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Der Eiserne Rat

Der Eiserne Rat

Titel: Der Eiserne Rat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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müssen sich in einer Reihe vor dem Zug aufstellen. Gendarmen formieren sich. Der Geschützturm auf dem Ewigen Zug dreht sich.
    O Götter, denkt Judah.
    - Jeder, der bereit ist, die Arbeit wieder aufzunehmen, hebt die Hand, sagt ein Hauptmann. Die Remade sind verwirrt. Er wartet knapp fünf Sekunden, bevor er sich abwendet. Er gibt ein Zeichen, und das Geschütz feuert.
    Eine Granate explodiert mitten unter den Remade. Später wird Judah sich sagen, dass ihre Ladung reduziert gewesen sein muss, damit der Zug nicht von brennenden Splittern beschädigt wird. Im Augenblick des Geschehens aber nimmt er nichts anderes wahr als das Feuer und das Krachen und die blutige Verheerung, wo eben noch Leben war.
    Ein kräftiger, geübter Mottek versenkt einen Schwellennagel mit drei Schlägen. Viele Männer brauchen vier Schläge, Kakti und speziell konstruierte Remade mit dampfverstärkter Körperkraft nur zwei. Besonderen Respekt genießen drei außergewöhnliche Kaktusmänner, die einen Nagel mit einem einzigen Hammerschlag einzutreiben vermögen. Tatsächlich gibt es auch eine weibliche Remade, die es ihnen gleichtut, jedoch bei ihr gilt diese Fähigkeit als grotesk.
    Judah ist ein freier Mottek. Er hat die höchste Stufe in der Hierarchie der Arbeiter erreicht. Aus jedem Nag macht er einen Golem mit dem Befehl, sich in der Erde zu verbergen, sodass er mit jedem Schlag danach strebt, sich einzugraben.
    Er hört das metallene Klingen seines Vorschlaghammers wie die Atemzüge der Stiltspear. Ah ah ah. Ah ah ah. Es treibt ihn zurück zu seinem Voxiterator, um zu lauschen und die Töne zu sezieren, den Rhythmus. Judah sieht Thick Shanks mit jemandem sprechen, ohne den/die Betreffenden anzusehen; er steht mit dem Rücken zum Kral der Remade, ein erneuerter Mann hinter dem Kettenverhau lungert wie zufällig genau dort herum, aber Judah weiß, er hört zu.
    Er ist mit Thick Shanks zusammen, als er Ann-Hari wiedertrifft.
    Judah bemüht sich um die Freundschaft des militanten Kaktusmanns. Sie reden über die Eisenbahn und die abweisende, von Staub und Felsen geprägte Landschaft und die trockene Kälte dieses Spätwinters und über die Gerüchte, die auf der Strecke zu ihnen herkriechen wie Güterwagen. Myrshocks Kolonnen streiken wieder einmal, Cobseas Senat zerfällt mit seiner belanglosen Regelmäßigkeit.
    Sie sitzen an den Lagerfeuern von Fucktown, rauchen und teilen sich Drogen, und einige der Frauen gesellen sich zu ihnen. In den tanzenden Schatten entdeckt Judah Ann-Hari. Sie trägt die zweckmäßige, herausfordernde Dirnentracht; sie erkennt ihn, wie er sie, doch wo er aufspringt und ihren Namen ruft und zu ihr hinläuft, lächelt sie nur.
    Sie duldet, dass er sie begleitet. Ann-Hari, die Prostituierte, ist eine Krankenschwester geworden, eine Organisatorin, eine volkstümliche Madame. Sie ist eine Beraterin geworden, ihre Ungewöhnlichkeit – welterfahren und leichtgläubig in seelsorgerischer Kombination – bewirkt, dass die jüngeren und neueren Mädchen sich an sie um Hilfe wenden. Ann-Hari spricht mit Shaun und mit Thick Shanks. Ann-Hari organisiert und vermittelt.
    Judah belauscht sie bei der Kettenumfriedung. Sie kommt nachts zu einer Stelle, wo die Wächter nicht aufpassen. Dort tut sie, was Thick Shanks getan hat, steht mit dem Rücken zum Zaun, hinter ihr ein Remade, der sich den Anschein gibt, nur zufällig am selben Ort zu sein.
    Da ist noch ein dritter, ein Halbwüchsiger, nicht einmal zwanzig Jahre alt. Ihn hat die Panik hergetrieben, von der Remade manchmal überwältigt werden. Judah tritt näher. In diesen Phasen von psychotischem Selbstekel sind sie im Stande, sich selbst zu verletzen oder andere, und der Junge könnte Ann-Hari zwischen den Ketten hindurch zu packen kriegen. Doch er hört, was sie miteinander sprechen, und verhält den Schritt.
    - Ich sterbe ich sterbe ich halt’s nicht aus sieh mich doch an, sagt der Junge. Er zerrt an den übergroßen Insektenbeinen, die aus seinem Hals wachsen wie ein Kragen, ihn betasten und kratzen. – Ich haue ab.
    - Und wohin?, fragt Ann-Hari.
    -An den Gleisen lang, nach Hause.
    Ann-Haris Kontakt hält Wache. Ein Geflecht aus Schläuchen und Kolben ringelt sich aus seinem Fleisch, ein dampfbetriebenes Skelett in- wie außenwendig.
    - Du folgst den Gleisen.
    - Ich gehe heim. Ich werde einer von den fReemade.
    - Du gehst heim nach New Crobuzon? Ein Remade. Da willst du hin? Oder du wirst ein fReemade? Durch die Gegend streunen wie ein Bandit. Die sind weit weg von

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