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Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonio Hill
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falsch. Gehorsam nahm sie die Beine herunter. Aber er rührte sich nicht. »Hör zu, es ist jetzt gut. Ich habe es dir deutlich gesagt: Das ist überhaupt nicht lustig.«
    Das stimmte. Er hatte es ihr gesagt. Hatte es ihr immer wieder gesagt, vor allem im letzten Sommer, als sie drei Wochen zusammen in einem Ferienhaus an der Costa Brava verbrachten. Am Anfang waren es nur zufällige Berührungen gewesen, wenn sie allein waren, ohne Sílvia und ohne Pol. Im Auto, auf dem Weg zum Supermarkt, am Strand, während die beiden anderen im Wasser waren. Oder, unglaublich dreist, eines Nachmittags, als sie beide amSchwimmbecken blieben, weil Sílvia in den Ort zum Friseur gegangen war und Pol mit seinen Freunden eine Radtour machte. An dem Tag wollte er zum ersten Mal das Thema aus der Welt schaffen. Ein festes »Nein«, wie zu einem Hündchen, das sich in die Kabel verbeißt. Sie hatte nur gelächelt, eine perverse Mona Lisa, und ihm zugeflüstert, fast ins Ohr: »Und was, wenn ich weitermache? Willst du es Mama erzählen?«
    Hätte er es doch getan. Aber er traute sich einfach nicht. Emma war die perfekte Tochter: super Zeugnisse, wohlerzogen, zuverlässig, verantwortungsvoll. Sílvia war so stolz auf sie, dass sie ihm nicht geglaubt hätte. Und was sollte er ihr auch sagen? Dass ihre Teenie-Tochter ihn belästigte? Ihn, einen Durchschnittstypen von siebenundvierzig Jahren? Allein der Gedanke kam ihm lächerlich vor. Gleichwohl erfüllte ihn die Tatsache, dass Emma ihn attraktiv fand, mit Stolz. Einem dummen Stolz, der ihm zwischen Mittwoch und Samstag manchmal half, sich selbst zu befriedigen.
    »Komm schon, darüber haben wir längst gesprochen. Such dir einen Freund in deinem Alter.« Er versuchte zu kokettieren, die Sache herunterzuspielen, doch Emma drehte den Spieß einfach um, beleidigt wie ein kleines Kind.
    »Sag mir nicht, was ich tun soll. Du bist nicht mein Vater.«
    »Natürlich nicht«, sagte er. »Tu, was du willst, aber lass mich in Ruhe, klar?«
    Wieder lachte sie. Dass er böse wurde, erregte sie.
    »Wenn du mir einen Kuss gibst … Bitte. Nur einen.«
    »Lass den Quatsch.«
    »Bitte, auf die Wange … Ein Papiküsschen.«
    Sie saß jetzt neben ihm, ganz nah. Ihr Bademantel hatte sich ein wenig gelockert, ihre jungen Brüste schauten fast heraus. Emma nahm seine Hand und wollte, dass er sie streichelte. So sanfte Haut, weiß, nach Seife duftend. Césarmachte eine Faust und packte ihr Handgelenk. Sie sahen sich herausfordernd an. Sie mit halb geöffneten Lippen, unschuldig gierend. Die Sekunden vergingen, aber bei diesem Armdrücken verstanden sie sich. Sie wussten, dass eines Tages das Unvermeidliche passieren würde.
    Aber jetzt nicht. Er ließ sie los, und sie stöhnte vor Schmerzen auf.
    »Du hast mir das Handgelenk verdreht, du Idiot.«
    »Ich gehe. Sag deiner Mutter, ich hätte weggemusst. Und wo du schon so furchtlos bist, erklärst du ihr auch, warum.« César hatte es nur dahingesagt, aber diesmal zeigten seine Worte Wirkung.
    »Nein! César, geh nicht …«
    Mit ein paar langen Schritten war er in der Diele. Er zog sich das Jackett an. Emma rief ihm nach.
    »César, komm zurück! Bitte … ich will nicht, dass du gehst.«
    César sah sich selbst, als betrachtete er sich von außen, und das Bild gefiel ihm gar nicht. Er, der sich ungezwungen in Bordellen und Bars bewegt hatte, spielte jetzt den Beleidigten, gab den ehrenwerten und unbestechlichen Herrn, wo er in Wahrheit bloß ein lächerlicher Clown war, der es nicht schaffte, mit einem jungen Ding zurechtzukommen. Ja, Flüchten ist etwas für Feiglinge, sagte er sich. Aber der Ärger war stärker, und er hatte die Hand schon am Türgriff, als Emma in die Diele gelaufen kam und ihm mit heiserer Stimme ins Gesicht schrie:
    »Wenn du gehst, tu ich dasselbe wie diese Sara aus der Firma. Ich bringe mich um. Mit Chlorreiniger. Und vorher schreibe ich eine Nachricht, dass es wegen dir ist.«
    César fragte sich, ob das ernst gemeint war. Er drehte sich um.
    »Emma …«
    Ein Fehler. Er hätte gehen sollen. Er wusste es, auchwenn er es nicht schaffte. Ihre Augen glänzten. Vielleicht waren es Tränen, vor Wut oder aus Enttäuschung, aber sie flossen nicht. Sie starrten aus diesem trüben Blick, drohten.
    »Wegen dir und wegen Mama. Wegen euch beiden. Ich hinterlasse eine Nachricht, die euch für immer ins Unglück stürzt.« Und als sie sah, wie sein Gesicht immer blasser wurde: »Dann müsst ihr auch die Sache mit Sara erklären. Warum sie sich

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