Der eiserne Thron
sprang dann
mit ihr in die Tiefe. Einen Herzschlag lang fielen sie durch die
Luft, bevor sie auf den Gravschlitten prallten, der direkt unterhalb des Fensters schwebte, leer und von seinen Fahrgästen
verlassen.
Finlay drehte seinen Körper, um Adrienne vom Aufprall abzuschirmen, so gut es ging, aber er war immer noch heftig
genug, um die Luft aus ihren Lungen zu treiben. Er überprüfte
ihren Puls und grunzte erschreckt, als er bemerkte, wie
schwach er nur noch war; dann stürzte er vor und aktivierte
die Steuerung des Schlittens. Finlay mußte sie so schnell wie
möglich zu einem Arzt bringen, aber er hatte keine Ahnung,
wo er jetzt noch in Sicherheit war. Inzwischen befanden sich
zweifellos alle Feldglöck-Territorien unter der Kontrolle der
Wolfs, und das ließ ihm eigentlich nur den Untergrund. Er
setzte den Schlitten in Bewegung und raste mit Höchstgeschwindigkeit davon. Finlay hatte gesehen, wie sein Vater
starb, und ihm kam langsam zu Bewußtsein, daß er jetzt der
Feldglöck war. Er scherte sich einen verdammten Dreck darum. Gerold und William waren ebenfalls tot. Er würde später
um sie trauern. Finlay blickte zu seiner Frau zurück, doch
Adrienne schien in ihrer eigenen Welt aus Schock und
Schmerz verloren. Er war auf sich allein gestellt, der letzte der
Feldglöcks, und alle hatten sich gegen ihn gewandt. Kein anderer Clan würde ihn jetzt noch unterstützen oder ihm helfen.
Die Familien verschwendeten keine Zeit mit Verlierern. Also
besser, wenn Finlay jetzt gleich starb – das Leben des Stutzers
war vorüber. Nur der Gladiator war noch übrig, und der Untergrund … und Evangeline Shreck. Der letzte Gedanke beruhigte ihn ein wenig, und er lenkte den Schlitten in eine neue
Richtung. Evangeline würde ihm und Adrienne helfen. Sie
mußte einfach.
Im Feldglöck-Turm kämpfte Valentin Wolf wie ein Berserker.
Die Drogen rasten in seinem Körper, während er Gegner um
Gegner niederstreckte. Es schienen nicht mehr so viele zu sein
wie zuvor, aber er hieb und stach in blutiger Selbstversunkenheit weiter, während sein geschminkter Mund in einem Totenkopfgrinsen erstarrt war. Doch dann wurde er von kräftigen Armen gepackt, die ihn trotz seiner verzweifelten Gegenwehr festhielten, und ein bekanntes Gesicht ragte über ihm
auf. Valentin atmete schwer, als sein Blick sich klärte. Es war
Daniel, sein Bruder, der sich in vorsichtiger Distanz von ihm
hielt. Er funkelte Valentin wutentbrannt an.
»Bist du wieder bei uns, Valentin? Weißt du eigentlich, was
du getan hast?«
Valentin konzentrierte sich. Neue Chemikalien wurden in
seinen Kreislauf gespült und neutralisierten die Kampfdrogen.
Sein Verstand klärte sich schnell, und er warf einen mißtrauischen Blick auf seinen Bruder. Was wußte Daniel? Langsam
dämmerte ihm, daß der Kampf vorüber war. Die Männer, die
ihn hielten, trugen alle die Embleme des Wolf-Clans. Und sie
bedachten ihn nicht gerade mit freundlichen Blicken.
»Alles in Ordnung«, sagte er ruhig. »Ich bin wieder da. Wie
sieht’s aus, Daniel? Vermute ich richtig, daß wir gewonnen
haben?«
»Schon vor einiger Zeit«, erwiderte sein Bruder. »Die Feldglöcks sind alle tot oder geflohen, und der Rest ihrer Leute hat
sich ergeben. Aber du warst so in Rage, daß du überhaupt
nichts mitbekommen hast. Die letzten verdammten Minuten
hast du damit verbracht, unsere eigenen Leute niederzustrekken!«
»Ah«, sagte Valentin. »Tut mir leid. Ich muß wohl ein wenig außer mir gewesen sein. Wie groß sind unsere Verluste?«
»Einschließlich der Männer, die du eben geschlachtet hast?«
»Ich sagte bereits, daß es mir leid tut. Wo ist unser Vater?«
Daniels Gesicht verdüsterte sich plötzlich, als die Wut verging und durch etwas ersetzt wurde, das Valentin wie ehrliche
Trauer erschien. Daniel gab den Männern, die Valentin hielten, einen herrischen Wink, und sie ließen ihn zögernd frei.
Trotzdem blieben sie kampfbereit in seiner Nähe. Valentin
steckte demonstrativ sein Schwert in die Scheide. Daniel deutete gestikulierend auf die überall verstreut herumliegenden
Leichen und suchte vorsichtig einen Weg zwischen ihnen
hindurch.
»Vater ist tot. Wir fanden ihn direkt neben der Leiche des
alten Feldglöck. Sie müssen sich gegenseitig umgebracht haben. Alle Feldglöcks sind tot, außer Finlay. Möglicherweise
hat auch seine Frau Adrienne überlebt. Die beiden konnten
mit einem Gravschlitten entkommen. Unsere Leute sind hinter
ihnen her. Einerlei, der
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