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Der eiserne Gustav

Der eiserne Gustav

Titel: Der eiserne Gustav Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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schlecht genährt, wie all diese Kerle, die jetzt aus Deutschland kamen und Amsterdam überschwemmten.
    Der Bengel behauptete, vom Freund des Herrn aus Berlin zu kommen und seine Botschaft nur unter vier Augen überbringen zu können. Erich Hackendahl nahm den Mann mit auf sein Zimmer. Dort entledigte sich der Bursche ohne ein weiteres Wort seiner Jacke und holte aus deren Futter einen vielfach zusammengefalteten Zettel, den er Erich hinhielt …
    Erich nahm den Zettel zögernd, faltete ihn auseinander und las in Maschinenschrift die Botschaft, daß die Reichsbank in drei oder vier Tagen die Stützungsaktion der Mark aufgeben würde und daß Erich mit allem, was er habe, in die Baisse gehen solle. »Jetzt kommt es, wie ich gesagt habe.«
    Erich gab dem Burschen einen Zehnguldenschein und versprach ihm noch weitere hundert, wenn der Zettel ihm Glück bringen würde. Er solle in einer Woche wieder nachfragen …
    In dieser Nacht schlief Erich nicht. Immer wieder überlegte er, was er tun sollte. Konnte dies nicht der Augenblick sein, in dem der Freund sich rächen wollte? Nichts auf der Börse hatte bisher auf einen Marksturz schließen lassen. Die Mark war in den letzten vier Wochen langsam gefallen, aber sie stand immer noch höher, als sie Ende Januar gestanden hatte. Wenn er, wie die Weisung lautete, mit allem, was er hatte, in die Baisse ging, und die Mark blieb fest, der Freund hatte ihn hereingelegt – er schauderte.
    Der Ausweg, auf den er schließlich kam, war recht bezeichnend für Erich. Er selbst wartete erst einmal ab, legte aber das ihm vom Freunde anvertraute Geld in einem Baisse-Engagement der Mark an. Roest riet dringend ab: »Die Deutschen halten durch an der Ruhr! Die Mark is wie Eisen!« rief der Bankier. Aber Erich war auch wie Eisen – und wagte das Geld des Freundes.
    Zwei Wochen später verfluchte er sich. Die Stützungsaktion war aufgegeben, die Mark war gefallen. Er hatte mit dem Gelde des Freundes fünfzigtausend verdient, aber er hätte eine halbe Million verdienen können! Der Freund war wirklich Freund gewesen – und er Esel hatte ihm mißtraut! Wenig Trost war ihm die beflissene Achtung, die ihm Herr Roestzollte: »Hat er mehr gewußt, der junge Goi, als die ganze Börse in Amsterdam! Hätt er mir gegeben einen Wink, ich hätt ihn mitgenommen – wir stünden da – so!!!«
    Und Herr Roest trocknete sein schweißtriefendes Gesicht mit einem seidenen Taschentuch.
    Aber von diesem Tage an kam doch Leben in Erichs Geschäfte. Die Telegramme aus Berlin meldeten eine ständige Verschlechterung von Doras Befinden. Und Erich mißtraute ihnen nicht mehr, mißtraute nicht weiter dem Freunde, dagegen mißtraute er kräftig der eigenen Zaghaftigkeit. Es kam nur noch darauf an, abzuschätzen, wie rasch die Mark fiel – und auch darüber gab es Botschaften aus Berlin, meistens durch Telegramme, oft durch Boten …
    Ende Juli war Erich Millionär – aber das war nichts, eine Million, Roest lag jetzt mit fünfzehn auf der Börse! Im August, als die Regierung Cuno gestürzt und durch das Kabinett Dr. Stresemann ersetzt wurde, als wieder freundliche Töne gegenüber Frankreich laut wurden und der Dollar von einer auf zehn Millionen Mark stieg – hatte Erich fünf Millionen Goldmark voll!
    Aber es hatte Nerven gekostet! Er schlief nur noch mit Schlafmitteln, mochte überhaupt nicht mehr zu Fuß gehen, ungern sprechen. Er saß zwei Stunden beim Essen und sprach den Börsenjargon vollendet. Die Makler begegneten ihm achtungsvoll, die Bankiers fragten ihn kameradschaftlich nach seiner Ansicht über Devise Oslo … Sein Kopfhaar wurde sehr dünn …
    Aber all dies war nur ein Anfang – der Taumel begann erst. Im September wurde der passive Widerstand an der Ruhr abgebrochen, in drei Wochen stieg der Dollar von 20 auf 160 Millionen Mark! Erich wußte nicht mehr, wieviel er besaß, der Hauptteil seines Vermögens steckte in Engagements, ständig änderten sich die Kurse. Manchmal raffte er sich auf und rechnete, aber er verwirrte sich, die endlosen Zahlenkolonnen ermüdeten ihn, er gab es auf …
    »Nun mache ich aber Schluß …«, schwor er sich. »Nur noch …«
    Erich Hackendahl war immer ein Baissier gewesen; er hatte sein Vermögen dadurch verdient, daß er an den Fall der Mark glaubte, an den Untergang der deutschen Währung, Deutschlands. »Nie wieder nach Deutschland«, sagte er oft. Und alle gaben ihm recht.
    Aber er wußte, einmal mußte die Mark fest werden, irgendwie würde sie stabilisiert

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