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Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonio Hill
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ertrage ihn nicht länger. Ihn derart niedergeschlagen zu sehen geht über meine Kräfte, aber genauso macht es mich wütend. Als wäre es auch seine Schuld. Als bestünde die Lösung darin, dass er irgendwas annimmt. Und dann hasse ich mich selbst … Scheiße.«
    »Es ist nicht seine Schuld, das weißt du. Aber wenn du dir die Chance entgehen lässt, bürdest du ihm wirklich etwas auf.«
    Sie bemühte sich um ein Lächeln.
    »Du willst mich also loswerden, Inspektor Salgado.«
    »Aber selbstverständlich«, sagte er mit gespieltem Ernst. Er schaute an die Decke, als dankte er einem höheren Wesen. »Das Ganze ist eine Verschwörung. Ich habe sie geplant, um mich vor allem Ärger mit dir in Sicherheit zu bringen.«
    Sie schenkten einander einen fast liebevollen Blick. Gefühlsüberschwang war ihrer beider Sache nicht. Vielleicht hatten sie sich deshalb immer so gut verstanden.
    »Und wenn ich zusage, wann geht es los?«
    »Savall erwartet dich in seinem Büro, jetzt gleich. Übermorgen ist ein Treffen in Madrid.«
    »Scheiße. Packt zu Hause schon jemand meinen Koffer, ohne dass ich davon weiß?«
    »Ich wollte eigentlich den Neuen schicken, damit er mal was Nützliches tut.«
    Héctors Scherz hallte noch durch den Raum, wie ein verirrter Pfeil, als die Tür aufging und ebenjener Roger Fort auf der Schwelle stand.
    »Entschuldigung«, sagte der.
    Salgado wäre beinahe rot geworden, und Martina Andreu nutzte die Gelegenheit und stand auf.
    »Du kannst den Chef jetzt für dich haben«, sagte sie. Und mit einem Blick zu Salgado: »Wir sprechen später noch.« Bevor sie hinausging, zwinkerte sie ihm zu: »Und mach dich nur weiter beliebt.«
    Héctor fragte sich die ersten Minuten nur, ob Fort seine unglückliche Bemerkung wohl gehört hatte. Er verfluchte sich dafür, und zugleich wurde er den Gedanken nicht los, dass der Junge die Gabe hatte, den falschen Moment zu erwischen. Als er in dessen Gesicht auf einmal sah, dass er auf eine Reaktion wartete, wusste er nicht, was er sagen sollte, und schaute sich nur das Foto an, das Fort ihm aufmerksamst auf den Tisch gelegt hatte.
    »So weit, so gut, Fort«, sagte er schließlich, als wollte er rekapitulieren. »Du hast das Foto in der Wohnung von Sara Mahler gefunden und mit ihrer Mitbewohnerin gesprochen. Und jetzt erzähl mir in aller Ruhe von dem Gespräch.«
    Sein Untergebener schaute ihn an, errötete.
    »Tut mir leid«, sagte er, und Héctor fühlte sich noch mieser als vorhin. »Ich nehme an, ich wollte rasch zum Schluss kommen.«
    Worauf Roger Fort ihm brav die Eindrücke schilderte, die er während der kurzen Begegnung mit Kristin Herschdorfer gesammelt hatte. Demnach deutete zunächst alles darauf hin, dass Sara Mahler keine Person war, mit der es sich leicht zusammenlebte; sie führte ein einsames Leben und schien ganz allgemein nicht glücklich zu sein. Das perfekte Szenario, dachte Héctor, damit die fröhliche Weihnacht ihr den Todesstoß versetzte: ihre Mitbewohnerin verreist, die Wohnung leer. Wenn Sara in ihren letzten Tagen deprimiert gewesen war, hatte sie vielleicht beschlossen, allem für immer ein Ende zu setzen.
    »Und warum war sie um diese Uhrzeit in der Station? Irgendeine Idee?«
    Fort machte ein verblüfftes Gesicht.
    »Ich meine, laut dieser Kristin ging Sara fast nie aus … Wäre sie eine Nachteule gewesen, hätte das Mädchen es dir gesagt. Aber in der Nacht auf Donnerstag war Sara in der Metro. Sie musste irgendwo hin oder von irgendwo zurück, oder?« Er gab sich die Antwort selbst: »Aber auch wenn sie beschlossen hätte, sich vor den Zug zu werfen, gab es keinen Grund, eine so weit entfernt liegende Station aufzusuchen. Und ich bezweifle, dass sie mit dem Gedanken von zu Hause losgegangen ist.«
    Die Zweifel waren angebracht. Die Statistik war zwar eine ungenaue Wissenschaft, aber nur wenige Frauen wählten diese Art, sich umzubringen. Und die es taten, dachte Héctor weiter, erlagen einer plötzlichen Versuchung, dem Moment der Verzweiflung, in dem der tödliche Sprung ihnen als der einzige Ausweg erschien.
    Roger Fort schüttelte betrübt den Kopf.
    »Ich weiß es nicht, Inspektor. Tut mir leid, daran hatte ich nicht gedacht.«
    »Schon gut, macht nichts. Was wolltest du mir noch sagen?«
    Fort beschrieb die Wohnung, das Zimmer, die Fotos der Fußballer an der Pinnwand … Und kam schließlich zu dem Foto, das Inspektor Salgado vor sich hatte.
    Er erkannte Sara, zusammen mit sieben weiteren Personen: zwei Frauen und fünf Männer

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