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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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sich so ausgedrückt hatte, und er tat es in einem Zusammenhang, als wäre er derjenige, der sich melden sollte, sobald er irgendwelche Erkenntnisse über die italienischen Gangster hatte, die in Stockholm Mafiosi spielten. Rune Jansson war sich aber sicher, daß er sich selbst melden sollte, sobald sich bei der Aufklärung des Mordes an Lasse Holma auch nur die kleinste Neuigkeit ergab. Rune Jansson hatte nichts gegen diese Arbeitsweise einzuwenden. Um so besser, wenn man sich gegenseitig einen Gefallen tun konnte. Erstens hatte er in seiner ursprünglichen Angelegenheit bedeutend mehr Glück gehabt, als er hatte erwarten können. Zweitens konnte es wirklich nicht schaden, in einer Ermittlung, die sich offenbar auf Waffenschmuggel beziehen konnte, Zugang zu militärischem Fachwissen zu erhalten. Er beschloß, den beiden vorläufig Festgenommenen, gegen die schon bald Haftbefehl ergehen würde, möglichst schnell alle Details über das Aussehen des Schmuggelguts abzupressen und Carl diese Erkenntnisse sofort zu übermitteln, selbst wenn es gegen diese oder jene Dienstvorschrift verstieß.
    Carl hatte sehr schnell eine Reihe von Entscheidungen getroffen. Als Rune Jansson ihm zum Abschied die Hand gegeben und die Tür hinter sich zugezogen hatte, telefonierte er schon mit Luigi Bertoni-Svensson. Luigi erhielt Befehl, sich bis zum Nachmittag des nächsten Tages von allen anderen Arbeiten freizumachen und sich für weitere Anweisungen in Rosenbad einzufinden.
    Carl sah auf die Uhr. Er seufzte, nahm den Hörer ab und erkundigte sich bei der Sekretärin des Ministerpräsidenten nach der nächsten Möglichkeit zu einem persönlichen Gespräch, einem Gespräch, das wichtig genug war, alle anderen Termine abzusagen.
    Falls überhaupt, erklärte die Sekretärin, sei es in einer Dreiviertelstunde möglich. Dann werde der Ministerpräsident heraufkommen und sich für ein Essen im Außenministerium umziehen. Da gebe es vielleicht zehn Minuten Zeit. Carl versicherte, die Angelegenheit sei wichtig genug. Anschließend rief er Tessie an und entschuldigte sich wegen seiner Verspätung, versprach aber, auf jeden Fall zu kommen und sie wie verabredet abzuholen. Dann ging er zu seinem Schreibtisch, zog einen Notizblock hervor, kritzelte darauf herum und dachte eine Zeitlang laut nach. Er hatte dort oben im Norden ständig das Gefühl gehabt, daß alles viel zu leicht ging. Diese armseligen und ausgepumpten Schmuggler waren von Anfang an zum Tode verurteilt gewesen. Sie hatten nie eine Chance gehabt. Irgendein Politiker irgendwo, vermutlich in Moskau, hatte außerdem die Idee ausgebrütet, alle Spuren von ihnen zu verwischen. Andere Politiker hatten sich dieser Idee angeschlossen, und dann hatte man nur noch ein paar militärische Handlanger wie Carl und Åke hinzuzuziehen brauchen, die die widerliche Dreckarbeit erledigten.
    Dann hatte Boris Jelzin mit einem Federstrich alles geändert. Eine Laune dieses Mannes, und plötzlich war es gar nicht mehr so notwendig gewesen, Menschen abzuschlachten und zu verbrennen. Man hätte sie ebensogut in Hubschraubern abtransportieren, ins nächste Gefängnis werfen und dann vor Gericht stellen können. Nun ja, die Todesstrafe hätten sie ohnehin bekommen, aber das wäre ein Tod nach Recht und Gesetz gewesen, dazu mit viel Publizität. Es wäre jedenfalls ein anderer Tod gewesen als der, den sie hatten erleiden müssen.
    Ein Tod ist wie der andere, versuchte Carl sich einzureden. Für einen Menschen, der erschossen werden soll – die häufigste Todesstrafe in der Sowjetunion war Tod durch Erschießen gewesen, und vermutlich wurden Hinrichtungen auch in Rußland so vorgenommen –, spielt es wohl keine große Rolle, ob er nach Recht und Gesetz erschossen wird oder nicht. Und was nach dem Tod mit dem Körper geschieht, kann für den Betroffenen auch nicht sonderlich von Bedeutung sein. Und für diese Politiker in Moskau und Washington war es wohl kaum einen Gedanken wert gewesen, wie sich die militärischen Handlanger fühlten, die man für die Ausführung dieser Befehle angefordert hatte.
    Im Grunde waren dies Nebensächlichkeiten. Es waren Gedanken und Erinnerungen, die sich unwiderstehlich aufdrängten, aber trotzdem waren sie unwesentlich.
    Wichtig und entscheidend war etwas anderes, und es war leicht zu erkennen. Ein rundes Dutzend Menschen waren als Lockvögel ausgewählt worden. Sie sollten nach Erledigung ihrer Aufgabe vernichtet werden, damit sich keine Spur von ihnen zu ihren Auftraggebern

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