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Der eiserne Gustav

Der eiserne Gustav

Titel: Der eiserne Gustav Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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schön, hier Ihr Geld, Ihre Zinsen – wenn Sie einmal wieder wollen, beehren Sie bitte uns!«
    »Nie beleidigt sein, meine Herren!« bat Herr Doktor Hoppe. »Kein Mißtrauen krummnehmen. Die Leute vertrauen uns ihre sauren Spargroschen an – sie haben ein Recht auf Mißtrauen. Immer freundlich und entgegenkommend, und in Zweifelsfällen lieber gegen die Bank als gegen den kleinen Mann!«
    Es war wirklich erstaunlich, wie sie kamen, wie sie vertrauten, wie sie Geld brachten! Ja, sie vertrauten weder der Regierung noch bedeutenden Wirtschaftsführern, sie mißtrauten den Banken und Sparkassen – aber hier vertrauten sie! Sie standen erst zögernd in der Halle, sie sahen sich die Menschen an, die vor den Schaltern standen und hinter den Schaltern saßen. Sie betrachteten die Stöße Papiergeld, die der Kassierer neben sich aufgebaut hatte. Sie waren gereizt, ärgerlich, mißtrauisch, wenn sie um Auskünfte baten. Aber plötzlich sagten sie: »Na schön, dann werde ich mal hundert Mark einzahlen …«
    Sie kamen mit den kleinsten Beträgen, sie kamen mit Zehnmarkscheinen, mit Fünfmarkstücken, mit Rentengroschen. Nicht die kleinste Einlage durfte zurückgewiesen werden. Darauf hielt Herr Hoppe. Und der kleinste Kunde mußte genauso höflich behandelt werden wie der allergrößte! Es warnicht etwa so, daß Doktor Hoppe sein Allerheiligstes nur für die fetten Kunden verließ. Nein, gerade zu den Arbeitern, die zehn Mark von ihrem Wochenverdienst ablieferten, stellte er sich, redete mit ihnen, prustete ihnen sein Haha ins Gesicht.
    Natürlich waren all diese Leute darum so mißtrauisch, weil sie ein schlechtes Gewissen hatten. Es waren die Zeiten, da Banken und Sparkassen ihren Einlegern zehn und auch zwölf Prozent Verzinsung boten – hier aber sollten sie sechsunddreißig, ja, bis zu sechzig Prozent Zinsen im Jahr bekommen! Es konnte nicht mit rechten Dingen zugehen, es konnte nicht stimmen!
    Die Gier schlug eine Schlacht in ihnen mit dem Mißtrauen, endlich siegte die Gier, und sie brachten ihr Geld. Aber schon auf dem Heimwege fing das Mißtrauen an, wieder in ihnen zu nagen. Dann saßen sie wohl wach im Bett und grübelten und bedachten, daß sie schon einmal um all ihre Ersparnisse gebracht waren und daß sie sich geschworen hatten, keinem Menschen mehr zu trauen. Und am nächsten Morgen waren sie mit dem frühesten wieder da, sie murmelten Entschuldigungen, sie hätten es sich anders überlegt, oder sie logen, die Frau sei plötzlich krank geworden, und sie brauchten das Geld für eine Operation …
    Und dann bekamen sie ihr Geld zurück, anstandslos, mit den Zinsen für einen Tag, oft nur Pfennigen. Und sie, die ein schlechtes Gewissen hatten, wurden frisch und frei angelächelt. »Aber bitte sehr! Es ist ja Ihr Geld, nicht wahr? Wenn Sie wieder einmal etwas anlegen möchten, bitte sehr!«
    Es gab einen Mann in einem grünen Lodenmantel mit strubbligem Haar, der kam jeden zweiten Tag. Sein Kontoführer tobte. Tausend Mark einzahlen – abheben (mit Zinsberechnung). Einzahlen, abheben (mit Zinsberechnung).
    »Nun, nun«, sagte Herr Doktor Hoppe beruhigend. »Er wird sich schon geben, Krambach. Und er macht Ihnen das Zinsenrechnen bei der runden Summe eigentlich doch verdammt einfach, haha!«
    »Aber er ist heute das elftemal dagewesen«, klagte Krambach.»Ich kann ihn schon nicht mehr sehen! Und vor allen nicht riechen – der Mann muß hauptsächlich von Knoblauch leben, Herr Doktor!«
    »Knoblauch soll sehr gesund sein«, meinte Herr Doktor Hoppe. »Fragen Sie ihn doch mal, wogegen er ihn nimmt! So eine Frage macht die Leute gleich zutraulicher.«
    Aber der Lodenmantel wurde nicht zutraulicher, im Gegenteil, er wurde noch mißtrauischer. Es kam der Tag, da er am Morgen um neun Uhr seine tausend Mark einzahlte, sie aber am Abend schon wieder abholte – und einen Tag Zinsen beanspruchte.
    »Tut uns leid, Herr Lemke«, sagte Krambach bedauernd »Aber Zinsen dieses Mal, nein! Wir bedauern unendlich!«
    »Ich habe einen Zinsanspruch!« rief Herr Lemke erregt und roch noch stärker nach Knoblauch. »Ich habe Ihnen mein Geld anvertraut …«
    »Über Nacht müssen Sie es uns schon lassen, Herr Lemke Vierundzwanzig Stunden muß es schon hierbleiben. Sehen Sie mal, Ihr Geld hat noch nicht bei uns gearbeitet …«
    »Gearbeitet!« Herr Lemke erfüllte die Schalterhalle mit seinem Geschrei, was die Angestellten unbedingt zu vermeiden hatten. »Mein Geld! Für Sie gearbeitet! Ihr sollt für mich arbeiten …! Ihr habt

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