Der Eiserne König
schön. Wo ist dieses Mädchen?«
»Mir nach!«, rief der Dachs und eilte los.
Grimm wetzte sein Messer, dass Funken stoben.
»Jetzt ist es doch sicher scharf genug«, sagte ein Kultknecht.
»Kostprobe gefällig?«, fragte Grimm und drückte ihm die Klinge gegen die Kehle.
Der Kultknecht wich zurück. »Oh, es ist … tatsächlich noch sehr stumpf«, stieß er hervor.
»Ich werde der Schlampe das Fleisch von den Knochen schälen! Ich werde das Luder auswaiden!«, brüllte Grimm, der wie besessen weiterwetzte. »Vögel! Vögel! Vögel! Diese sieben Raben waren auch Versager!«
Maleens Rücken war von blutigen Striemen bedeckt, und sie verlor allmählich das Bewusstsein. Drei Kultknechte standen mit Gerten in der Hand neben ihr und sahen in Abständen zum tobenden Grimm.
»Ich möchte nicht in ihrer Haut stecken«, sagte einer.
»Sie ist ihre Haut ja bald los«, erwiderte ein zweiter.
Ein Kultknecht hielt auf dem Wolfsfelsen Wache. Andere Knechte sicherten den Heerweg in westlicher und östlicher Richtung, wieder andere passten auf die Pferde auf. Der Rest versuchte, ein Feuer in Gang zu bringen. Die weiße Dame stand immer noch hoch über dem Welsfluss, reglos wie eine Statue, und sah in die Schlucht.
Ameisen, die ihr Nest im Baumstamm hatten, auf den Maleen gebunden war, huschten hektisch durch das Gras. Sie fühlten sich bedroht, weil viele von ihnen von den Kultknechten zertreten worden waren. Die Elstern schackerten in der Ferne, und der Fluss brauste gegen Felsen. Ein großer Fisch tauchte aus der Gischt auf und verschwand wieder.
»He!«, rief der Kultknecht, der auf dem Wolfsfelsen saß. »Ich glaube, ich habe einen Wels gesehen!«
»Bist du besoffen?«, schrie ein anderer. »Im Welsfluss gibt es keine Welse mehr. Das war bestimmt ein Hecht.«
Der letzte Satz wurde vom Brausen des Flusses verschluckt, das immer lauter zu werden schien.
Grimm war endlich zufrieden. »Mein gutes Messer«, flüsterte er. »Mein liebes Messer … Nun wirst du durch Haut, Fleisch und Knochen schneiden wie durch Gänseschmalz … Braves Messer … feines Messer … hübsches Messer.« Er betrachtete die Klinge und leckte sich mit der Zunge über die Lippen.
Mehrere Kultknechte sahen ihn verblüfft an.
»Jetzt könnt ihr lernen, wie man Weiber abbalgt, Männer!«, rief Grimm. »Man beginnt beim Hintern und zieht die Haut bis über die Schultern! Hah! Da zuckt das Fleisch, und die Adern pulsieren!« Er ging zum Baumstamm, wobei er achtlos Ameisen zertrat, riss Maleens Kopf hoch und hielt ihr das Messer vor die Nase.
Sie sah benommen zu ihm auf.
»Diese Klinge«, geiferte Grimm, »wird deine Makel tilgen. Sie wird dich erlösen. Sie …« – er verschluckte sich am Speichel und hustete – »… wird deine Seele aus dem Kerker des Körpers befreien.« Er schüttelte Maleens Kopf an den blonden Haaren. »Hörst du?«, schrie er. »Hörst du?«
»Der Mann ist tollwütig«, flüsterte ein Kultknecht dem neben ihm stehenden Mann ins Ohr.
Grimm ließ Maleens Kopf fallen und fuhr herum. »Was hast du da gesagt, du Lump?«, brüllte er den Kultknecht an. In seiner blinden Wut merkte er nicht, dass Ameisen an seinen Stiefeln hinaufkrabbelten und nach Lücken in Kleidung und Rüstung suchten. »Sag das noch einmal!« Er trat drohend vor den Knecht, den er um zwei Köpfe überragte.
»Herr, ich …«, erwiderte der Kultknecht eingeschüchtert, »… ich habe nichts gesagt.«
»Ich handele im Auftrag der Dame in Weiß«, fauchte Grimm. »Ihr habt mir zu gehorchen. Sie hat mich wieder zum Leben er-weckt. Sie hat mir befohlen, das Mädchen zu häuten, und genau das werde ich tun.« Er starrte den Kultknecht an. Dann schlitzte er ihm mit einer raschen Bewegung die Wange auf.
Der Kultknecht wich schreiend zurück.
»Waschweib«, sagte Grimm höhnisch. Er drehte sich um und wollte wieder zu Maleen gehen. Irgendetwas juckte ihn, und er blieb stehen, um sich zu kratzen. »Gut, gut«, murmelte er. »Schön, schön. Fein, fein.« Er nahm Maleens rotes Kleid und wischte ihr das Blut vom Rücken. Dann setzte er das Messer an. »Ja, hier«, flüsterte er. »Nein, da.« Er schob das Messer höher. Die Klinge schabte über Maleens Haut. Da zuckte er plötzlich zusammen, als hätte ihn etwas gezwickt. Er schlug mit der Faust gegen den Harnisch.
Maleen stöhnte. Sie merkte nicht mehr, was mit ihr geschah.
»Wer ist dieser Verrückte?«, fragte Schwarzborste. Die Tiere hockten am Waldrand im Gebüsch und nahmen die
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