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Der eiserne Gustav

Der eiserne Gustav

Titel: Der eiserne Gustav Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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semmelblonder, dünner Mann mit Monokel …
    »Herr Doktor«, sprach ihn sein Angestellter Menz an. »Entschuldigen Sie, das ist ein Kollege von mir, Herr Dahlhacke, auch von der Bank. Er ist grade frei geworden, mächtigtüchtig, glänzende Zeugnisse … Wenn es sich noch machen ließe, Herr Doktor?«
    »Was denn machen? Immer soll ich machen. Und ihr macht gar nichts, für mein gutes Geld! Was können Sie denn machen, Herr Dahlhacke?«
    Heinz verzichtete erst einmal auf einen Protest gegen seinen neuen Namen. »Ich habe alle bankmäßigen Arbeiten gelernt. Meine Zeugnisse …«
    Er griff in seinen Busen …
    Herr Hoppe winkte ab. »Gebe gar nichts auf Zeugnisse – zeugen können se alle … Haha!« Er lachte Hackendahl explosiv ins verdutzte Gesicht. »Geistesgegenwart haben Sie nicht viel, Herr Dahlhacke«, sagte er unzufrieden. »Bei mir muß ein junger Mann energisch sein. Er muß auch mal einen Kunden abwimmeln können! Raussetzen muß er ihn können!«
    »Das haben wir in den letzten Monaten reichlich bei unserer Bank tun müssen, Herr Doktor.«
    »Na also!« sagte Herr Hoppe. »Sind Sie verheiratet? Schön. Ich mag das gerne, wenn meine Leute verheiratet sind. Ich selbst bin Junggeselle. Kinder …? Sie erwarten? Großartig, habe noch nie’n jungen Mann gehabt, der erwartet! Hahaha!« Wieder ins Gesicht geprustet. »Also denn zum Ersten! Herr Tietz, Herr Dahlhacke ist engagiert zum Ersten, zweihundert Eier Anfang, alle halbe Jahre um fünfzig steigend, bis zum Höchstsatz von zweihundert. Hahaha!«
    Plötzlich mürrisch, starrte Herr Hoppe seinen neuen Angestellten an. »Aber ’n anderen Schlips binden Sie gefälligst bei mir um, Dahlhacke. Mit so viel Rot, das geht hier nicht. Wir sind hier neutral …«
    Er verschwand durch die Tür in sein Allerheiligstes.
    »Der is wohl ein bißchen …?« fragte Hackendahl voll Mitleid.
    »I wo! Der Junge gibt nur an! Das ist ein ganz schlauer Hund!«
    »Aber der ist doch nicht aus dem Bankfach?!«
    »Ihre Sorge! Wenn der man blecht! Seien Sie froh – zweihundert Piepen! Und er zahlt netto – keine Abzüge!«
    »Na also!« sagte Heinz Hackendahl gedankenvoll.

6

    Es war wirklich ein seltsamer Laden, in den Heinz Hackendahl da geraten war, und blieb es auch, nachdem die Firma ihren Umzug in die höchst vornehmen Räume an der Friedrichstraße gehalten hatte. Die Frage freilich, ob der Inhaber der Firma, Herr Hoppe (& Cie. trat nicht in Erscheinung) verrückt war, entschied Heinz schon nach wenigen Tagen ganz im Sinne des Kollegen Menz: Herr Hoppe dachte nicht daran, verrückt zu sein, Herr Hoppe war ein schlauer Hund, ein helles Aas!
    Damit war er freilich der Lösung der Frage, was Herr Hoppe wirklich war, nicht näher gekommen. Noch einmal konnte er negativ antworten: Herr Hoppe war keinesfalls ein Bankfachmann. Um dies zu entdecken, brauchte man aber keinen Scharfsinn. Herr Hoppe machte nicht den geringsten Hehl daraus, daß er keine Ahnung vom Bankwesen hatte.
    »Ihr Bankhengste«, pflegte er zu sagen, wenn ihn ein Angestellter wegen einer Buchung bedrängte, »ihr Zahlenwallache! Von meinswejen verbucht das Debet per Saldo ins Kredit, die Hauptsache, der Laden funkt! Hahaha!«
    Abschließendes Prusten in irgendein Gesicht.
    Wie es schien, hatte Herr Doktor Hoppe (völlig ungewiß, ob er je einen Doktor gemacht hatte, aber auf den Doktortitel legte er Wert!) eine in der Inflation verkrachte kleine Bankfirma erworben und rüstete sich nun, da die Großbanken sorgenvoll nach Kunden ausschauten, für sein Liliputbänkchen seinerseits Kunden zu fischen. Heinz Hackendahl erfuhr, daß kurz vor der Übersiedlung in die Friedrichstraße einige tausend sehr persönlich gehaltene Schreiben versandtworden waren, die den Adressaten dringend rieten, ihre Gelder bei Hoppe & Cie. anzulegen …
    Die weiter laufende Versendung dieser Werbebriefe, das Bestimmen der Empfänger schien eine der wichtigsten Aufgaben des Herrn Hoppe zu sein. Umringt von Dutzenden deutscher Adreßbücher saß er in seinem Allerheiligsten, fern war ihm die Neigung, Scherze zu machen oder Haha zu prusten. Weise Worte sprach er zu seinen Angestellten, während sie die Adreßbücher absuchten: »Denken Sie immer daran, meine Herren, wir wollen eine jungfräuliche Kundschaft interessieren. Herrschaften, die bisher noch nicht mit Banken zu tun gehabt haben. Leute, die das Vertrauen zu ihren Sparkassen verloren haben, Männer, für die Aktien, Kuxe, Obligationen unbekannte Dinge sind – kurz, den kleinen

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