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Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman

Titel: Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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Exacom. Dort wurde Schatz noch als Systems Engineer geführt. Kopp stellte erleichtert fest, dass seine Erleichterung darüber überwog. Wenige Sekunden lang.
    Hallo? Eine mürrische Stimme, tief, aber keine Männerstimme. Eine Frau. Eine beinahe bis zur Unfreundlichkeit mürrische Frauenstimme, die Kopp nicht bekannt war. Er war irritiert, unterdrückte das, und sprach mit ihr, als wäre es mit Schatz persönlich (sorglos, kumpelhaft): Ob denn der Thomas da sei?

    Wer?
    Thomas Schatz, sagte Kopp freundlich. Ich bin … sogar bereit, mich zu legitimieren.
    Aber die mürrische Person hatte kein Interesse. Sie schnitt ihm das Wort ab:
    Herr Schatz arbeitet hier nicht mehr.
    Oh, sagte Kopp und sah noch einmal auf die Firmen-Seite. Dort stand sein Name, sein Titel und diese Telefonnummer.
    Oh, sagte Darius Kopp, und in seiner Verwirrung: Entschuldigung.
    Bitte, sagte seine Gesprächspartnerin und legte auf.
    Darius Kopp schüttelte den Kopf, als wäre ihm Wasser ins Ohr geraten.
    Ja, hat denn die den Verstand verloren? So telefoniert man doch nicht! Das ist schließlich kein Amt, sondern eine Firma!
    Es juckte ihn in den Fingern, irgendwo anzurufen, es jemandem zu sagen, vornehmlich Thomas Schatz, von dem er annahm, dass er höhergestellt war als die Frau, aber Schatz arbeitete ja nicht mehr dort.
    Kopp beschloss, diesen verwirrenden Exkurs abzubrechen. Wir klären das irgendwann, wenn wir Zeit haben, oder nie. (Er war wieder etwas verärgert über Schatz. Als ob der etwas dafür könnte! Dann bedauerte er ihn wieder.) Er sah auch nicht mehr nach, wer Distributor für Exacom war, er schloss die Seite schnell, als könnte man die Irritation so wegschließen.
    Er versuchte es abermals in London. Abermals ohne Ergebnis. Beziehungsweise mit demselben Ergebnis wie zuvor. Er ließ es so lange klingeln, bis die Telefongesellschaft ihm die freie Leitung wegnahm, um sie jemandem zu geben, der sie womöglich dringender brauchte.
    Kopp legte den Hörer sorgfältig auf, schob nach, damit auch
wirklich aufgelegt war. Sonst kann es nämlich passieren, dass man gar nicht bemerkt, wie man abgeschnitten ist vom Rest der Welt, nicht wahr, Stephanie? Oder die Störung liegt woanders. Fakt ist: irgendwas ist mit dem Telefon. Ich werde ihnen eine Mail schreiben müssen.
    Dachte es, und dann nichts mehr. Herr Doktor, was soll ich machen, mindestens einmal am Tag habe ich so einen toten Moment. Manche sagen: Punkt. Egal, ob ich gerade etwas tue, das ich gerne tue oder das Gegenteil. Es scheint davon ganz unabhängig zu sein. Immer kommt dieser Moment, wenn Kopp deutlich spürt: ein Weg ist zu Ende, ein Schwung hat sich verbraucht. Selbst wenn man noch entfernt ahnt, was man theoretisch als Nächstes tun könnte, ist gerade das nicht möglich. Um was auch immer zu tun, braucht man seinen Körper, und dieser fühlt sich im Moment an, als wöge er 6 Tonnen. 6 Tonnen schwer, Arme gelähmt, hänge ich in meinem perfekt gefederten Sessel. Was jetzt hilft, ist nur noch eine Ablenkung. Der moderne Büromensch wird, wie man allseits lesen kann, von permanenten Unterbrechungen gepiesackt. Alle 11 Minuten, spätestens, will einer etwas von einem, oder man ist selber nur allzu bereit … Aber auf der anderen Seite kann eine Unterbrechung auch fruchtbar sein. Sich regenerieren. Sich neu orientieren. Eine oder mehrere neue Perspektiven gewinnen. Zum Beispiel kann man, ganz einfach, beim Fenster hinausschauen.
    Kopp sah beim Fenster hinaus. Er sah nichts. Da war der Platz. Ja, ich weiß. Nichts.
    Zurück zum Tisch. Der Laptop mit dem karibischen Bildschirmschoner (nichts), und drum herum der Wust der Zettel. Das allerdings war etwas: 5. Die eigenen Abrechnungen.
    Nicht jetzt. Ich bin müde. Und hungrig. Wie spät ist es? Immerhin schon um 12. Wann Stavridis genau kommen würde,
war nicht bekannt. Wir nehmen an: um 1. Da fiel Kopp das Tablett mit den Joghurts ein, Fruchtjoghurts, mit mindestens einer Zuckerart, außerdem Eiweiß und Fett, kurz gesagt: Energie. Entschlossen sprang er auf, aber bevor er auch nur einen Schritt getan hätte, klingelte das Telefon, und der Vormittag erhielt wieder eine neue, ungeahnte Richtung. Ich hätte gedacht, Stavridis’ Auftauchen wäre bereits die Sensation des Tages gewesen, das allem anderen seinen Stempel aufdrücken würde. Aber es war Herr Pecka, der Anlageberater.
     
    Herr Pecka!
    Kopp begrüßte ihn dankbar (für die Ablenkung, für die Zeit, die ich mit Ihnen verbringen darf, bevor ich zum Mittagessen gehe, so

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