Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman
tatsächlich etwas schlecht geworden) zu Rosa, und mit seinem körperlichen Wohlbefinden wuchs zugleich auch seine Freude.
Ich bin gut. Wie das hier auch ausgehen wird. Ich bin gut.
Der Choleriker erhob sich.
Danke für Ihr Kommen.
Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben.
Sie verabschiedeten sich mit Händedruck. Kopp hatte seine Handfläche beim Aufstehen unauffällig (während er sich vom Knie abdrückte) an seiner Hose abgewischt. Der Böse hatte das vergessen, so dass seine Handfläche feucht geblieben war.
Darius Kopp ging einen stillen, leeren Universitä tsverwaltungsflur entlang (das Echo!), fand eine Herrentoilette (auch hier), benutzte diese, wusch sich die Hände und das Gesicht, fand einen Handtuchspender, zog, mit beiden Händen, wie es sich gehört, seinen eigenen, sauberen Abschnitt heraus, sah in den Spiegel, sah schon wieder oder immer noch Schweißperlen in seinen Haaren, neigte den Kopf zum von ihm selbst benutzten Handtuchabschnitt und wischte sich. Ein wenig geriet er auch in den Bereich, den vor ihm schon jemand anderes benutzt hatte. Wie die Pest verbreitet wurde. Er suchte nach seinem Inhalator. Er fand ihn, aber er war (immer noch) leer. Wieso hofft man immer wieder, er könnte doch nicht leer sein? Sich erholt haben? Er sah keinen Papierkorb, also steckte er den leeren Inhalator ein. Er sah ein letztes Mal in den Spiegel, er strich sich ein letztes Mal durch das Haar. Er grinste.
Draußen Sonnenschein, Bäume, Vogelgezwitscher. Eine schöne Gegend hier, Villen und Grün, wenn auch das Gras in großen Flächen ausgetrocknet ist, aber dort, wo die Bäume Schatten geben, ist es noch schön, dort gibt es auch Bänke, warum sich nicht auf eine davon setzen. Es liegen schon trockene Blätter. Die Linden sind immer die Ersten. Um die Bänke herum auch Müll. Eine kleine Haferflockenpackung. Sie liegt mit der englischen Seite nach oben: OATS.
Als der Hunger eindeutig wurde, stand er auf und ging.
26 Minuten. So lange dauerte der Rückweg mit der S-Bahn. Schwamm drüber. Es zählt nicht. Ich bin von woanders gestartet, und überhaupt, Schnee von gestern. Im S-Bahnhof roch es nach Blumen, nach Rosen in Kübeln. Es gibt einen Blumenstand, kurz bevor es zu den Rolltreppen geht. Aber Kopp nahm nicht die Rolltreppen, er ging direkt ins Einkaufszentrum, ins
Souterrain, wo traditionell die Esswaren angeboten werden. Zum einen hatte er Hunger, zum anderen (Jetzt erst kamen die Aufregungen und Anstrengungen des Vormittags bei ihm an, er spürte sie als Schwere in den Kniekehlen, gleich knicke ich ein) habe ich mir eine Belohnung verdient.
Ein Fischrestaurant (Panierte Garnelenschwänze, Fischnug-
gets, Kartoffelecken?),
eine Würstchenbraterei (Gebratener Leberkäse, Bratwurst,
Schnitzel, Frikadelle?),
ein asiatischer Imbiss (Knusprig gebratene Ente mit Knob-
lauch, Cashewnüssen und Reis, scharf, ausgebackener Krupuk
in Tüten zum Mitnehmen?),
ein Stand mit frisch gepressten Säften (Erdbeercaipirinha?
Gibt es hier nicht),
eine Bäckerei (Mit Schinkenomelett belegtes Baguette,
Amerikaner, kalter Hund?) …
Da sah er den Sushi-Stand. Ein älterer Mann rollte Makis und nickte ihm freundlich zu. Das, die Sesamkörner auf einer Inside-out-Rolle sowie die Tatsache, dass man auf Barhockern sitzen konnte wie bei Flora, gaben den Ausschlag. Ich habe mich so sehr an diese Barhocker gewöhnt. Kopp ging zum Sushi-Stand, setzte sich auf einen Hocker. Den Laptopkoffer seilte er am Schultergurt vorsichtig zwischen seinen Beinen ab. Es waren noch andere Kunden da, aber diese nahm Kopp nicht wahr, er konzentrierte sich nur auf den Meister, und ihm war so, als konzentrierte sich auch der Meister hauptsächlich auf ihn. Eine Zeit lang gab es nur das: das wortlose Zusammenspiel zwischen dem Meister und Kopp.
Er deutete dem Meister an, er solle machen, was immer er möge.
Der Meister deutete ihm an, dass er kosten könne und nicht
die ganze Rolle nehmen müsse. Die von ihm nicht gewollten Stücke wanderten in Plastikschalen, die es zum Mitnehmen gab.
Kopp probierte zahlreiche Stücke durch. Mit gebratenem Lachs und Frühlingszwiebeln. Mit Meeresaal und Gurke. Mit Räuchertofu und Paprika. Mit Krabben und Chili. Mit Krebsfleisch, Avocado und Flugfischrogen. Mit Teriyaki-Hühnchen. An dieser Stelle hatte er Lust auf einen frisch gepressten Orangensaft, aber das wäre Blödsinn gewesen. Mit Gorgonzola, Salat und Gurke. Mit Seeigel-Eierstöcken. Mit Omelett. Mit Obst. Was ist das Scharfe dazwischen?
Weitere Kostenlose Bücher