Der einzige Sieg
sein.«
»Ist das etwa ein Problem? Es stimmt doch?«
»Ja, natürlich stimmt es.«
»Jaa? Aber was soll dann dieser Lärm? In Rußland gibt es doch sicher ohnehin die Todesstrafe für diese Art Verbrechen gegen den Staat?«
»O ja, sicher…«, erwiderte er zögernd. »Aber wie du weißt, bin ich kein Anhänger der Todesstrafe.«
Rune Jansson und sein älterer Kollege vermieden es bewußt, von der Mordermittlung zu sprechen, zu der sie jetzt unterwegs waren. Sie hatten zwar noch eine gute Stunde mit dem Wagen zwischen Luleå und Haparanda, aber das wenige, das sie über den Fall wußten, genügte doch, damit ihre Erfahrung ihnen sagte, daß es diesmal nicht leicht werden würde. Zunächst hatte es ja den Anschein, als könnten sie die üblichen Täter unter Verwandten, Freunden und Bekannten ausschließen. Die Mordmethode schien für Täter der üblichen Sorte zu ausgefallen zu sein.
Ihre Erfahrung sagte ihnen überdies, daß es sinnlos war zu spekulieren, bevor sie mehr wußten. Es konnte sogar schädlich sein, wenn man sich in einem zu frühen Stadium in eine bestimmte Idee verbiß. Folglich versuchten sie, über andere Dinge zu sprechen.
Sie scherzten eine Weile über »die geballte Faust der Macht«, wie der Volksmund eine schreckliche Metallkonstruktion vor dem Polizeigebäude in Luleå getauft hatte. Der Provinzialpolizeidirektor hatte sehr begeistert ausgesehen, als er von diesem Kunstwerk erzählte. Zuvor hatte er erklärt, weshalb er sich sofort entschlossen habe, sich an die Reichskripo zu wenden, als der Polizeidirektor in Haparanda angerufen und die Situation erklärt habe. Man brauche ja kein spezialisierter Mordermittler zu sein, um zu begreifen, daß es sich hier um eine ungewöhnlich giftige Substanz handle. Nun ja, Giftmorde dieser Art seien hier oben in Norrbotten nicht gerade an der Tagesordnung.
In Östergötland und Stockholm auch nicht, versicherten die beiden angereisten Kollegen.
Sie hatten sich entschieden dagegen gewehrt, schon zu Anfang zu viele Leute am Hals zu haben, obwohl der Provinzialpolizeidirektor ihnen großzügige Angebote gemacht hatte. Bevor sie mehr wußten, bestand die Gefahr, daß allzu viele Polizeibeamte nur untätig sozusagen Schlange stehen würden, was leicht zu unzufriedenem Gemurmel über Polizisten aus Stockholm und derlei führen konnte. Zunächst wollten sie nur Personal, das mit Registern und Akten umgehen konnte.
Beide ahnten schließlich, daß dieser Fall lange dauern konnte, und da galt es, gleich zu Anfang sämtliche Unterlagen in perfekter Ordnung zu halten. Die Registraturen würden später am Nachmittag herüberkommen.
In diesem Stadium gab es im Grunde nur eins zu besprechen, und auch das ging schnell. Mit einer sehr einfachen Maßnahme konnten sie wählen, ob sie für ihre Arbeit viel oder wenig Publizität wünschten. Zwar waren Zeitungen ausnahmslos eher lästig als nützlich, besonders, wenn es um interessante Morde ging, es ließ sich aber auch nicht leugnen, daß Zeitungen gelegentlich Zeugen hervorlocken können. Immerhin stand schon jetzt fest, daß es von entscheidender Bedeutung sein würde, Zeugen zu finden.
Die Wahl des Publizitätsniveaus erschien ihnen trotzdem leicht. Es würde durchaus genügen, daß die regionalen Zeitungen ein paar Tage lang darüber berichteten, daß das, was zunächst wie ein tragischer Todesfall ausgesehen hatte, jetzt ein Mord zu sein schien.
Vor allem ein Detail würde die Publizität sofort landesweit machen. Wenn sie auch nur ein Wort darüber verlauten ließen, daß der Mord mit Curare ausgeführt worden war, was, soviel sie wußten, in der schwedischen Kriminalgeschichte bisher nicht vorgekommen war, würden sich innerhalb weniger Stunden mehr als zwanzig Journalisten einfinden. Es würde an einem kleinen Ort wie Haparanda ein ziemliches Gedrängel geben. Keiner der beiden war schon einmal in Haparanda gewesen, aber sie gingen davon aus, daß es dort wie in anderen Kreisstädten aussah.
»Ich glaube, Curare ist schon mal in einer Mordsache vorgekommen, aber damals haben wir den Scheißkerl nicht überführen können«, murmelte Willy Svensén vor sich hin. Er lag fast im Wagen; mit polizeilicher Gesetzmäßigkeit war es Rune Jansson, der Jüngere, der am Steuer saß.
»Es war ein Arzt in Västergötland, nicht wahr? Hast du mit dem Fall zu tun gehabt? Könnten uns die Akten vielleicht weiterhelfen?« fragte Rune Jansson mit plötzlichem Interesse.
»Ich glaube kaum, daß wir viel daraus lernen
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