Der Eiserne Rat

Titel: Der Eiserne Rat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville

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Küche. »Weshalb kommt ihr her? Habt ihr nicht gehört? Habt ihr gehört? Das Kollektiv gibt es nicht mehr. Nur Reste, ein paar Terroristen in Dog Fenn, ein paar Straßen hier oder da.«
    »Das habe ich anders gehört. Mir hat man erzählt, dass es noch besteht und kämpft.«
    »Ihr wollt helfen, auf der Seite des Kollektivs kämpfen? Ich würde nicht zurückgehen. In der Stadt herrscht ein verdammter Krieg!«
    »Ich will zurück. Kann ich mitkommen? Nehmt ihr mich mit?«
    Einige von denen, die ausgezogen waren, um in der Wildnis ihr Glück zu suchen – einige von den Jungen – schlossen sich dem Ewigen Zug an, um nach New Crobuzon zurückzukehren, nur wenige Wochen nach ihrer Flucht. »Erzählt uns vom Eisernen Rat!«, verlangten sie, und ihre neuen Kameraden packten die alten Geschichten aus.
    Gerüchte über neue raravische, einzigartige Mächte kursierten. »Habt ihr gehört«, hieß es, »von dem Golemmacher Low?«
    »Was?« Cutter ging zu dem Mann hinüber, der das gesagt hatte.
    »Golemmacher Low, er hat eine Armee von künstlichen Männern. Er macht sie aus Lehm in seinem Keller, um, wenn die Zeit gekommen ist, die Macht in der Stadt zu übernehmen. Man hat ihn gesehen, außerhalb von New Crobuzon, in den Betriebshöfen, bei den Rangiergleisen, auf der Strecke. Er hat was vor.«
    Die Entfernung schrumpfte, und die Neuigkeiten, die sie von den Flüchtlingen hörten, waren immer jüngeren Datums. »Aus und vorbei«, sagte einer. »Das Kollektiv gibt es nicht mehr. Wünschte bei Gott, es wäre anders.«
    An diesem Abend suchte Cutter nach Drogon und stellte fest, dass der Wisperschmied sie verlassen hatte. Er ging am ganzen Zug entlang, fragte, suchte, hinterließ Nachrichten, aber nichts.
    Natürlich konnte der Susurrator zur Jagd geritten sein oder hatte etwas zu erledigen, das nur ihn anging. Aber Cutter war plötzlich überzeugt, dass Drogon fort war. Dass sie eine unsichtbare Linie überschritten hatten, dass ihm der Wind nicht gefiel, der ihnen entgegenwehte, und er beschloss, seine Abenteuer mit dem Eisernen Rat wären vorüber.
    Ist das alles? So eine schleichende Unlust, so ein sang- und klangloses Ende. War das alles, was du wolltest, Drogon? Hattest du nicht das Bedürfnis, Lebewohl zu sagen?
    Auch Cutter bereitete seinen Weggang vor. Es konnte nicht mehr lange dauern. Er fühlte eine Leere, schon jetzt einen Verlust. Er fragte sich, wie und wo die Miliz vorhatte, sie zu stellen und den Eisernen Rat zu vernichten. Die Remade, ihre Familien und ihre Kameraden, die Dirimisten, alle wussten, was ihnen bevorstand. Ihre Gesänge bei der Arbeit wurden martialisch. Sie ölten ihre Gewehre und Revolver, die rollenden Schmieden produzierten Dolche, Schwerter, Säbel. Der Eiserne Rat verfügte über ein Arsenal selbst gefertigter und gestohlener Waffen. Die Linsen aus Glas und Messing, die der Feld-Schamanismus verwendete. Gestelle mit Lanzen und Waffen von der Westküste.
    »Die Leute werden uns zuströmen, wir werden eine Armee sein, wir nehmen die Stadt im Sturm. Wir werden das Ruder herumreißen.« Cutter hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten.



    Ein stetes Getröpfel von Flüchtlingen irrte durch das Land, ohne eine Vorstellung von dem Wohin, nur weg von dem blutigen Chaos in der Stadt.
    Nach wie vor unbesiedelte Gegend, bis auf einige halb verwilderte Plantagen, Obst der gemäßigten Klimazonen. Ein deutlicher Moment des Übergangs. Eben noch in der Wildnis, von Gefahren umlauert, dann plötzlich und ohne das erwartete Hochgefühl sahen sie sich von den ersten Ausläufern der Zivilisation empfangen. Das Ziel war nahe gerückt.
    Die Planierer und Kundschafter kehrten zurück. »Dahinter. Gleich dahinter.« Steindurchwachsene wellige Erhebungen. »Das alte Geleis. Von hier aus geht’s in die eine Richtung hinunter nach Junctiontown im Fenn. Und in die andere nach New Crobuzon.«
    Zwei Tage entfernt. Jeden Moment rechnete Cutter damit, dass Einheiten der New Crobuzoner Miliz aus den Höhlen und Felsverstecken dieser unwirtlichen Gegend auftauchten, aber sie kamen nicht. Wie lange sollte er abwarten? Er hatte sich alle Mühe gegeben, sie von ihrem Vorhaben abzubringen. Ob er noch einmal die Spiegel einsetzen sollte?
    »Low der Golemmann ist gesehen worden. Er ist in den Hügeln, er bewacht uns. Er wartet bei dem alten Geleis.«
    Ach ja? Tatsächlich? Cutter war verbittert. Er fühlte sich einsam, verlassen. Judah, wo bist du? Er konnte sich nicht entscheiden, was er tun sollte.
    Kleine