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Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman

Titel: Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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gedeckten Farben.
    Kopp probierte die Walking-Schuhe an, um der Verkäuferin zu Gefallen zu sein. In der Tat waren sie bequem, in der Tat taten ihm darin die Füße nicht weh. Trotzdem probierte er noch einpaar schwarze Lederschuhe aus. In allen schmerzten die Füße. Er probierte jedes Modell aus, das in dem Laden zu haben war. Am Ende wieder die Walking-Schuhe. Keine Schmerzen. Er kaufte sie, behielt sie gleich an, aber er kaufte auch ein Paar von den schwarzen, ledernen, welche, die genauso aussahen wie die, in denen er in den Laden gekommen war, nur eine Nummer größer, eines Tages werden mir die Füße nicht mehr wehtun, dann laufe ich sie ein. Zu den Walking-Schuhen empfahl ihm die Verkäuferin Walking-Socken, die mit L(inks) und R(echts) markiert und gepolstert waren. Bei dem Wetter wahrscheinlich zu warm, deswegen empfahl sie außerdem noch dünne Businesssocken mit kühlender Aloe Vera. Kopp nahm
die Walking-Socken und jeweils ein schwarzes und ein dunkelblaues, federleichtes Paar Aloe-Vera-Socken.
    Wollen Sie die Schuhkartons behalten?
    Er ging, in seinen alten Socken, aber in den neuen WalkingSchuhen, seine Füße schmerzten nicht mehr, und er fühlte sich wieder im Lot.
    So sehr, dass er, als er ein Geschäft erblickte, in dem Hemden und Krawatten verkauft wurden, auch dort einkehrte. Auch hier musste er nicht verlassen umherirren, auch hier gab es eine Verkäuferin, etwas älter schon. Mit ihrer Hilfe suchte er ein weißes und ein cremefarbenes Hemd aus sowie eine Seidenkrawatte in sommerlichem Gelb, Weiß und Grau, mit einigen dezenten Schwarzanteilen, das passt hervorragend zu Ihrem Anzug und sowohl zum weißen als auch dem cremefarbenen Hemd.
    Beim Bezahlen - genauer: beim Blick auf das Gelb in der Krawatte - fiel ihm der Büronachbar ein. Konkret fiel ihm Orangensaft auf lachsfarbenem Hemd ein, aber er konnte sich nicht erinnern, ein lachsfarbenes Hemd in dem Laden gesehen zu haben, und außerdem kenne ich seine Größe nicht. Und überhaupt. Wer kauft schon seinem Büronachbarn ein Hemd? Höchstens eine Frau ! Kopp hat nichts gegen Frauen, er liebt, bewundert, begehrt und fürchtet sie, aber wie eine sein möchte er deswegen noch lange nicht. Sorry, aber: nein. Er bedankte sich herzlich bei der Verkäuferin und teilte ihr mit, dass seine Mittagspause nun vorbei sei.
    Viel Erfolg! sagte die Verkäuferin.
    Danke, sagte Darius Kopp.
    Er schritt energisch auf den Ausgang zu, er ließ das Handygeschäft links liegen (verdrehte aber schmerzhaft die Augen, um zu sehen, ob der neue Blackberry schon da war, mit Vertrag 399, ohne 499?), ebenso das Taschengeschäft (obwohl
unser silbernes Köfferchen schon abgewetzte Stellen hat und der Gurt in den Aufhängungen knarrt und in der Auslage ein Bodybag im Look der Schweizer Armee mit Handytasche, Schlüsselring und Karabinerhaken zu sehen war), er riss sich zusammen und passierte auch das Uhrengeschäft (Kugelgelagerter Zentralmotor, Schnellschwinger-Unruh, Alter!, hatte Juri gesagt und immer wieder seinen Ärmel hinaufgeschoben und heruntergeschüttelt). So weit war es noch amüsant. Darius Kopp grinste, froh und stolz darüber, dass er etwas erworben und auch darüber, dass er anderem widerstanden hatte (der Massagestuhl war ihm mittlerweile peinlich, er beschloss, darüber - auch vor sich selbst ab nun - zu schweigen), aber als unmittelbar neben dem Ausgang der Computerladen mit seinen gläsernen Türen, Auslagen, Ablagen quasi vor ihm erblühte wie eine gigantische, futuristische, wunderbare Blume, bekam er doch noch einen Stich ins Herz. Einen Laptop! Ich brauche einen neuen Laptop! Ich habe ein Recht darauf! Ich arbeite damit! Das Verlangen war mächtig, mit Selbstmitleid gemischt, aber gleichzeitig wusste Kopp auch, wenn er nachgab, wenn er dort hineinging, war er verloren. Denn er würde vielleicht einen neuen Laptop kaufen und vielleicht würde er auch keinen kaufen, darum ging es nicht. Es ging darum, dass mit dem Betreten dieses Geschäfts auf jeden Fall eine weitere Stunde verloren wäre, wenn nicht zwei, und damit der ganze Tag. Darius Kopp spürte deutlich, dass nun der späteste Zeitpunkt gekommen war, an dem er eine Zerfaserung verhindern konnte. Er biss die Zähne zusammen, fasste die Tüten und das Köfferchen fester, nagelte seinen Blick auf der anderen Seite fest, an einem Bekleidungsgeschäft für extrem junge Mädchen - Der Sommer mit Türkis, Gelb und Pink war vorbei, es winkte schon der Herbst mit rotschwarzen Karos, Overknees und

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