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Der eiserne Gustav

Der eiserne Gustav

Titel: Der eiserne Gustav Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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nicht mal probieren? Nur ein einziges Mal, bitte, bitte, Mutti!«
    Und nun, als Ende, das nie aufhörende Betteln, um ein Stückchen Brot, ein Scheibchen, eine halbe Scheibe, ach, eine Rinde nur …
    Eiseskälte aus dem, was sie reden, wie aus dem, was man denkt. Man kann es anfangen, wie man will …
    Aber jetzt braucht man nicht mehr zu denken. Die Frau vor Gertrud Gudde sagt aufgeregt: »Er zieht schon die Rolläden hoch! Wenn mir bloß nicht wieder einer in die Holzpantinen tritt! Das letztemal habe ich fünfzehn Plätze dadurch verloren. Passen Sie ein bißchen auf, junge Frau, ja?«
    Und dann kommt der Ansturm – natürlich ist kein Schutzmann da. Die gehen gerne in großem Bogen um solche Ansammlungen herum, schon damit sie nicht hören müssen, was die Frauen alles reden! Die Woge der Stürmenden faßt Gertrud Gudde, trägt sie mit sich, wirbelt sie in die Ladentür … Einen Augenblick meint sie, ihr Arm bricht – so sehr wird er gegen den Türrahmen gepreßt. Aber nun ist sie schon durch die Tür – o Glück, die Woge preßt sie direkt gegen den Ladentisch als eine der ersten …
    »Na, wieviel denn, junge Frau?« fragt der dicke Meister.
    »Was ich kriegen kann …«
    Und schon wird ihr ein Stück Schweinekopf über den Tisch zugeschoben, sie staunt, sie sieht die weiße bleiche Haut an, das tief rote, stark durchblutete Fleisch: ein Stück Schweinebacke, fast zwei Pfund Fett und Fleisch! Eilig geht sie, mit gesenktem Kopf, die Tasche eng gegen die Brust gedrückt, schiebt sie sich durch die anderen, die noch nichts haben, die vielleicht ohne alles werden abziehen müssen – die Armen!
    Sie lächelt selig. Frühes Aufstehen, Kälte, Warten, Verzweiflung – alles ist vergessen: Sie hat ein großes Stück Schweinebacke, fast zwei Pfund Fleisch und Fett!
    Sie eilt die Treppen hinauf. Aber hier, direkt vor ihrer Wohnungstür, stutzt sie. Die Freude verfällt. Sie legt der hockenden Gestalt die Hand auf die Schulter.
    »Was ist denn, Eva?«
    Eva hebt ein verschwollenes, rotes Gesicht. »Vater hat mich rausgeschmissen, Tutti«, flüstert sie. »Kann ich zu dir reinkommen?«
    »Gerne«, sagt Gertrud Gudde und schließt die Wohnungstür auf.

3

    Der Aufschwung, den die neuen Pferde Gustav Hackendahl gegeben hatten, war längst wieder vorüber. Mit den Pferden war die Sorge um die Kutscher gekommen und hatte nie aufgehört. Diese Kerle, die man da auf den Bock gesetzt hatte, die nichts von Pferden verstanden, die nicht fahren konnten, die keine Straße wußten, denen es ganz egal war, ob sie Fahrgäste hatten oder keine, die Hauptsache, am Abend gab’s den Garantielohn – diese Kerle, uralt oder ganz jung, hatten den alten Hackendahl halb zu Tode geärgert.
    Und zu der Sorge wegen der Kutscher war die Sorge um das Futter gekommen. Ja, so lange man noch Hafer auf dem Boden zu liegen hatte, konnte man gut sagen: Es sind ja nur Russenpferdchen, und zur Not leben sie auch von Stroh. Als dann aber wirklich die Futternot anfing, als die Bezugscheine nie reichten, als den Pferden rationiert wurde wie den Menschen, da mußte man zugeben: Jawohl, vielleicht können sie wirklich nur von Stroh leben, aber dann tun sie eben nichts, dann stehen sie bloß im Stall. Wenn sie aber arbeiten, dann wollen sie auch fressen! Und sie mußten arbeiten, sie mußten Geld verdienen, alles wurde teurer, und das Geld wurde immer knapper, es wurde so nötig gebraucht!
    Ja, auch mit dem Geld war es knapp geworden im Hause Hackendahl. Viel Bargeld war an Eggebrecht gegangen für die »Katzen«, und was sonst so da war, das hatte Hackendahl für Kriegsanleihe gezeichnet, und nun war es festgelegt. Hätte er es sich damals besser überlegt, er hätte ja nicht alle Ersparnisse in Kriegsanleihe festlegen müssen. Aber es sollte eine große Summe sein, die der Gustav Hackendahl zeichnete. Und so wurde es eine große Summe. Es schadete ja auch nichts, denn: »Was wir zum Leben brauchen, das bringt der Droschkenbetrieb uns immer ein, Mutter.«
    Aber es sah nicht so aus, als ob er das tun würde, er brachte nichts, und an manchem Freitag, dem Lohntag, mußte Hackendahl kratzen und kratzen, um den Kutscherlohn zusammenzukriegen.Das Geld wurde so knapp, wie es noch nie gewesen war! Man hätte doch zum Beispiel denken sollen, ein Haushalt, in dem zwei Söhne und eine Tochter fehlen, ist billiger als ein Haushalt, in dem sie sich alle Tage mit an den Tisch setzen. I wo, der Haushalt wurde teurer!
    Denn da waren die endlosen Päckchen, die Mutter

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