Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Sexshop stehen können, so viel »Spielzeug« befand sich darin: eine Peitsche, mehrere Gerten, ein Bambusstock und Lederklatschen in diversen Ausführungen; Seile, Handschellen, Liebeskugeln und Dildos unterschiedlicher Größe; Dessous, Maskierungen aller Art … Sicherlich Geschmacksache, aber gelangweilt hatten Amanda und Saúl sich bestimmt nicht. Die Fragen waren andere. So hätte Amandas Tod der Selbstmord einer jungen Frau sein können, deren Sexualleben auf einen inneren Konflikt deutete. Genauso konnte es sich um Mord handeln, denn es war schwer zu glauben, dass jemand wie Amanda nicht wusste, dass eine ganze Schachtel Tabletten sie für immer in den Schlaf schickte. Und diese Hypothese führte erst einmal zu Saúl Duque.
Héctor beschloss, die Nachricht vom Tod Amanda Bonetsihrer Firma persönlich zu überbringen. Er wollte das Gesicht von Sílvia Alemany sehen, wenn sie davon erfuhr und unter dem Eindruck des Geschehenen vielleicht die Deckung fallen ließ, wollte endlich etwas aus ihr herausbekommen. Doch Sílvia war nicht leicht zu knacken.
»Ich kann es nicht glauben, Herr Inspektor.« Sie schlug die Hände vors Gesicht, und man konnte meinen, sie geriete ins Wanken. »Sie erlauben, dass ich mich setze. Amanda … Wann denn? Wo?«
»Gestern Abend, in ihrer Wohnung. Der Gerichtsmediziner nimmt an, dass der Tod zwischen acht und neun Uhr eingetreten ist. Neben ihr fand sich eine Schachtel Schlaftabletten, leer.«
Héctor sprach so nüchtern wie möglich. Wenn er die Frau aus sich herauslocken wollte, konnte er nicht allzu viel Rücksicht nehmen. Außerdem hatte er keine Lust, höflich zu sein.
»Können Sie mir sagen, wo Sie um diese Uhrzeit waren?«
»Zu Hause. Ich war das ganze Wochenende krank. Aber, Herr Inspektor, Sie denken doch nicht, dass ich …? Bitte, das ist lächerlich.«
Sie wurde rot, mehr aus Angst, als weil es sie kränkte, da war sich Héctor sicher.
»Ich denke gar nichts, Frau Alemany. Ich will mir nur ein Bild machen. Und in diesem Bild sehe ich Gaspar Ródenas, Sara Mahler und Amanda Bonet. Drei Personen, die gesund waren, jung, ohne größere Probleme und mit nur einer Sache, die sie verband: die Arbeit hier. Und das Foto. Sie können mir sagen, was Sie wollen, aber Sie werden mir nicht weismachen, dass Sie nichts vor mir verbergen. Diesmal nicht.«
Die Karten auf dem Tisch, eine saubere Kriegserklärung.
»Sie glauben, wir verheimlichen etwas?«
»Ich sprach nur von Ihnen, aber ich sehe, Sie sind gleichim Plural.« Héctor sah mit Befriedigung, wie sie blass wurde. »Bezieht sich dieses ›wir‹ neben Ihnen auf alle anderen? Auf César Calvo, Brais Arjona, Octavi Pujades und Manel Caballero? Oder nur auf einige von ihnen?«
»Inspektor, Sie sind in meinem Büro, ich bitte Sie also, sich mir gegenüber zu beherrschen.«
»Und Sie sitzen vor einem Polizeiinspektor, und ich bitte Sie, mich nicht weiter anzulügen.«
»Um eine Lüge zu beweisen, muss man die Wahrheit kennen, Inspektor Salgado. Bisher gibt es keine Lügen.«
Er lächelte. Gegner auf Augenhöhe lagen ihm.
»Haben Sie ein Besprechungszimmer hier? Dann rufen Sie die anderen zusammen. Jetzt gleich.«
»Ich sage Ihnen noch einmal, dass ich mir diesen Ton verbitte. Ich bin Anwältin, Inspektor, und auch wenn ich den Beruf nicht ausübe, erlaube ich nicht, dass man mich oder meine Mitarbeiter wie x-beliebige Straftäter behandelt.«
»Lassen Sie das ›x-beliebige‹ weg. Das ganz bestimmt nicht. Ob Straftäter, wird sich zeigen.« Er machte eine kurze Pause und nahm die Spannung aus dem Ton: »Wirklich, es wäre sehr viel klüger, wenn Sie kooperieren. So wie Sie sich verhalten, kommt man leicht zu dem Schluss, dass Sie etwas mit dem Tod Ihrer Angestellten zu tun haben.«
Sílvia war immer noch blass. Vielleicht stimmte es, dass sie das Wochenende über krank gewesen war. Besonders gut schien es ihr nicht zu gehen.
»Wollen Sie mir also den Gefallen tun und die anderen dort zusammenrufen? Ich denke, das ist besser, als sie überall in der Firma zu vernehmen, meinen Sie nicht?«
Sie antwortete nicht. Sie nahm nur den Hörer und sagte ihnen Bescheid.
Der Besprechungsraum befand sich zwischen den Büros der Geschwister Alemany, und Héctor sah, dass Víctors Zimmer noch leer war. Die Herren Chefs kommen nie vor zehn, sagte er sich und dachte an Savall.
Er bat sie, sich hinzusetzen, doch Sílvia Alemany blieb stehen, neben ihm, während er Punkt für Punkt seine Überlegungen vortrug. Octavi Pujades war
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