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Der Eiserne Rat

Der Eiserne Rat

Titel: Der Eiserne Rat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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bricht, Waggons krängen, die Triebräder pfeifen, doch behalten Reibung. Bebend wie eine waidwunde Kreatur rollt der Zug in das Land hinter dem Rauchsteingarten.
    - Schneller, schneller!, brüllt Judah den Dirimisten zu, die in Scharen gelaufen kommen, um auf den Zug aufzuspringen. – Kommt schon!
    Himmel und Erde sind nicht so, wie sie sein sollten. Weit weg ertönt ein Geräusch, als würde eine Glocke angeschlagen.
    Die Geoempathin steht bei einer Kluft im Gestein, bei den Pulveraffen, die Lunten zuschneiden. Sie ist mit Erde und Dreck beschmiert, und in ihren Augen flackert noch etwas von der Erniedrigung ihres Kadabras. Aber sie schaut Judah entgegen und nickt, bevor er fragen kann, und zeigt auf den Boden. – Da, sagt sie. – Glaube ich.
    Der Zug bläst Dampf und zischt ungeduldig. – Weiter, weiter, weiter, ruft Ann-Hari aus dem Salonwagen. Wyrmen fliegen wie der Wind über die Steinriffe dorthin, wo bei dem Durchbruch die letzten vom Rat sich gegen den Feind stemmen. Die Remade flüchten. Wie klein sie sind. Sieht es denn niemand? Judah richtet den Blick nach Westen. Sieht keiner den Himmel? Die Landschaft?
    Wie andere, durch die sie gekommen sind, und doch nicht zu vergleichen.
    Was bist du? Meilen entfernt, ein Augenblick Entfernung in dieser weiten, ebenen Gegend – Götter, wir sind in den mittleren Landen, wir befinden uns außerhalb jeder Landkarte, wir sind nirgendwo. Steiniger Boden wird riffelig, kanneliert, als wäre die Erde vergossenes Wachs, unklare Parameter, so sehr Judah sich bemüht, etwas zu erkennen. Der Boden neigt sich außer Sicht. Bäume stehen vereinzelt in der Ebene, aber sie verändern sich, sehen weniger aus wie Bäume, flackern, ist es das? Wie dunkle Flammen flackern sie, Substanz in Phase. Oder liegt es nur am Auge, das sich anstrengen muss, so weit in die Ferne zu sehen, nein, da ist etwas mit diesen Bäumen, oder sind sie etwas ganz anderes? Da ist ein Berg, doch könnte er auch ein Gaukelbild sein, so, wie er flimmert, es könnte ein Grabhügel sein und viel näher, oder ein Staubkorn in Judahs Auge. Nichts ist, wie es sein sollte.
    Dinge, die nicht Vögel sind, fliegen wie Vögel über ihren Köpfen, Vögel wie Regen. Während der Rat seine Versprengten einsammelt, studiert Judah den Himmel. Er bewegt sich wie ein Baby.
    Zu Tode erschöpfte und blutende Kämpfer springen, klettern auf den Zug. – Macht schon, ruft Uzman. Er steht auf einem Grat, schaut durch die Risse im Stein hinunter auf die Dirimisten, die sich abmühen, ihre rollende Heimat zu erreichen. – Kommt schon, schneller, feuert Uzman sie an, aber der Klang seiner Stimme verrät Judah, dass die neu formierte Miliz ihnen nicht die Zeit lassen wird zu warten, bis alle an Bord sind. Uzman schaut zu den Sprengmeistern, zu der Geoempathin. Der Ewige Zug rollt, die Schienenleger legen Schienen, er kriecht voran, lässt die letzten Rauchsteingebilde hinter sich.
    - Dies ist nur der Rand, sagt Judah, blickt zum Himmel, – vom Tausendplagenland. Nur der Rand. Doch er fühlt die Erde, fühlt ihre Energie auf eine Weise, die nicht normal ist. Er sieht Uzmans Hoffnungslosigkeit.
    In ihrem verzweifelten Bemühen, auch den letzten ihrer Kameraden zu retten, zögern sie so lange mit der Sprengung der Schlotkappe, dass die Milizeinheit die Nachzügler der Remade einholt. Endlich hört man das Stottern von drei Detonationen, und ein mächtiger Schwall Rauchstein pufft aus dem porösen Grund und schießt hoch und verschließt die Passage, die die Planierer geschaffen haben, und beginnt schon zu stocken, ein schwerer, rauchiger Dunst.
    Die Wellen schlagen über den langsameren Remade zusammen, Uzman heult auf. Von seinem erhöhten Aussichtspunkt aus sieht er das Drama mit an.
    In den Schlingen seiner Eingeweide spürt Judah etwas Neues in sich einströmen, ein künstliches Nicht-Leben, einen gewaltigen, menschenähnlichen Wind. Er weiß, Ann-Hari hat seine Golemfalle ausgelöst. Er reckt sich innerlich, speit eine Anstrengung aus und übernimmt die Kontrolle, hebt den Arm, wie um die Hand seines Geschöpfes zu ergreifen, und zusammen laufen Judah und sein Golem zu der Stelle der Rauchsteineruption. Der Golem geht voraus, breitet die Arme aus, schiebt die Schwaden beiseite, bemüht sich wenig erfolgreich, einen Tunnel freizuhalten.
    Judah ist noch ein gutes Stück von dem inzwischen träge wallenden Dunst entfernt, der hart werdend alles Leben erstickt. Aus dem Brodem tönen erstickte Rufe. In zähen Wallungen bauscht die

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