Der Eiserne Rat
angegriffen.
Judah und Shaun reiten auf einem Pferd, dem man durch Remaking besondere Schnelligkeit verliehen hat. Judah fühlt sich wie vor den Kopf geschlagen. Die lärmende, unverhohlene Armee aus Kopfgeldjägern und Milizzern war eine plumpe Ablenkung.
Was jetzt, Golemist?, fragt er sich. Was wirst du tun, um sie aufzuhalten? Du kannst sie nicht aufhalten, du wirst sterben. Sterben, wie der gesamte Eiserne Rat. Du bist zu sehr geschwächt, um helfen zu können. Schau dir an, wie viel Blut du verloren hast. Doch eigentlich glaubt er nicht, dass er sterben wird. Judah würde nicht hingehen, wenn er überzeugt wäre, dass ihn der Tod erwartet.
Die Angreifer kommen aus dem Himmel, Soldaten pendeln unter prallen Ballons. Er sieht die Rauchfahne des Ewigen Zugs, und er hört Detonationen. Die Aeronauten werfen Sprengsätze, zerstören die Windplastiken des Rauchsteins mit einer Reihe hintereinander liegender Krater; es entsteht eine Schlucht, die zum Rat hinführt.
Was wirst du tun, Golemist?, fragt Judah sich wieder. Er wird etwas tun. Das Wesen in ihm, seine Gutheit, macht sich bemerkbar.
Vom Zug her kommen Leute gelaufen, wieder einmal auf der Flucht: die Alten, die vor Angst Kopflosen, Verwundete, Neuankömmlinge, die noch keinen Grund haben, dem Rat die Treue zu halten, Frauen mit ihren Kindern auf dem Arm, flüchten über die Wellen aus erstarrten Wolken. Judah und Shaun preschen längs der Strecke an ihnen vorbei. Sie reiten in die Schlacht.
Da ist der Zug, feuert aus seinem zusammengenieteten Geschützturm. Soldaten und Dirimisten, Letztere in der Überzahl, dennoch unterlegen. Der Himmel voraus ist unnatürlich, Bleigrau vermischt mit Farben, die nicht dorthin gehören.
Ein Stück weiter vorn, unter dem Schutz von Kakti und Remade, ist eine Schienenlegerkolonne bei der Arbeit. Sie schuften in fliegender Hast, in einer Atempo-Pantomime ihres normalen Tuns, treiben die Strecke über lockeres Nimbostratusgeröll. Dabei sind sie das Ziel von Scharfschützen der Miliz, fallen verwundet oder tot über die Schienen, und ihre Kameraden zerren sie weg und machen weiter.
Das galoppierende Pferd trägt Judah und Shaun mitten in das Scharmützel.
Die Miliz wird den Zug nicht aufhalten: Sie werden viele töten, aber vor dem Zug liegen nur noch wenige Meter, und den Verlusten unter den Gleisbauern zum Trotz (wieder erblüht auf der Brust eines Mannes eine rote Blume, und er fällt) wird er dieses letzte Stück bewältigen. Die näher kommenden Aerostate sind es, die Judah Angst machen. Im Westen hört es sich an wie Regen, aber kein Regen zieht heran.
Shaun erschlafft. Judah fühlt ihn schwer nach hinten sinken und legt den Arm um ihn und ertastet Nässe, zu viel, als dass es Schweiß sein könnte. Judah weiß, sein Freund ist tot. Das Pferd stolpert und bleibt stehen, und Judah steigt ab, zieht Shaun, dessen Brust vollkommen zerrissen ist, aus dem Sattel. Er schleppt ihn mit, bis Geschosse rings um ihn den Boden aufreißen und er den toten Freund liegen lassen muss. Dann stürmt er durch die Reihen seiner Gefährten und am Zug entlang nach vorn, geduckt, greift im Vorbeilaufen einen Bogen von einem Stapel. Ausgerechnet ein Köpfer ist es – Judah verflucht das Gewicht, die geringe Reichweite, bemüht sich, ihn zu spannen und in Anschlag zu bringen, alles, ohne stehen zu bleiben, und da vorn ist der qualmende Schornstein, wo er seine Golemfalle eingerichtet hat.
Er schnellt einen scharf geschliffenen Tschakra ab, geht bei den Remade in die Hocke, schiebt sich vorsichtig auf den Kuhfänger zu. Bei der Miliz befinden sich Thaumaturgen, Blitze vernichtender Energie zucken zu den Dirimisten hinüber und richten arkane Schäden an. Die Wyrmen unternehmen tollkühne und gefährliche Luftangriffe, und die Miliz beginnt zurückzuweichen.
- Wir schlagen sie in die Flucht! Wir haben gesiegt!, jauchzt einer der Wyrmen überschwänglich, aber sie irrt. Die Miliz zieht sich zurück, weil die Aerostate kommen.
- Vorwärts! Ein lauter Ruf. – Wir sind durch! Und das zusammengekuppelte Ungetüm erzittert und ruckt an und kriecht durch den steinernen Nebel und die leichte Steigung hinauf und sieht aus, als könnte es jeden Moment entgleisen, auf der Bettung aus Rauchsteintrümmern. Die Schotterlage rutscht, hält aber, und quälend langsam bewegen die Waggons sich vorwärts, Kugeln pochen gegen ihre eiserne Haut. Auf der Kuppe des Geröllhügels verharrt der Zug, rollt weiter. Die Lok sackt in ein Loch – eine Schiene
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