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Der Eiserne Rat

Der Eiserne Rat

Titel: Der Eiserne Rat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Ich hatte die Hoffnung, andere Dinge von dir zu hören, aber dann wären sie mittlerweile zur Sprache gekommen. Ich möchte dir danken für den Gott, den du mir gegeben hast, und ich wäre froh, wenn du zu deinen Stiltspear gehen würdest und ihnen meinen aufrichtigen, respektvollen Dank übermittelst. Du weißt, dass ich ihnen bald begegnen werde, nicht wahr?
    Er zeigt auf die Wand, auf eine Karte, auf der das ganze Land von New Crobuzon bis zum Rudewood zu sehen ist, bis zum Fenn und weiter, bis zum Hafen von Myrshock und noch einige Hundert Meilen weiter westlich ins Landesinnere hinein. Dort sind nur wenige Einzelheiten eingezeichnet, noch hat kein Staat einen Besitzanspruch durchsetzen können. Doch Judah sieht die schraffierte Nivellierung im Herzen des Fenns.
    - Ich weiß, was ich sehe, sagt der alte Mann, und seine Stimme ist freundlich. – Ich habe zu meiner Zeit genug Männer gesehen, die ihr Heil im Zurück zur Natur suchten. Es ist eine falsche Haut, die man sich überstreift, Sohn, was immer du jetzt denken magst. Aber ich will dir keine Vorträge halten. Du stehst hier nicht vor Gericht. Du sollst nur wissen, dass die Zukunft mit ehernen Schritten naht und dein neuer Stamm sich wird bequemen müssen zu weichen.
    - Aber dammich, begehrt Judah auf. – Dies ist kein herrenloses Land.
    Auf den Zügen des alten Mannes malt sich Verwunderung. – Was sie haben, was immer sie dort bewahrt haben, in diesem Sumpfland, über Jahrhunderte, es ist willkommen, sich der Zeit zu stellen, die ich bringe, wenn es denn stark genug ist.
     

     
    Zurückgekehrt ins Ried und wieder bei den Stiltspear, weiß Judah nicht, was er sagen soll. Das hohe Gras schließt sich hinter ihm, eine Wand, von der er nun weiß, dass sie trügerisch ist.
    Die Kinder lassen es sich wieder angelegen sein, ihn in der Kunst der Golems zu unterweisen. Bisher hat er nicht das kleinste Blendwerk zu Stande gebracht und sich damit abgefunden, keinen Funken magischen Talents zu besitzen. Ein Ohm kommt des Wegs, während er sich abmüht, und berührt Judahs Brust. Judah reißt die Augen auf, fühlt, wie etwas Schlafendes sich in ihm regt. Ob es die Berührung ist, die Atmosphäre des Fenns oder die rohe Nahrung, die er in letzter Zeit zu sich genommen hat: Er spürt eine Fähigkeit, die er nie in sich vermutet hat, und erstaunt sieht er, dass seine Lehmfigur sich bewegt, ein ganz klein wenig. Die Stiltspear-Kinder zollen ihm mit leisem Summen Anerkennung.
    - Fremde kommen, sagt er abends.
    Die Stiltspear schauen nur höflich.
    - Fremde kommen und werden euer Land bevölkern. Sie werden eure Jagdgründe durchschneiden und sie kleiner machen.
    Judah ruft sich die Karte ins Gedächtnis. Eine präzise Dreiteilung. Aus Tinte wird eine veränderte Landschaft, Millionen Tonnen angekarrter Schutt und Verwüstungen unter den Bäumen.
    - Sie machen euretwegen nicht Halt. Sie werden keinen Bogen um euch machen. Ihr müsst fortziehen. Geht nach Süden, wo die anderen Clans sind, tiefer ins Ried, weg von hier.
    Eine geraume Weile geschieht nichts. Dann die sanften Monosyllaba der Stiltspear.
    - Das sind die Jagdgründe der anderen Clans. Sie wollen uns nicht.
    - Aber es ist die einzige Möglichkeit. Wenn ihr bleibt, werdet ihr sehen, was die Fremden anrichten. Die Clans müssen sich zusammenschließen und sich verbergen.
    - Wir verbergen uns. Wenn die Fremden kommen, werden wir Bäume sein.
    - Das genügt nicht. Die Fremden werden das Moor trocken legen. Sie werden euer Dorf begraben.
    Die Stiltspear schauen ihn an.
    - Ihr müsst fort.
    Sie werden nicht gehen.
     

     
    In den nächsten Tagen kaut Judah an den Fingernägeln. Er isst mit den Stiltspear und beobachtet sie und fertigt Heliotypien an von ihren Tätigkeiten und schreibt sie nieder, doch immer schwerer drückt ihn das Bewusstsein, es geschieht zu ihrem Gedächtnis.
    - Es gab Kämpfe, erzählen sie ihm, als er sie nach ihren Kriegen fragt. – Vor drei Jahren haben wir gegen einen anderen Clan gekämpft, und viele von uns wurden getötet.
    Judah will wissen, wie viele, und der Stiltspear hebt die Hände – dieser hat an jeder sieben Finger –, öffnet und schließt sie und hebt noch einen Finger. Fünfzehn.
    Judah schüttelt den Kopf. – Sehr viel mehr, sehr, sehr viel mehr werden den Tod finden, wenn ihr nicht fortzieht. Der Stiltspear schüttelt ebenfalls den Kopf. Er hat diese Gebärde von ihm gelernt und bedient sich ihrer mit Stolz.
    - Wir werden Bäume sein, sagt er.
     

     
    Judah kann

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