Der eiserne Thron
der Imperatorin Löwenstein XIV. Rechte Hand
und Liebhaber der Eisernen Hexe in einer Person.
Jetzt, da er sich ein wenig entspannen konnte, kam ihm in
den Sinn, daß er eigentlich vor Wut und Angst beinahe außer
sich sein sollte. Die Razzia der Sicherheitsleute hätte um ein
Haar zu seiner Gefangennahme geführt. Das waren nicht seine
Leute gewesen, ganz bestimmt nicht. Er hatte sich einiges
einfallen lassen, um sicherzustellen, daß sie woanders beschäftigt waren. Und da er die Razzia nicht genehmigt hatte,
mußte sie von den Leuten der Imperatorin selbst angeordnet
worden sein. Wahrscheinlich hatten ihre eigenen Agenten
Einzelheiten über das geplante Treffen in Erfahrung gebracht
und die Gelegenheit nutzen wollen, um ihn in den Augen der
Herrscherin als nachlässig dastehen zu lassen. Zwischen seinen Agenten und den ihren bestand immer eine gewisse Rivalität, aber bisher hatte er in dem Glauben gelebt, alles unter
Kontrolle zu haben. Offensichtlich war das ein Irrtum gewesen. Er würde etwas deswegen unternehmen müssen. Wenn
man ihn gefangen und seine Person identifiziert hätte, wäre all
die Zeit und Mühe, die er auf seine Rolle als Huth investiert
hatte, umsonst gewesen, und die Imperatorin hätte ihre beste
Informationsquelle über das Geschehen im Untergrund verloren. Und was noch mehr zählte: Er hätte wie ein Dummkopf
vor ihr gestanden, und all seine geheimen Pläne wären ruiniert
gewesen.
Aber man hatte ihn nicht geschnappt. Durch Glück und die
Voraussicht, sich mit den richtigen Leuten zu umgeben, war
er ungeschoren davongekommen. Er würde in der Kirche eine
Kerze anzünden. Als Zeichen seines Dankes. Wenn er die Zeit
dazu fand.
Dram streckte sich erneut und genoß die bequeme Trägheit.
Er legte die Füße auf den gepolsterten Schemel, der sich
rechtzeitig in Bewegung setzte, um seine Füße aufzufangen.
Dram war ein überzeugter Anhänger der neuesten technischen
Spielereien. Einer der Vorteile, wenn man so dicht am Zentrum der Macht lebte, so nah bei der Imperatorin. Leib und
Leben und Freiheit waren hier und da in ernsthafter Gefahr,
aber niemals persönlicher Komfort. Doch selbst in Anbetracht
dieser Umstände war Drams Quartier spartanisch im Vergleich zu denen anderer Leute seines Ranges und seiner Position. Er hatte kein sonderliches Interesse an persönlichen Besitztümern, außer sie dienten seiner Bequemlichkeit. Und so
fanden sich überall weichgepolsterte Sessel, ein luxuriöses
Bett und dicke Teppiche auf dem Boden. Nicht zu vergessen
eine ganz hervorragend bestückte Hausbar. Aber es gab weder
kybernetische Spielzeuge noch Holoaussichten oder Illusionen an den Wänden. Nichts, das teuer und unnütz gewesen
wäre. Keine Statussymbole, die nur dem Beweis dienten, daß
er sie sich leisten konnte. Dram war immer eher introvertiert
gewesen, und Besitztümer erschienen ihm lediglich als eine
weitere Angelegenheit, um die man sich kümmern mußte. Sie
machten einen langsam, wenn man es eilig hatte, und sie lenkten einen ab, wenn man sich konzentrieren mußte. Also kam
er ohne derartigen Ballast zurecht, jedenfalls zum größten
Teil. Das Leben war auch so schon kompliziert genug.
Auch fand Dram keine Zeit für die Exzesse und Ausschweifungen, die andere seines Ranges und Standes so sehr liebten.
Für Dram bedeuteten sie nichts als Schwächen, und Schwächen konnte er sich nicht erlauben. Dazu besaß er zu viele
Feinde. Und außerdem verschaffte es ihm das gute Gefühl,
jederzeit Herr der Situation zu sein und alles unter Kontrolle
zu haben. Mit der Zeit würde er diese Kontrolle noch viel
weiter ausbauen; so weit es nur ging. Seine einzige Leidenschaft – mit Ausnahme der Imperatorin, lang mochte sie herrschen – war der Ehrgeiz. Allerdings achtete er sehr sorgfältig
darauf, dieses Geheimnis für sich zu behalten. Geliebter oder
nicht, Löwenstein XIV. würde keine Sekunde zögern, ihn
hinrichten zu lassen, wenn sie in ihm erst eine Bedrohung für
ihren Thron entdeckt hatte. In diesen Dingen war sie schon
immer sehr rigoros gewesen. Dram bewunderte diesen Charakterzug an ihr. Die Vorstellung gefiel ihm, daß sie auch außerhalb des Bettes noch etwas gemeinsam hatten.
Sein Ehrgeiz war es gewesen, der ihn das Potential der neuen Esper-Droge hatte erkennen lassen. Er hatte unverzüglich
Schritte eingeleitet, um die Wissenschaftler, die an diesem
Projekt arbeiteten, unter seine Kontrolle zu bringen. Er isolierte sie von allen
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