Der Einsatz
an?»
Eigentlich fragte er das nicht seine beiden Mitarbeiter, sondern sich selbst.
«Zuerst müssen wir ihm ein Gerät zukommen lassen, über das er von Teheran aus mit uns Verbindung aufnehmen kann. Wir versuchen erst gar nicht, es ihm persönlich zu übergeben, sondern deponieren es irgendwo. In einem Park beispielsweise. Um das zu erledigen, schicken wir jemanden hin, der absolut sauber ist. Einen Türken oder Kuwaiter vielleicht, der bisher in keinerlei Verbindung mit uns stand. Er fliegt nach Teheran, geht in den Park, versteckt das Spielzeug und verschwindet wieder. Doktor Ali kann es sich später holen, und schon stehen wir mit ihm in Verbindung. Alles Weitere sehen wir dann.»
«Und wie soll dieses Spielzeug aussehen?», fragte Marcia.
«Keine Ahnung. Wie ein Stein, ein Erdklumpen oder eine Limonadendose. Was immer uns die Techniker konstruieren können und was dort nicht auffällt.»
«Klingt nicht gerade sonderlich aufregend», sagte Marcia. «Iraner mögen lieber was Handfesteres, etwas, das ihnen zeigt, dass man sie gern hat.»
«Von mir aus. Sobald wir wissen, wer er ist, schicken wir ihm etwas, das neutral ist und trotzdem nur von uns kommen kann. Parfüm für seine Frau vielleicht oder Medikamente für seine Kinder. Irgendwas, das ihm sagt, dass Amerika ihn lieb hat, und ihm zeigt, dass wir ihm sogar in Teheran, der Hauptstadt des Bösen, etwas Schönes vor die Tür legen können.»
Martin Vitter machte große Augen. Genau so hatte er sich die CIA vorgestellt. So allmächtig, dass sie in jeder noch so düsteren Seitengasse irgendwo auf der Welt absolut handlungsfähig blieb.
Marcia Hill holte sie beide auf den Boden der Tatsachen zurück.
«Euch ist aber schon klar, dass wir nicht mal seine Adresse haben, oder? Wir wissen weder, wo er wohnt oder arbeitet, noch wie alt er ist. Und woher wollen wir wissen, ob er überhaupt eine Frau und Kinder hat, ganz zu schweigen davon, ob die Parfüm oder Medikamente brauchen? Wir wissen ja nicht mal, ob dieser Doktor Ali überhaupt ein Mann ist. Vielleicht hat Frau Doktor in Teheran diesen Sommer
Lolita
gelesen und findet es jetzt total schick, der CIA irgendwelche Botschaften zu senden? Habt ihr darüber schon mal nachgedacht, Jungs?»
«Wissen Sie was, Marcia?», sagte Harry grinsend. «Sie sind eine echte Nervensäge. Aber gut, fangen wir nochmal von vorn an. Und jetzt nehmen wir an, dass unser guter Doktor vielleicht gar keinen Kontakt mit uns haben will. KeinTreffen. Keine Adresse. Kein Kommunikationsspielzeug. Gar nichts. Weil er Angst hat. Was machen wir dann?»
«Ganz einfach. Wir lassen ihn die Regeln aufstellen», sagte Marcia. «Das wird er nämlich sowieso tun.»
«Kommt nicht in Frage!», erwiderte Harry. «Ohne persönlichen Kontakt mit ihm können wir seine Informationen nicht bewerten. Woher sollen wir wissen, dass er uns nicht an der Nase herumführt? Wir müssen ihn finden.»
«Und wie, Harry?» Marcias Ton war respektvoll, aber bestimmt.
«Das weiß ich noch nicht», musste Harry zugeben. «Aber ich werde drüber nachdenken.»
Harry Pappas’ nächste Aufgabe bestand darin, Doktor Ali im offiziellen Informationsfluss der CIA sterben zu lassen, um nicht ständig gefragt zu werden, was eigentlich aus dem iranischen VÜ von neulich geworden sei. Harry war ein guter Lügner. Als Anfänger hatte ihm das Lügen viel Unbehagen bereitet, bis ihm eines Tages aufgegangen war, dass es eine der wichtigsten Fähigkeiten war, die man bei der CIA beherrschen musste. Wenn nicht sogar die wichtigste überhaupt.
Die CIA hatte schon zu viele iranische Agenten verbrannt. Es hatte schlimme Pannen gegeben. Da hatte man zum Beispiel Hunderte von Arbeitsstunden investiert, um Deckadressen in Deutschland zu finden, an die die Agenten aus dem Iran ihre geheimen Briefe senden konnten, und dann hatte man ihnen diese Anschriften in Briefen mitgeteilt, die alle mit derselben, gestochen scharfen Handschrift adressiert waren. Niemand hatte daran gedacht, dass es den iranischenBehörden vielleicht auffallen könnte, wenn auf einmal so viele Briefe in einer auffälligen Handschrift gleichzeitig ins Land kamen.
Zwölf Jahre später kam dann das Desaster mit dem toten Briefkasten, dessen Standort in einem Park von Teheran so ungeschickt gewählt war, dass der Agent, der dort eine Nachricht abholen wollte, dem iranischen Geheimdienst direkt in die Arme lief. Angesichts der vielen Fehler, die sich die Operationszentrale Iran in den vergangenen fünfundzwanzig
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