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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Spaziergang durch die Korridore. Nach Carls Erfahrungen bestand das Problem mit dem Ministerpräsidenten darin, daß er gute Vorschläge nicht mochte, wenn sie von anderen stammten. Dann bestand ein erhebliches Risiko, daß er genau andersherum entschied.
    Als Carl vor dem Korridor zur Zimmerflucht des Regierungschefs stehenblieb und per Code die letzte Panzerglastür öffnete, hatte er sich entschieden. Er wußte zumindest ungefähr, wie er vorgehen würde.
    »Carl wartet schon auf dich. Du brauchst nur reinzugehen«, begrüßte ihn die Sekretärin, als er mit entschlossenen Schritten die Kurve an dem kleinen Wartezimmer mit dem Fikus umrundete und ihr Zimmer betrat.
    Er nickte, blieb stehen und holte tief Luft, bevor er an der Tür zum Dienstzimmer des Ministerpräsidenten klopfte.
    »Da ist er nicht«, klärte ihn die Sekretärin zerstreut auf. »Es hat keinen Zweck, daß du anklopfst, denn er wird es sowieso nicht hören.«
    »Aha, dann nicht. Wenn er nicht da ist…?« sagte Carl und machte ein fragendes Gesicht.
    »Weißt du, er ist in dem hintersten Zimmer. Er zieht sich gerade um.«
    Carl öffnete die Tür zu dem großen Dienstzimmer und fand es leer. Er machte die Tür hinter sich zu und ging quer durch den Raum zur nächsten Tür, hinter der sich offenbar eine kleine Wohnung zum Übernachten befand. Als er anklopfte, wurde er aufgefordert zu warten.
    Nach einer halben Minute machte der Ministerpräsident selbst die Tür auf. Er war dabei, sich einen Frack anzuziehen.
    »Ein Essen für ausländische Botschafter. Es geht um die EU«, erklärte er, während Carl sich fragend umsah. »Ja, setz dich einfach, ich werde ein bißchen aufräumen.«
    Der Ministerpräsident nahm eine Aktentasche und ein paar Aktendeckel von einem der kleinen Stühle am Kaffeetisch und seinen Mantel vom nächsten und trug alles in das kleine Schlafkabuff, das offenbar als hinterstes Zimmer bezeichnet wurde. Als er wiederkam, hantierte er mit der Fliege, deren Knoten ihm offenbar Schwierigkeiten machte.
    »So!« sagte er, als er das Problem gelöst hatte, und setzte sich Carl gegenüber. »Du sagtest, es sei wichtig. Wir haben ungefähr zehn Minuten.«
    »Ich werde mich kurz fassen«, begann Carl gefaßt. »Es gibt einen wohlbegründeten Anlaß zu der Annahme, daß Kernwaffen in der Zeit vom 21. bis zum 23. Dezember des Vorjahres durch Schweden geschmuggelt worden sind, und zwar von Haparanda nach Varberg. Wie du siehst, fällt das zeitlich mit der Operation Dragon Fire zusammen und bestärkt uns unleugbar in unserem Gefühl, daß dort oben alles zu leicht gegangen ist. Die Schmuggler, die wir aufgespürt und… gestellt haben, wird man aus heutiger Sicht wohl als Lockvögel ansehen müssen. Die eigentliche Schmuggeloperation erfolgte gleichzeitig mit einem Ferntransport von Murmansk nach Haparanda. In Haparanda wurde der schwedische Fahrer ermordet, der den Transport von Murmansk erledigt hatte, und dort übernahmen unbekannte Männer den Weitertransport. Der schwedische Fahrer dürfte nicht gewußt haben, was er schmuggelte. Ich habe dir in diesem Memorandum alles zusammengefaßt.«
    Carl legte seine Mappe mit den beiden Blättern auf den hellen Birkentisch und betrachtete interessiert das Mienenspiel des Ministerpräsidenten, der erstaunlich wenig Wirkung zeigte und kaum reagierte.
    »Wie viele wissen davon?« fragte der Ministerpräsident.
    »Du und ich, wenn wir Schweden meinen«, erwiderte Carl schnell.
    »Und was weiß die Polizei?«
    »Ich sollte zunächst vielleicht sagen, daß ich meine Informationen von der Polizei erhalten habe, wenn auch eher zufällig. Die Polizei ermittelt in einem Mordfall, nämlich im Mord an dem Lastwagenfahrer in Haparanda. Sie vermuten ebenfalls aus guten Gründen einen Schmuggel, aber die Fahrer, die sie erwischt haben, waren nur Mittelsmänner und scheinen ebenfalls keine Ahnung gehabt zu haben, was da geschmuggelt wurde.«
    »Wie können wir wissen, daß es um Kernwaffen geht?«
    »Das können wir nicht wissen. Es ist aber eine begründete Annahme. Das Schmuggelgut wog ein paar Tonnen oder so, und im Hinblick darauf, wie das Ganze ablief, wenn ich beispielsweise an die Bezahlung denke, die die beteiligten Fahrer erhalten haben, müßte es sich schon um reines Gold handeln, wenn es nicht Waffen wären.«
    »Was sagt uns, daß es nicht auch konventionelle Waffen sein können?«
    »Gewicht und Größe im Verhältnis zum Preis.«
    »Wie groß ist das Risiko, daß die Polizei die Wahrheit

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