Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman

Titel: Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand

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der Ankündigung ihres Zuges unter. In der Bewegung, mit der sie aufstand. Ihre Hand glitt aus den seinen. Auch er stand auf.
    Der Zug bremste, das war wieder sehr laut. Es dauerte lange, bis er zu vollem Stillstand kam. Solange sie warteten, legte Kopp seiner Frau einen Arm um die Schulter. Als die Aussteigenden herausdrängelten, zog er sie etwas näher an sich heran, und als die, die gewartet hatten, anfingen, einzusteigen, noch etwas näher. Dass sie fahren wird, steht außer Zweifel. Auch sie ist nicht eine der Frauen, die hinter der Ecke stehen bleiben. Alles, was man tun kann, ist, sie nur noch einmal drücken, wie einen Kumpel, wie ein Kind, bevor man sie gehen ließe für eine begrenzte Zeit.
    (Wann kommst du wieder? Ab wann darf ich dich besuchen?)
    Es ist nicht Darius Kopps Schuld, dass man in diesem Land Haltezeiten für verspätete Züge mit 1 Minute kalkuliert! Als sich die Türen mit einem Tuten zu schließen begannen, als sie sich losriss, hinsprang, versuchte, sich durch den sich verengenden Spalt zu quetschen … eben nicht, die meisten drücken erst gegen den Öffner, so auch sie, als sie gegen den Öffner drückte, um das Schließen der Türen aufzuhalten, war es schon zu spät, er reagierte nicht mehr, und der Spalt war weg.
    Da verlor sie die Nerven. Sie brach in Tränen aus, schubste ihn, der hinter ihr stand, fast fiel er zurück auf die Bank.
    Du bist so ein dämlicher Idiot! Warum machst du das immer mit mir?! Bleib mir vom Leib, hörst du! Komm nicht näher, fass mich nicht an! Ich kann das alles nicht mehr sehen, ich kann das alles nicht mehr hören! Hier!
    Sie drückte ihm ihren Wohnungsschlüssel, und hier!, 10 Euro in die Hand.

    Und jetzt geh, ja? Geh nach Hause und lass mich! Lass mich in Ruhe! Lass mich einfach in Ruhe!
    Das schon durch das rohe Gewusel der Leute hindurch, die aus einem anderen Zug auf dem gegenüberliegenden Bahnsteig stiegen. Sie nahmen sofort den ganzen Bahnsteig ein, schubsten ihn, jemand stieß mit der Schulter gegen seine, er bekam jemandes Tasche in die Rippen, er verlor Flora aus den Augen, die Türen tuteten und schlossen sich, er konnte sich noch nicht einmal sicher sein, dass es ihr dunkler Rücken war, den er durch die Scheibe sah.
    Hast du schon mal einem Zug hinterher gebrüllt, ohne daran zu denken, dass du nicht allein bist, ganz im Gegenteil, Hunderte von Leuten sehen und hören dich, wie du ein Fahrzeug anbrüllst: Geh doch! Geh doch! Meinetwegen brauchst du nie wiederzukommen! Nein, und auch Kopp tat das nicht, im Gegenteil, in ihm war es ganz still, er war tief erschrocken, selbst das Stottern kam mit Verspätung: Aber das ist, das ist die falsche Richtung …

    Er blieb da stehen, bis sich alle oder die meisten an ihm vorbeigedrängelt hatten und er quasi alleine mit dem Zehner und dem Schüsselbund in der Faust war. Die Enden des Scheins schauen heraus.
    Haben Sie vielleicht etwas Kleingeld?
    Ein abgerissener Jemand, nicht alt diesmal, sondern jung, stand vor ihm, hielt die Hand auf und grinste. Hat alles gesehen, weiß genau, ich habe nur diesen Zehner, weiß genau, von einem Zehner kann man nichts abgeben, er will mich nur ärgern, die miese Laus! Verpiss dich, zischte Darius Kopp und tat es selber. Er flüchtete die Treppe hinunter.

    Ihr Schlüssel drehte sich anders im Schloss als seiner. Schwerer, eckiger. Warum hast du deiner Frau den schlechteren Schlüssel überlassen? Aber ich wusste doch nicht, dass es der schlechtere Schlüssel ist!

    Im Flur, auf dem Weg zum Bad lag seine Unordnung, die verstreuten Sachen, Silberkoffer, Sakko, Schlüsselbund, die Badtür stand offen, das Licht war noch an, das Gebläse blies und die Spülung rauschte, denn manchmal, wenn man nicht aufpasst, verhakt sich etwas darin und dann spült sie nur und spült.

    Entschuldige,
    dass ich die personifizierte Unordnung bin,
nie aufhebe, was ich fallen gelassen habe,
das Licht nicht ausschalte, das Wasser nicht abstelle,
die Käserinden meiner nächtlichen Fressattacken in der
Küche liegen lasse,
die Wäsche nicht sortiere,
den Müll nicht hinuntertrage,
falsch parke, mich blitzen lasse, schwarzfahre,
wichtige Post nicht öffne, und wenn ich sie öffne, sie nicht
beantworte,
mein Zimmer eine Hehlergarage/ein Schrein/ein Friedhof
für sämtliches Computerzeug seit 1990 bis heute ist,
es tut mir leid, dass dich das an manchen Tagen sogar durch
die geschlossene Tür, die Wände hindurch bedroht, eines
Tages werden die Nähte einfach aufplatzen und alles