Der einzige Sieg
selbstverständlich«, stimmte Carl gegen seine Überzeugung zu. »Aber bei der Überlegung könnte es auch Nuancen gegeben haben. Ich habe den Eindruck gewonnen, daß die Leute, die sozusagen draußen auf offenem Feld operierten, nur Lockvögel waren.
Man hatte sie vom Start bis zum Ziel im Visier, und ihr Vorhaben war in Wahrheit vollkommen aussichtslos. Aber während wir und andere uns intensiv mit diesem Problem befaßten, hatte die Multbeerenladung grünes Licht.«
»Ein Ablenkungsmanöver also«, stellte der Ministerpräsident fest.
»Genau!« sagte Carl und machte den Eindruck, als hätte er sich die Schlußfolgerung des Ministerpräsidenten nach kurzem Nachdenken zu eigen gemacht.
»Kann es sein, daß sich die Ladung noch in Schweden befindet?« fragte der zweite Berater des Regierungschefs.
»Das glaube ich nicht«, erwiderte Carl. »Nach Auskunft der Polizei verließ die Ladung Schweden am 23. Dezember, und zwar per Schiff von Varberg.«
»Läßt sich das Schiff bis zum Bestimmungsort verfolgen?«
»Normalerweise ist das nicht schwierig, denn alles wird irgendwo registriert. Aber in diesem Fall frage ich mich, ob das Schiff Varberg nicht einfach verlassen hat, um sich dann in Luft aufzulösen.«
Die Gesichter der anderen waren ein einziges Fragezeichen. Carl fühlte sich aufgefordert fortzufahren, als er sah, daß der Ministerpräsident keine Erklärung zu geben gedachte.
»Schiffahrtsregister, Ausfuhrpapiere, Lloyds Register in London, Interpol, bestimmte Nachrichtendienste, vor allem der britische, wenn es um Schiffsverkehr geht. Es gibt viele Möglichkeiten.«
»Wird unsere Polizei in der Lage sein, diese Aufgabe allein zu lösen?« fragte der Ministerpräsident.
»Möglicherweise, aber sicher ist es nicht«, erwiderte Carl.
Er wollte gerade vorschlagen, Samuel Ulfsson könne diesen Auftrag erhalten und die Informationen über die britischen Kontakte des Nachrichtendienstes einholen, bremste sich aber gerade noch rechtzeitig, bevor ihm die Worte aus dem Mund schlüpften und etwas zerstörten; dieser Vorschlag war viel zu gut.
»Kann unser Nachrichtendienst in dieser Hinsicht etwas beitragen?« wollte der Ministerpräsident wissen.
»Ja, ohne Zweifel«, sagte Carl kurz.
»Gut, dann kümmerst du dich darum!«
»Verstanden. Soll ein eventuelles Ergebnis an die ermittelnde Polizei weitergeleitet werden?«
»Das werden wir sehen, wenn wir ein Resultat in der Hand haben.«
»Ja, verstanden.«
»Aber ihr müßt darauf achten, daß ihr diese Untersuchungen mit der gebotenen Diskretion anstellt.«
»Ja, das versteht sich von selbst«, erwiderte Carl und mußte sich Mühe geben, über diese außerordentlich überflüssige Ergänzung des Befehls nicht zu lächeln.
Die allgemeine Diskussion ging noch fast eine halbe Stunde weiter. Carl äußerte sich mit größter Behutsamkeit und achtete peinlich darauf, keine intelligenten Schlußfolgerungen zu ziehen, es sei denn auf direkten Befehl des Ministerpräsidenten. Bei ein paar Gelegenheiten versuchte er, mehrere Erläuterungen gleichzeitig zu liefern, so daß der Ministerpräsident nur zwei und zwei zusammenzuzählen brauchte. Es lief wie am Schnürchen.
Anschließend machten sie eine kleine Pause, vertraten sich die Beine und bestellten Kaffee. Solange sich die Sekretärin und anderes Personal im Zimmer aufhielten, wurde ein allgemeines politisches Gespräch geführt. Carl sah keinerlei Anlaß, sich daran zu beteiligen. Es ging um den künftigen Wohlstand des Landes, eine zwangsläufige Folge der Tatsache, daß reiche Menschen künftig nicht mehr so viele Steuern zu zahlen hatten.
Als sich die Runde wieder zusammensetzte, mußte über konkrete Maßnahmen gesprochen werden. Carl erkannte, daß die erste Frage seinen Absichten zuwiderlief. Es ging darum, wie man die beiden ausländischen Regierungen informieren sollte, die ohne jeden Zweifel ein Recht auf Informationen hatten, nämlich die russische und die amerikanische.
Das sollte über die Kanäle der Nachrichtendienste erfolgen, dachte Carl. Er sagte jedoch nichts und mußte bald erkennen, daß der Ministerpräsident auf etwas anderes zusteuerte. Es endete damit, daß man beschloß, den Staatssekretär des Außenministeriums nach Moskau und Washington zu schicken. Er sollte die Botschaft des schwedischen Ministerpräsidenten persönlich überbringen.
Die nächste Frage war verwickelter. Es war offenkundig, daß die schwedische Seite über polizeiliche Informationen verfügte, die von großer
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