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Der Einsatz

Der Einsatz

Titel: Der Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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Schlimmeres im Schilde führte. Spionage zum Beispiel. Als der junge Mann den Polizisten auf sich zukommen sah, suchte er in den Taschen nach einem Stück Schokolade, um seine Alkoholfahne zu vertuschen, aber er hatte keines dabei. Der Polizist fragte ihn mit hämischem Grinsen nach seinem Ausweis. Offensichtlich freute er sich schon darauf, gleich jemanden festzunehmen oder zumindest eine saftige Bestechung zu kassieren. Doch das Grinsen verschwand, als er an dem Ausweis sah, dass der junge Mannin einer Sonderposition für die Regierung arbeitete und damit gewisse Privilegien genoss.
    Jetzt bekam es der Polizist mit der Angst zu tun. Er verbeugte sich und bat wortreich um Verzeihung, obwohl das Funkeln in seinen Augen keinen Zweifel daran ließ, dass er es auch bei einem hochgestellten Diener der Revolution nicht in Ordnung fand, wenn sich dieser kurz nach Anbruch der Dämmerung in verknitterten Kleidern auf der Straße herumtrieb.

5   Washington
    Harry Pappas blickte aus dem Fenster des alten Hauptgebäudes der CI A-Zentrale , hinaus auf die Bäume, deren Äste sich im Wind hin und her bewegten. Im Westen, über dem Potomac, ballten sich dunkle Wolken am Sommerhimmel. Bald würde es regnen. Harry schloss die Augen. An solchen Sommertagen war er gerne mit seinem Sohn zum Segeln gegangen. Er hatte früher als sonst Feierabend gemacht und war mit Alex zum Bootshafen südlich des Flughafens gefahren. Im Juli gab es fast jeden Abend ein Gewitter, dessen Windböen in die Zypressen am Ufer fuhren und den sonst so stillen Potomac zu schäumenden Wellen aufpeitschten. Alex mochte dieses Wetter sehr und wollte immer noch auf dem Fluss bleiben, selbst wenn in der Ferne bereits die ersten Blitze zu sehen waren.
    Im frischen Wind glitten sie aus dem Bootshafen. Bei Ebbe war der Fluss in Ufernähe so seicht, dass man das Schwert einziehen musste, um nicht auf Grund zu laufen. Ohne Schwertmussten sie beim Wenden höllisch aufpassen, aber draußen, wo der Fluss tiefer war, lag das Boot selbst mit herabgelassenem Schwert so schräg, dass über das Dollbord am Lee schon das Wasser ins Cockpit lief. Alex ging mit dem kleinen Boot so hart an den Wind, dass sie sich beide weit über die Bordwand hinaus lehnen mussten, um es vor dem Umkippen zu bewahren, und Harry war oft ganz schön mulmig dabei zumute, aber gleichzeitig war er glücklich darüber, dass sein Sohn so ein verwegener Draufgänger war.
    Gemeinsam sahen sie zu, wie eine Regenwand über den Fluss auf sie zukam, ein unerbittlicher Vorhang aus flüssiger Dunkelheit. Kurz vor ihrem Eintreffen kühlte die Luft schlagartig ab, und dann zuckten auch schon die ersten Blitze vom Himmel herab. In rasender Fahrt erreichten sie das rettende Ufer und zogen im prasselnden Regen das Boot an Land, während draußen auf dem Fluss ein blau verästelter Blitz ins Wasser schlug. Alex stieß einen lauten Schrei aus, der wie ein animalisches Freudengeheul klang und davon zeugte, wie gern er zusammen mit seinem Vater den Naturgewalten trotzte. Alex ging gern Risiken ein, aber er hatte dabei immer darauf vertraut, dass sein Vater ihm sagte, welches Risiko zu hoch war, und ihn vom Fluss holte, bevor der Blitz tatsächlich einschlug. Das war für Harry Pappas das Schlimmste an Alex’ Tod. Sein Sohn hatte ihm vertraut.
    Pappas öffnete die Augen. Es brachte nichts, diesen Erinnerungen nachzuhängen. Der einzige Ausweg war der Weg nach vorn. Andernfalls musste er aufgeben.
     
    Harry Pappas musste sich beeilen, das passende Umfeld für Doktor Ali zu schaffen. Der erste Schritt war, ihm eine Antwort an seinen Hotmail-Account zu schreiben. Der Iraner wartete darauf. Er wusste, wie er sich in den Tiefen des Internets verstecken musste und wie man eine E-Mail verschickte, ohne dass Rückschlüsse auf die Identität des Absenders gezogen werden konnten – immer vorausgesetzt, dass es ihn tatsächlich gab.
    Harrys Antwort war eine von mehreren kurzen Mails, die die CIA für virtuelle Überläufer vorbereitet hatte. Sie war in der Sprache des jeweiligen Absenders, in diesem Fall Farsi, verfasst und lautete schlicht: «Wir haben Ihre Nachricht erhalten und wünschen Ihnen einen glücklichen und friedlichen Sommer.» Das waren zumindest die Worte, die man las, wenn man die Mail durch ein automatisches Überwachungsprogramm laufen ließ; doch wenn der Adressat sie in seinem Hotmail-Account mit dem richtigen Passwort öffnete, zeigte sie eine Reihe von Instruktionen, anhand deren er einen verschlüsselten

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