Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
Vom Netzwerk:
hallte von den Mauern wider. »Kehr um!«
    »Nein!«, rief Horn, der in schwindelerregender Höhe auf der Strickleiter schwankte. »Ich kehre nicht um. Ich habe euch mit Hut, Ranzen und Horn geholfen. Ich habe meine Pflicht getan.« Er löste den Fellranzen, den er auf dem Rücken trug, und ließ ihn fallen. Als er auf den Boden prallte, sprangen die sieben Recken heraus.
    »Wen gilt es zu besiegen?«, fragten sie wie aus einem Mund.
    Sanne griff nach dem Ranzen und klopfte darauf. Die Recken verschwanden. Als sie wieder nach oben sah, war Horn fast am Ziel. Die Frau streckte ihm beide Hände entgegen, und er kletterte in die Kammer. Gleich darauf erschallte ein frohes, zweistimmiges Jauchzen. Die Strickleiter wurde eingeholt, das Fenster geschlossen.
    Sanne stand da, winzig vor dem Bergfried. Dohlen kreisten im Licht der aufgehenden Sonne. Sie krächzten so feierlich, als wollten Horn und Rapunzel auf der Stelle Hochzeit halten.

28. Rumpenstünz
    Helmdag von der Usse führte seine Männer am Welsfluss nach Süden. Ein kalter Wind saß ihnen im Nacken und trieb die Wolken vor sich her. Am Mittag des dritten Tages, es hatte noch keine Feindberührung gegeben, wurden sie von einem Boten eingeholt, der von der Einnahme Rottlands berichtete. Helmdag befahl die Umkehr.
    Seine Männer waren erleichtert: Das Ablenkungsmanöver war beendet, sie waren unversehrt und würden bald zum Rest des Heeres stoßen, das Rottlands Rüstkammern geplündert hatte. Sie sangen Weisen, die von Liebesglück und Liebesleid erzählten, von rauschenden Festen, ruhmreichen Schlachten und wohlbehaltener Heimkehr. Als Wesen der Wilden Jagd über sie hinwegflogen, pfiffen, johlten und lachten sie, denn sie hatten die Streitmacht des Eisernen Königs wieder an der Nase herumgeführt. Abends lagerten sie am Ufer des Welsflusses und brieten Fisch und Wild, und Helmdag ließ Schnaps ausschenken, um die Eroberung Rottlands zu feiern. Man trank und schmauste ausgelassen an den Feuern, aber die Sterne wurden von Wolken verschluckt, und der Mond zeigte sich nur für Momente. In einem Gehölz am Ufer schrien mehrere Eulen wild durcheinander.
    Helmdag stieß mit seinen Rittern an. »Auf den Sieg!«, rief er, und sein Trinkspruch wurde jubelnd erwidert. Im Laufe des übernächsten Tages wäre das Heer wieder vereint; nun war es bestens bewaffnet und hatte dem Ansturm des Feindes etwas entgegenzusetzen. Spät in der Nacht teilte man die Wachen ein und versank in einen wohlverdienten Schlaf.
     
    Aber der Feind war weder besiegt noch sehr fern. Blaubarts Streitmacht, die keine Rast eingelegt hatte, befand sich am Südwestrand der Hohen Heide, anderthalb Tagesmärsche von der Feste der Gografen entfernt. Als Blaubart erfuhr, dass der Gegner umgekehrt war, tobte er. Dann sandte er eine Vorhut aus, die aus der Wilden Jagd, einem Großteil der Karontiden und der Reiterei bestand.
    »Zerschmettert dieses Lumpenheer!«, schrie er. »Vernichtet es bis auf den allerletzten Landmann und Tagelöhner! Man hat mich lange genug genarrt!«
    Die Karontiden stampften durch die Nacht, flankiert von der Reiterei und gedeckt von der Wilden Jagd, die in breiter Keilformation und mit knatternden Schwingen am finsteren Himmel dahinzog.
    In den frühen Morgenstunden traf ein Späher der Wilden Jagd ein. Was er berichtete, nachdem man Blaubart aus dem Bett geholt hatte, war noch schlimmer als sein Anblick – er hatte einen Krötenkörper und das Gesicht eines pickeligen, pausbackigen Knaben, und von seinen Lippen tropfte gelber Schleim. Blaubart stand da wie vor den Kopf gestoßen. Seine Lider zuckten, und sein Unterkiefer mahlte, als müsste er die Wörter in passende Stückchen zerkauen. »Rottland?«, stieß er hervor. »
Mein
Rottland? Erobert? Unmöglich. Es ist uneinnehmbar.« Er schluckte und brüllte dann: » UN-EIN- NEHM-BAR «.
    »Rottland ist gefallen, Herr«, nuschelte das Wesen.
    Blaubart wankte und hielt sich an Grimm fest, der angewidert das Gesicht verzog. »Und meine Weiber?«, flüsterte er.
    »Man hat sie befreit«, erwiderte das Wesen.
    Blaubart schrie, als hätte man ihm einen Dolch in das Herz gestoßen. »Nein!«, rief er. »Nein! Nein! Nein!«
    Das Wesen grunzte und wischte sich Schleim vom Mund.
    »Das heißt, dass die Gografen ihr Heer geteilt haben«, sagte Grimm. »Es bedeutet auch, dass sie jetzt besser bewaffnet sind, denn Eure Rüstkammern waren gut gefüllt.«
    »Oooooh, meine Weiber …«, heulte Blaubart.
    »Sie waren sowieso schon halb tot«,

Weitere Kostenlose Bücher