Der Eiserne Rat
Eingeborenen!
Fucktown ist nahe. Judah ist kein Gast dort, die gelangweilte Gleichgütigkeit der Dirnen reizt ihn nicht. Er zieht die eigene rechte Hand vor oder das schuldbewusste Gerangel Mann an Mann in halbwegs diskreten Nischen der Natur.
Jede Woche gestattet man auch im Kral der Remade eine Art von Geselligkeit, Saufgelage, in deren Verlauf Remade-Männer sich mit Remade-Frauen vergnügen, unter der Ägide der Aufseher. Judah beobachtet, wie die Remade-Frauen nachher im kalten Fluss gebadet werden, kreischen, wenn sie ins eisige Wasser tauchen und Purgantia trinken, um Schwangerschaften zu verhindern. Ein Wächter hat dabei die Aufsicht. Er ist freundlich zu ihnen. Er versorgt ihre Bissspuren und Blutergüsse und bestraft die Remade-Männer, die allzu brutal sind. – Das gehört sich nicht, wie manche von den Frauen behandelt werden, sagt er.
Der Lohnzug kommt fast nie pünktlich. Ein Tag Warten oder zwei werden mit Murren quittiert, doch manchmal vergeht eine ganze Woche, ohne dass das Geld eintrifft. Dreimal kommt es anlässlich einer solchen Verspätung zum Streik. In einer chaotischen Aufwallung von Demokratie weigern die Schienenleger sich weiterzuarbeiten und blockieren den Zug, bis die Schekel in ihren Taschen klimpern. Sie sind selbst verblüfft von ihrer schieren Masse, ihrer Anzahl. Mehrere Hundert muskelbepackter Männer, aus dieser Menge herausragend die Kaktushünen. Die Freudenmädchen, die Feldscher, Schreiber, Wissenschaftler, Pfadfinder und Jäger kommen, um sich das anzusehen.
Judah steht unter ihnen, fröstelnd vor Aufregung. Seine merkwürdige Teilnahmslosigkeit verfliegt, für einen Moment fühlt er sich eins mit dem Ding in seinem Innern. Eine Intervention, denkt er. Nie ist er bei den ersten, die ihr Werkzeug niederlegen – wie zum Beispiel Thick Shanks der Kaktus, der als Mottek arbeitet und den Judah für einen Sympathisanten des LF hält, oder Shaun Sullervan, der streitlustige Alleskönner –, doch er ist immer bei der zweiten Welle.
Der Streik wird auf dem Rücken der Remade ausgetragen. Die Vorarbeiter verkünden den Streikenden kurz und bündig, es werde jede erdenkliche Anstrengung unternommen, die Gelder herbeizuschaffen. Dann wenden sie sich an die Remade, die für die Streikenden einspringen sollen. Die Ketten tragenden, perfide verstümmelten und umgestalteten Männer wanken unter Schlägen, unter den Kadabras der Aufseher mit thaumaturgischen Fähigkeiten, schwitzen unter dem Gewicht ihrer eigenen Glieder wie unter den Lasten, die sie schleppen.
- Zu verdammt nichts nütze, flucht ein Aufseher und lässt den Knüppel auf einen gestürzten Mann niedersausen, dessen Hände mit Augen gespickt sind.
- Was für einen Sinn hat es, beim zwiegeschwänzten Seibeiuns, mehr Remade zu fabrizieren, wenn dabei jämmerliche Pfauenvögel herauskommen wie du? Jede verfluchte Woche predige ich ihnen, wir brauchen Remade, die für Schwerstarbeit gebaut sind, nicht irgendwelche Spaßfiguren zu ihrer eigenen Belustigung. Hoch mit dir und pack an.
Die freien Männer und Kaktusarbeiter beobachten die Schinderei und können nicht verhindern, dass die Strecke wächst. Sie knirschen mit den Zähnen und machen finstere Gesichter.
- Dämliche Bizarros, brummt ein Kaktusmann.
Auch wenn die Remade ihnen Leid tun, sie können ihnen nicht verzeihen, dass sie ihren Streik unterlaufen. Zu guter Letzt kommt jedes Mal der Lohnzug.
Eine absurde Orgie der Spekulation. Die Finanziers suhlen sich fett in einem Morast aus gestohlenem und erfundenem Geld, Preise für Land und die Anteile des TRT klettern in schwindelnde Höhen. Es wird nicht dauern. Sobald die Renditen spärlicher fließen, sobald der Gestank der Bestechlichkeit bei dem TRT und die geheimen Absprachen mit den Oberhäuptern unserer Stadt nicht mehr zu ignorieren sind, wird sich die Schwäche an der Basis zeigen. Der Reiche, der um seinen Reichtum bangen muss, um seine Pfründe, wird zum Wolf. Wir fordern: Eine Regierung für das Volk, nicht für die eigene Tasche!
Die Remade ziehen eine Grenze. Einer von ihnen stirbt unter den Schlägen der Aufseher. Zwar ist er nicht der erste, dem dieses Schicksal widerfährt, doch er war alt genug und beliebt genug, dass zahlreiche Remade sich am nächsten Tag weigern, die Arbeit aufzunehmen, und dem Toten ein tumultöses Leichenbegängnis bereiten. Die beispiellose Situation wird abgewogen, Depeschen fliegen an der Strecke hin und her.
Die renitenten Remade werden zusammengetrieben und
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