabe als Geheimagent.
    Nach einstündiger Besprechung mit Harry und Atwan hatte das Einschleusungsteam sich auf die Grundzüge eines Plans verständigt. Sie würden mit dem Hubschrauber nach Osten fliegen, bis zu einem Landepunkt in der Nähe des Grenzpostens Sarakhs. Atwans Männer waren bereits vorausgeschickt worden, um die entsprechenden Kontakte zu knüpfen und die nötigen Geldbeträge auszuhändigen. In der Villa hatte sich ein Mitarbeiter des turkmenischen Innenministeriums eingefunden, der bereits seit langem auf Atwans Gehaltsliste stand und nun mit einem Spezialisten daran arbeitete, iranische Visa und Genehmigungsschreiben des International Visitors Office zu fälschen. Molavi selbst benötigte keinen Pass. Er würde versteckt in dem Wagen mitreisen, der die anderen beförderte.
    Die Idee für die Reiselegende stammte von Adrian. Maschhad galt als heilige Stätte, und so sollte das Team als eine Gruppe von Pilgern in die Stadt reisen. Sowohl Marwan als auch Hakim waren Muslime, sie sprachen fließend Arabisch und ein bisschen Farsi und würden in dem Pilgerstrom, der beständig in die heilige Stadt floss, kaum auffallen. Jackie würde sich als Ehefrau ausgeben müssen, mit Tschador und Schleier, so schweigsam und unnahbar, wie sich ein guter Muslim seine Frau nur wünschen kann. Sie hatte sich Haar und Augenbrauen bereits schwarz gefärbt, und als sie in voller Montur hereinkam, war sie eine ebenso unauffällige wie formlose schwarze Gestalt. Adrian musterte sie anerkennend.
    «Verdammt gute Tarnung», bemerkte er mit einem angedeuteten Lächeln.
    Anfangs hatte niemand sagen können, wo genau in Maschhad sich das Forschungszentrum Ardabil befinden würde, doch in der Nacht waren Informationen aus Vauxhall Cross eingetroffen, die seinen exakten Standort identifizierten. Das Forschungszentrum war ihnen jahrelang verborgen geblieben, obwohl es praktisch vor aller Augen lag, nur wenige Kilometer vom nördlichen Stadtrand entfernt, an der Straße in Richtung Tus. Wenig später brach ein kleiner Erdrutsch aus digitalen Informationen über sie herein: Satellitenbilder, Umgebungskarten, GP S-Koordinaten und sogar ein Verzeichnis nahegelegener Hotels.
    Jetzt brauchten sie nur noch ein geeignetes Fahrzeug. Atwans Kontaktmann in Sarakhs war es gelungen, einen alten Mitsubishi-Transporter aufzutreiben, der regelmäßig die Grenze überquerte, um Pilger ins Land zu bringen und Teppiche sowie Edelmetalle außer Landes zu schmuggeln. Unter dem Rücksitz befand sich eine Art Geheimfach, in dem der Fahrer bereits häufig Personen oder Schmuggelware transportiert hatte. Und diesmal würde es Karim Molavi beherbergen.
    Atwans Mitarbeiter mailte ihnen ein Foto des Transporters: staubig und verdreckt, ein mit islamischem Schnickschnack gepflastertes Armaturenbrett und golden glitzernde Zierornamente an Motorhaube und Radkappen, sodass der Wagen wie ein Ein-Mann-Zirkus anmutete. Der Fahrer, verlässlich korrupt, arbeitete bereits seit Jahren mit Atwans Einsatzkräften vor Ort zusammen und hatte sich bereit erklärt, die drei angeblichen Pilger

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