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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Kollegen trotzdem verstehen. Es war immer eine sensible Sache, Außenstehende in eine Ermittlung einzubeziehen, und Hamilton war außerdem ein ganz besonderer Außenstehender.
    »Etwa so vielleicht«, sagte er, nachdem er eine Zeitlang nachgedacht hatte. »Einfach ausgedrückt haben wir das Recht, jeden zu hören, von dem wir glauben, er hätte etwas beizusteuern, Strafprozeßordnung 23,62, glaube ich. Es steht natürlich nicht genau so im Gesetzestext, aber in normales Schwedisch übersetzt heißt es so. Nein, ich kann in einer solchen Anfrage nichts Merkwürdiges sehen. Entweder weiß er nichts von Bedeutung, was wohl am wahrscheinlichsten ist. Und dann spielt es keine Rolle. Oder er kann uns irgendeinen Tip geben, der sich als wichtig erweist, und das kann doch nur gut sein.«
    Rune Jansson beneidete seinen älteren Kollegen um die Fähigkeit, alle überflüssigen Komplikationen einfach beiseite zu lassen, um die Fähigkeit, sofort zur Sache zu kommen.
    Rune Jansson nahm an, daß er genauso werden würde, wenn er diesen Job noch zehn Jahre weitermachte. Irgendwie würde sich die Statistik dann wohl im Gedächtnis festsetzen; Morde sind selten etwas Besonderes.
    Sie kamen etwa eine Viertelstunde zu früh in Haparanda an und folgten der einfachen Beschilderung bis zum Fluß hinunter, bis sie umkehrten und vor der Touristeninformation eine Würstchenbude entdeckten. In dem Kiosk sprachen alle Finnisch. Die Schilder waren auch in finnischer Sprache. Die beiden versuchten, ihre Wünsche durch Fingerzeige klar zu machen, bis dem Mädchen hinter dem Tresen aufging, daß sie Schweden waren. Da lachte sie fröhlich auf und klärte sie darüber auf, daß es tatsächlich nicht sehr schwierig sei, auf Schwedisch Cheeseburger zu sagen.
    Sie gingen mit ihren Cheeseburgern hinaus und drehten im knirschenden Schnee eine Runde um den kleinen Marktplatz. Vor der Touristeninformation entdeckten sie zahlreiche Straßenschilder, die Haparanda deutlich auf der Weltkarte einordneten. Es waren elfhundertzwanzig Kilometer bis Stockholm, fünfundneunzig Kilometer bis zum Polarkreis und achthundertdreiundzwanzig Kilometer nach Murmansk.
    Das Polizeigebäude war größer, als sie sich vorgestellt hatten, ein länglicher zweistöckiger Bau, der nur hundertfünfzig Meter vom Grenzfluß entfernt war. Den Schildern an der Außenseite war zu entnehmen, daß das Gebäude auch die Provinzialverwaltung und das Finanzamt beherbergte.
    Der Polizeidirektor erwies sich zu Rune Janssons sichtlichem Entzücken als Mann aus Östergötland, der mit genauso breitem Dialekt sprach wie er selbst. Überdies benutzte er groben Schnupftabak. Wie es schien, würde schon das einige Unannehmlichkeiten der »Superbullen aus Stockholm« aus dem Weg räumen.
    Sie saßen eine Zeitlang in seinem Büro, um wie gewohnt mit Kaffee aus staatlichen Kunststoffbechern und einer Scheibe Sandtorte willkommen geheißen zu werden.
    Die Geborgenheit aber, die der Östergötland-Dialekt beim Polizeidirektor ausgelöst hatte, erwies sich schon bald als trügerisch. Die beiden begegneten nämlich nicht gerade übertrieben fröhlichen Mienen, als der Polizeidirektor sie in den großen Konferenzraum im zweiten Stock führte, wo sie die Kollegen kennenlernen sollten.
    Diese trugen Namensschilder, was vielleicht eine erste Höflichkeit gegenüber den »Stockholmern« sein sollte. Darauf standen Namen wie Pekkala, Kesketalu, Niemi und Usitalo. Die Stimmung ließ sich bestenfalls als vorsichtig abwartend bezeichnen.
    Dies war ganz offenkundig Willy Svenséns Job. Er hatte solche Szenen schon oft erlebt und gesagt, was er auch jetzt wieder und noch oft sagen würde.
    Er leierte wieder sein altes Sprüchlein herunter. Hier gebe es keine Superbullen, sondern nur Kollegen. Mit dem Unterschied, daß manche ganztägig mit Morden beschäftigt seien. Jetzt gehe es nur darum, der Arbeit ein bestimmtes System zugrunde zu legen, damit sie ungestört in Gang komme. Die Versammlung verhielt sich immer noch abwartend, weder feindselig noch spürbar begeistert.
    Eine halbe Stunde später hatten sie sich so aufgeteilt, daß Willy Svensén einige Leute beschäftigte, und zwar mit Dingen, die früher oder später ohnehin getan werden mußten, während Rune Jansson sich zurückzog, um Akten zu lesen.
    Die Polizei von Haparanda hatte gewiß alles getan, was man erwarten konnte. Sie hatten den Todesfall festgestellt, den Tatort abgesperrt, Kriminaltechniker aus Luleå angefordert, ein paar Reifenspuren gesichert

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