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Der Eiserne Rat

Der Eiserne Rat

Titel: Der Eiserne Rat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Jederzeit kann ein Riss sich auftun und sie in den verderblichen Hauch einhüllen, einen Brodem, der in ihren Lungen erstarrt und ihren qualvollen Todeskampf in eine steinerne Kapsel verschließt. Rauchen ist verboten, auch das Entzünden von Kochfeuern; der Zug bewegt sich in abgezirkelten Etappen, bläst jeweils in einem Stoß seinen Dampf aus: Nichts darf den Status quo irritieren. Judah hält sich bereit, einen Luftgolem einzusetzen. Der Stein, der sie umgibt, könnte sich wieder verflüssigen, wie es bei Rauchstein gelegentlich vorkommt, nach einer Stunde oder tausend Jahren als Fels.
     

     
    Aus dem Horizont kommt die Armee auf Remade-Pferden, Kamelen, in qualmenden, schaukelnden vielrädrigen Truppentransportern. In Schlachtordnung rücken sie vor. Die Wyrmen des Eisernen Rats beobachten sie, fliegen so hoch, dass eruptierender Rauchstein sie nicht erreichen könnte.
    Die Planierer verwüsten mit Sprengungen das kapriziöse Naturwunder. Ängstlich und unkundig halten sie Ausschau nach irgendwelchen Anzeichen dafür, dass sie ein Rauchsteinflöz verletzt haben könnten.
    Andere Kolonnen legen große Ladungen in Gruben, die sie mit behutsamer Sorgfalt ausheben, gelenkt von der auf allen vieren kriechenden Geoempathin. In einer primitiven, ekstatischen Trance leckt sie unter tierhaftem Winseln und Knurren den Staub. Sie verfügt nicht über eine stark ausgeprägte oder fokussierte Gabe, wie sie für diese große Aufgabe erforderlich wäre, und will sie die Erde in dieser Dimension begreifen, so ist sie gezwungen, es buchstäblich zu tun.
    Dirimisten errichten Barrikaden in einem Yardang zwischen erstarren Wolkenflanken. Eine Meile entfernt sind der Dampf und das Heben und Legen der Schienen des Ewigen Zugs. Uzman und Ann-Hari sind an Bord; Judah und Thick Shanks und etliche Hundert weitere präparieren Hinterhalte.
    Inzwischen können sie den Feind sehen. Judah ist erschöpft nach seinen Vorbereitungen, so müde, dass seine Träume sich mit seinen Gedanken vermischen. Er muss so bald wie möglich zum Eisernen Rat zurückkehren. Man bedarf dort seines Schutzes. Er hat eine Golemfalle auf dem Kuhfänger installiert, hat ihnen erklärt, wie er zu aktivieren ist, falls der Silikatnebel sich zeigt. Doch ein Golem aus Luft wird ohne seine Nachhilfe nicht lange dauern.
    - Bestimmt greifen sie noch von einer anderen Seite an, sagt er und wiederholt damit, was alle anderen auch gesagt haben. Dies kann nicht New Crobuzons einzige Front sein. Keine Zeit, darüber nachzudenken, denn die Angreifer sind jetzt nah genug. Ehe sie ihre ersten Geschütze abfeuern können, um die Befestigungen zu zerstören, greift der Eiserne Rat an.
    Die Wyrmen prügeln die Luft mit ihren derben Schwingen, manövrieren durch den Kugelhagel und lassen ihre Lehmgranaten fallen. Schüsse holen sie aus der Luft.
    Kleine Bomben fallen, gefüllt mit allem, was dem Rat zur Verfügung stand: Schwarzpulver, Schrapnell aus zerbrochenem Werkzeug, Phiolen mit einfachen Säuren, unangenehme thaumaturgische Komponenten, Öl. Naphtha, Vitriol, heißer Rauch wallen, und die Miliz weicht ein wenig zurück, schließt die Reihen wieder, zeigt bei einem zweiten Anflug der Wyrmen erneut Auflösungserscheinungen. Die Sonne strahlt, aber sie kommt Judah plötzlich sehr kalt vor.
    - Es ist nicht weit. Er hört sich selbst sprechen. – Das hier wird nicht lange dauern.
    Er beugt sich vor, hält den Feldstecher an die Augen. Wyrmen protzen auf den Feind hinunter, tun auf diese Weise ihre Verachtung kund, lassen außer den Exkrementen auch ihre Granaten fallen. Einer aus ihrer Mitte wird in der Luft von Salven bis zur Unkenntlichkeit zerfetzt: Awatry, ein kampfeslustiger Bulle, den Judah so gut kennt, dass er ihn grüßt; einem Lumpenbündel ähnlicher als einem Tier erreicht er den Boden.
    Dirimisten erwidern den Beschuss mit Armbrüsten aus den Werkstätten des Zugs. Sie legen Feuer an Zündschnüre und begraben die Angreifer unter Steinlawinen. Judah weiß, er ist in diesem Treffen das Zünglein an der Waage.
    Judah erhebt sich. Er steht auf der Barrikade. Drähte schlängeln sich von ihm zu Batterien, zu Transformatoren. Er bebt vor Entschlossenheit.
    Die Männer und Frauen bei ihm in seinem Versteck – alle mit wenigstens einer Spur magischen Talents und miteinander verbunden – schneiden sich in die Hand und wickeln Draht fest um die Wunden. Die primitive Maschine, der sie dienen, zusammengestoppelt aus zweckentfremdetem Krimskrams, erfordert dieses vulgäre

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