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Der eiserne Gustav

Der eiserne Gustav

Titel: Der eiserne Gustav Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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anzusehen. Er hatte das Gefühl, daß er das nie würde nachholen können.

15

    Um dieselbe Zeit etwa, da Erich Hackendahl in seine Heimatstadt Berlin zurückkehrte, traf auch Heinz Hackendahl, von einer kürzeren Reise kommend, wieder in Berlin ein. Erhatte seine Schwägerin Gertrud mit den beiden Jungen nach der Insel Hiddensee gebracht.
    Während Erich Schlachten um Millionen geschlagen hatte, um Goldmillionen, und besiegt worden war, hatte Heinz mit Papiermillionen gekämpft; es wurde, trotz Tuttis unermüdlicher Hilfe, immer unmöglicher, das Brot für vier Münder heranzuschaffen – dieses Brot, das, anders als im Kriege, jetzt in allen Bäckerläden bereitlag, man mußte nur Geld haben, es zu kaufen.
    Als schließlich eine Besichtigungsreise nach Hiddensee nicht ungünstig verlaufen war, als mit Kartoffeln in der Miete, einer Kuh im Stall, drei Schweinen im Koben die Ernährung der ewig hungrigen Jungen sichergestellt schien, war die Übersiedlung erfolgt.
    Am Abend vor seiner Abreise hatten Tutti und er noch am Strande auf einem Fischerboot gesessen: Die Jungen, müde vom Tollen in der ungewohnten Meeresluft, schliefen längst.
    »Ach, das tut gut«, sagte Tutti, zusammenschauernd im Wind.
    »Ein bißchen kühl, was?« fragte Heinz.
    »Aber es ist sauberer Wind, und es ist saubere Kühle!« rief Tutti, glücklich, wieder daheim zu sein.
    »Das sicher! Du wirst aber mächtig auf Gustav aufpassen müssen, der bekommt zu leicht was im Hals!«
    »Ach, hier wird man doch nicht richtig krank. Auf dieser Insel ist noch nie ein Doktor reich geworden.«
    »Du mußt aufpassen, sage ich dir, Tutti«, rief Heinz energischer.
    »Selbstverständlich«, antwortete sie. »Ich denke doch nie an etwas anderes als an die Kinder, Heinz.«
    Sie hatte natürlich recht, es war Unsinn, sie zu erinnern. Sie hatte nie an etwas anderes gedacht als an die Kinder. Er sagte: »Wenn ihr nur noch ein halbes Jahr in Berlin geblieben wäret, Tutti, hätte ich erreicht, daß Vater sich die Kinder angesehen hätte.«
    »Es ist nicht so wichtig, Heinz.«
    »Nicht für dich und nicht für die Kinder«, gab er zu. »Aber für Vater wäre es vielleicht wichtig gewesen. Vater hat überhaupt keine Freude mehr.«
    Eine Weile schwiegen beide. Es war nun fast ganz dunkel geworden, nur über dem rauschenden Wasser lag es wie eine neblige Helle, und dann kam in sehr kurzen Zeitabständen der blendendweiße Lichtblitz des Leuchtturms auf Arkona und der mehr rötliche, ruhige Schein des Turmes Bahöft.
    Beide dachten an den alten Mann, der sich an einem schlimmen Tage tapfer gehalten hatte, sehr tapfer …
    »Wirst du manchmal nach Eva sehen?« fragte Gertrud Hackendahl.
    »Selbstverständlich. Sooft es geht.«
    »Ich werde ihr schreiben von hier. Auch ein Paket schicken, wenn wir geschlachtet haben.«
    »Ich werde nachfragen, ob das sein darf. Die haben da Bestimmungen …«
    »Wir werden kurz vor Weihnachten schlachten; zu Weihnachten darf es bestimmt sein!«
    »Das ist nicht sicher. Du mußt immer denken: Zuchthaus! Zuchthaus ist das Strengste, was es gibt!«
    Wieder schwiegen sie.
    Schließlich sagte Gertrud gedankenvoll: »Zwei Jahre – wenn man hier draußen ist, kommt es einem nicht so viel vor. Aber drinnen muß es einem wie eine Ewigkeit sein.«
    »Ohne Vater wären es fünf oder sechs geworden.«
    »Du weißt ja, Heinz, ich mag Vater nicht, schon wegen Otto. Ich kann nie vergessen, wie er zu Otto war … Aber wie er dastand vor Gericht, und die anderen haben immer alle Schuld auf Eva geschoben, und sie hat zu allem bloß ja gesagt – wie Vater da aufgestanden ist: ›Das Mädel war gut, bloß schwach, der Kerl aber ist nur schlecht …‹ Und wie der Anwalt gegen ihn anging, da war er richtig eisern, Heinz!«
    »Das war er. Und wie er zu dem Anwalt gesagt hat: ›Wenn das Mädel wirklich so schlecht wäre, würde sie nicht zu allemja sagen, was Sie von ihr wollen. Sie nimmt den schlechten Kerl in Schutz, der aber will sie nur in den Dreck reißen …‹«
    »Von da an haben sie sich in acht genommen.«
    »Vater hat’s geschafft, daß sie den Bast am höchsten verdonnert haben, nicht die Eva …«
    »Ja«, sagte Tutti. »Der hat nun seine acht Jahre weg … Ob sie dann wirklich frei ist von ihm, wenn er rauskommt?«
    »O Gott!« rief Heinz. »Acht Jahre! Wer kann so weit voraus denken! In acht Jahren haben wir 1931, was wird da sein?!«
    »Hoffentlich wird’s da ein bißchen besser sein.«
    »Ja. Wenn wenigstens das Geld in Ordnung käme. Du

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